Therapieerfahrungen

Hier können Betroffene über ihre Erlebnisse diskutieren.
Gast

Therapieerfahrungen

Beitrag von Gast »

Hallo,

Ich weiß nicht genau wie ich hier anfangen soll. So geht es sicherlich vielen die zum erst Mal hier sind.

Ich bin zurzeit in einer Therapie um meine Vergangenheit aufzuarbeiten und besonders die letzten Tage waren besonders schwer für mich. Ich hatte ein Gespräch mit meiner Therapeutin und sie meinte, meine Seele wäre noch nicht soweit. Ich muss es erst schaffen mich zu stabilisieren und meine Grenzen zu kennen und verteidigen zu können, bevor wir das eigentliche Trauma verarbeiten.
Jetzt stellt sich mir die Frage, wie verarbeitet man das denn richtig? Also was genau macht man beim Therapeuten? Geht man bis ins kleinste Detail oder um was geht es?

Und dann kommt ein weiteres Thema. Wie legt man die Scham ab? Wartet nach der Therapie wirklich ein Leben frei von Scham, Angst und Hilflosigkeit auf mich?
Das kann ich mir kaum vorstellen zum jetzigen Zeitpunkt.

Ich freue mich sehr über einen Austausch.

Liebe Grüße
Gast
Eli

Re: Therapieerfahrungen

Beitrag von Eli »

Hallo Gast,

willkommen hier. Schön dass du hier bist.

Also vorab: ich mache seit über zwanzig Jahren Therapie und habe diverse gute und negative Erfahrungen in allen möglichen Bereichen von Psychotherapie: Verhaltenstherapie tiefenpsychologische analytisch, Körpertherapie...
Ich habe viel Fachliteratur gelesen, habe also einige Ahnung von dem Thema.

Wenn ich das lese was du schreibst geht mir die Hutschnur sprich ich werde wütend auf deine Therapeutin.
Es ist ihr verdammter Job dir zu helfen dich zu stabilisieren. Das kann und muss niemand allein tun.
Und wenn sie das nicht kann, soll sie es sagen.

Lass mich raten: sie ist tiefenpsychologin oder Analytikerin? Hast du mal gefragt ob sie Zusatzausbildungen in Traumatherapie hat? Diese braucht man nämlich!

Und ja vielleicht bist du noch nicht so weit.
Es gibt drei Phasen der Therapie:

1. Stabilisierung: lernen die Gefühle zu regulieren, keine Sachen wie Selbstverletzung etc mehr zu machen, innere Anteile Kennenlernen, ggf Anti Suizid Verträge etc machen, Vertrauen in die Therapeutin schaffen, Notfallplan für Krisen entwickeln, sich ggf Struktur im Alltag aufbauen inkl andere Therapien, Selbsthilfegruppe, Ehrenamt falls man berentet ist etc

2. Traumakonfrontation

Da geht man mit verschiedenen Verfahren wie Irrt emd Emdr oder Pitt in die Traumata. Soweit man kann und will. So detailliert wie es geht, aber nicht extrem detailliert m darüber sprechen und die Gefühle durchleben muss man aber. Und das ist sehr anstrengend und nicht etwa sanft wie manche in YouTube Videos über Emdr sagen.
Das kann zur Folge haben dass man weniger Flashbacks Ängste etc hat und Anteile integrieren.

3. Trauer und Neuorientierung

Hier gilt es das Leben neu zu ordnen, evtl eine Arbeit zu finden wenn das vorher nicht ging, evtl neue Beziehungen zu finden etc.

So ist grob der Plan. Oft wechselt man von 2 in 1 oder trauert schon in 1 viel. Aber so ist grob der Plan.
Zu deiner Frage: genau so etwas macht man in einer hilfreichen Traumatherapie.

Mein Rat wäre: sag ihr ob und wie sie dir helfen kann dich zu stabilisieren. Wenn sie dazu nicht viel sagen kann bricht die Therapie ab.

Ich hab acht Jahre in einer sinnlosen Therapie gehockt die mir nicht helfen konnte und mir das nie klar gesagt hat. Also vertrau deinem Gefühl und warte nicht auf Sachen die nie passieren werden. Auch Therapeuten machen Fehler und sagen oder wissen oft nicht klar dass sie keine Ahnung von Trauma haben. Manche denken man brauche kein extra Wissen und keine Fortbildungen, aber das ist Quatsch. Ein Hausarzt macht auch keine Magen OP.

Du kannst auf der Seite der deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie googeln. Da findest du Therapeutinnen mit Ahnung.
Und ja das ganze ist hart. Aber verschleuder nicht Stunden und Lebenszeit für eine Therapie die am Ende nichts bringt.
Es gibt sehr gute und hilfreiche Therapie. Nur kennt man das ja nicht wenn man bei einer schlechten Therapeutin ohne Ahnung ist. Und allein Ihre Aussagen klingen ehrlich gesagt danach, als habe sie wirklich keine Ahnung.

Alles gute dir
Eli

PS die Scham tragen ja jüngere Anteile die sich schämen. Wenn man Emdr macht kann es gut sein dass sich die Scham auch verändert weil die Anteile mehr in der Gegenwart sind und eben mehr spüren das sie keine Schuld hatten.
Bao
Beiträge: 202
Registriert: Do Dez 14, 2023 2:42 pm

Re: Therapieerfahrungen

Beitrag von Bao »

Hallo Gast,

ja das ist ein schmaler Grat, zwischen Aufarbeitung und Stabilisierung.
Ich habe beides erlebt. Retraumatisierung, weil zu wenig Stabilisierung. Und zu viel Stabilisierung ohne an den ursprünglichen Themen rütteln zu können und dadurch Rückfälle.

Ich glaube, das ist ganz schön schwierig und individuell.
Ich würde dir raten, mit deiner Thera darüber zu sprechen und diese Fragen ganz offen an sie zu richten.
So wie ich dich verstehe, läuft die Therapie aber weiter? Zum Zweck der Stabilisierung? Oder hat sie dich damit allein gelassen?

Um deine Frage zu beantworten: Therapie macht keine Gefühle weg. Sondern im besten Fall lernt man damit anders umzugehen und die Gefühle werden mit der Zeit dadurch anders. Und ja, es lohnt sich, finde ich.

Viele Grüße Bao.
Leben?
Beiträge: 228
Registriert: Mi Okt 02, 2019 1:53 pm

Re: Therapieerfahrungen

Beitrag von Leben? »

Gast hat geschrieben: Do Dez 28, 2023 10:06 am Hallo,

Ich weiß nicht genau wie ich hier anfangen soll. So geht es sicherlich vielen die zum erst Mal hier sind.

Ich bin zurzeit in einer Therapie um meine Vergangenheit aufzuarbeiten und besonders die letzten Tage waren besonders schwer für mich. Ich hatte ein Gespräch mit meiner Therapeutin und sie meinte, meine Seele wäre noch nicht soweit. Ich muss es erst schaffen mich zu stabilisieren und meine Grenzen zu kennen und verteidigen zu können, bevor wir das eigentliche Trauma verarbeiten.
Jetzt stellt sich mir die Frage, wie verarbeitet man das denn richtig? Also was genau macht man beim Therapeuten? Geht man bis ins kleinste Detail oder um was geht es?

Und dann kommt ein weiteres Thema. Wie legt man die Scham ab? Wartet nach der Therapie wirklich ein Leben frei von Scham, Angst und Hilflosigkeit auf mich?
Das kann ich mir kaum vorstellen zum jetzigen Zeitpunkt.

Ich freue mich sehr über einen Austausch.

Liebe Grüße
Gast
Hallo Gast.

Schon gut möglich, dass du derzeit noch nicht soweit bist zu sehr ins Detail zu gehen. Zu Beginn einer Therapie ist es wichtig, dass du innen wie außen sicher bist.

Außen bedeutet dass du keinerlei Täterkontakte mehr hast. Dir niemand in deinem Umfeld mehr etwas antut. Das zu erkennen kann ein schwerer Schritt sein.

Dafür ist es wichtig deine Grenzen zu erkennen. Neben der Psychotherapie kannst du daran auch in der Ergotherapie arbeiten und wachsen.

Lerne deine Bedürfnisse ernst zu nehmen. Zu erkennen, wann du Pausen brauchst. Im Alltag - beim arbeiten - bei der Hausarbeit - beim Sport - bei allem was du tust.

Innere Stabilität kannst du unter anderem durch Imaginationsübungen erlernen. Dazu gibt es Übungen wie den inneren sicheren Ort, der innere Garten, das Krafttier etc.

Aber auch Übungen wie der innere Tresor, bei der du lernst Bilder bis zur nächsten Therastunde weg zu schließen.

Manchen helfen auch Entspannungsübungen wie Muskelrelaxation.

Kennst du schon Skills zur Stabilisierung?

Das alles kann man auch in Kliniken lernen, wenn es ambulant nicht so geht.

Dort kommen dann noch Kunsttherapie und bei Bedarf Ernährungskurse hinzu.

Du siehst, es gibt einiges was man schon vor der eigentlichen Aufarbeitung lernen kann.

Weiß nicht, wie sich bei dir die Symptome des Traumas zeigen.

Ob es eine Form der Selbstverletzung gibt. Eine Eßstörung. Mobing. Dissoziationen in welcher Form auch immer. Sozialer Rückzug. Substanzmittelmißbrauch.

Das zeigt sich bei jedem anders. Auch wenn manches sich ähnelt.

Du schreibst, dass die letzten Tage besonders schwer für dich sind.

Magst du benennen woran das liegt? Ist es die Dunkle Jahreszeit? Oder bestimmte Ereignisse, welche du mit dieser Zeit verknüpfst? Oder etwas aktuelles?

Bei mir sind es Erinnerungen, die mit Daten verknüpft sind. Da hilft mir heute von damals klar zu trennen. Und heute ganz bewusst positive Dinge zu unternehmen.

Dahin war es ein langer Weg. Aber es geht von Jahr zu Jahr besser. Dabei hilft mir mein Assistenzhund.

Vielleicht ist es dir auch möglich ein Tier zu halten. Oder dich im Tierheim mit Tieren zu beschäftigen.

Wenn du ein gewisses Maß an Stabilität erreichst, kannst du schauen ob es für dich an der Zeit für Aufarbeitung ist.

EMDR, Gespräche, malen da gibt es einige Möglichkeiten.

Wieviel du von dir preisgibst liegt immer bei dir. Niemand hat das Recht dich dabei zu etwas zu zwingen. Du bist Herrin über deine Seele.

Und auch dafür ist es wichtig deine Grenzen zu kennen und zu respektieren.

Wünsche dir viel Kraft und Energie für deinen Weg. Es kann besser werden. Auch wenn der Weg lang ist und du manches jetzt noch nicht siehst.

Bei Ellis Worten schwingt viel ihre eigene Erfahrung mit. Lasse dich davon bitte nicht entmutigen.

Es gibt auch gute Theras.

Und das deine dir klar sagt, dass vor der Aufarbeitung noch ein Stück Arbeit liegt zeigt klar, dass sie nicht mit der Brechstange ans Trauma geht. Das könnte sonst ganz schön nach hinten losgehen bis hin zur Retraumatisierung.

Besser ist es wenn du das was oben ist anschauen kannst und nichts mit Gewalt nach oben holst.

Dafür ist es wichtig dass du in der Lage bist dich zwischen den Tagen der Therapie zu stabilisieren. Und auch Nachts zur Ruhe kommst.
Gast

Re: Therapieerfahrungen

Beitrag von Gast »

Hallo,

erstmal vielen Dank für die ganzen Antworten!

Meine Therapeutin ist Dipl. Sozialpädagogin und hat sämtliche Weiterbildungen in dem Bereich Somatic Experience, Störungen nach sexuellem MB usw. Ich fühle mich bei ihr gut aufgehoben. Sie hat mich nie bedrängt, war immer sehr vorsichtig auch wenn ich was detailliert von früher erzählt habe, haben wir immer wieder Pausen gemacht damit ich nicht in diesen Tunnel gezogen werden. Ich fühle mich sehr wohl bei ihr und kann sie jederzeit kontaktieren, auch während den Feiertagen, an denen sie für mich da war.
Ich habe einen kleinen Werkzeugkoffer und einige Stabilisierungstechniken. Deshalb dachte ich, wäre ich gut aufgestellt.
Mit dem Täterkontakt ist das so eine Sache. Ich habe einen dieses Jahr dreimal gesehen. Der Kontakt ist sehr reduziert, aber lässt sich manchmal nicht vermeiden, da es ein Familienmitglied ist. Wir haben uns jetzt über die Feiertage einmal gesehen und ich dachte ich wäre stark und darauf gut vorbereitet. Und irgendwie hat es mich total umgehauen. Ich habe nichts gespürt. Ich konnte nicht sagen ob es mir gut oder schlecht geht. Selbst Tage später gab es Situationen in denen ich mich wie in einem Film gesehen habe. Ich hatte extreme Kopfschmerzen, war total erschöpft und habe mich im Spiegel angeschaut und nicht wiedererkannt. Als wäre das einfach nur eine Körperhülle ohne Seele. Die Augen waren nicht meine. Ist schwer zu erklären. Und wenn ich zwischendurch was gespürt habe war es Angst und unglaublich große, wirklich große Scham.

Den inneren sicheren Ort habe ich, allerdings nicht für all meine „Kinder“ , die Tresor Übung kenne ich, fällt mir aber extrem schwer in der Anwendung. Ich habe eine Achtsamkeitsmeditation gemacht, die mich dieses Mal noch schlechter fühlen lassen hat, weil ich mich gefühlt habe, wie damals. Mein Oberkörper war total „locker“ und ab dem Becken bis zu den Füßen war alles angespannt und verkrampft.

Ich bin gerade an einem Punkt, andem mein Kopf streikt. Ich will das nicht alles kennen und durchleben müssen. Ich will diese Übungen nicht brauchen müssen. Ich will leben, glücklich und sorglos. Ich will nicht bei einem Geruch, bei einem Wort, oder einfach nur wenn mir ein fremder Mann entgegenkommt, mich sofort fühlen wie damals, sofort Angst haben und erstarren, sich wie ein unterwürfiges Tier fühlen. Ich will dieses Gefühl garnicht erst kennen.

Ich habe dieses Jahr auch so viele Fortschritte gemacht, schaffe es mich vor Freunden und Fremden zu behaupten, ich spüre meinen Körper langsam wieder, ich spüre Emotionen, ich bin selbstbewusster geworden und fange an liebevoller mit mir umzugehen, mich nicht völlig zu verachten und lerne meine Bedürfnisse auch anderen Mitzuteilen, nein manchmal fordere ich Sachen regelrecht ein. Auf all das wollte ich auch nicht mehr verzichten. Aber es ist ein so verdammt schwerer Weg. Und ich will hier eigentlich garnicht jammern, weil ihr alle vermutlich den gleichen Weg gegangen seid.

Ich werde meine Therapeutin beim nächsten Termin fragen wie wir weiter vorgehen. Was ich noch brauche um stabil genug zu sein. Ich brauche glaube ich einen roten Faden und muss wissen wo ich stehe.

Danke nochmal für eure Antworten, das hat mir sehr geholfen.

Liebe Grüße
Pianolullaby
Beiträge: 125
Registriert: Mo Mär 14, 2022 8:07 pm

Re: Therapieerfahrungen

Beitrag von Pianolullaby »

Wir wollen uns alle nicht fühlen wie damals, aber das Leben ist kein Wunschkonzert und zwar ist dies Hirnorganisch und chemisch angelegt und lässt sich nicht "weg wünschen" so wird das nicht funktionieren. Du wirst es benützen müssen wenn Du diese Stabilität jemals erreichen willst. Und ohne die Aufarbeitung wird es in der Regel auch nicht besser. Du siehst. Es gibt in der Regel nur eine Möglichkeit. Nömlich üben üben üben und akzeptieren
Eli

Re: Therapieerfahrungen

Beitrag von Eli »

Hallo Gast

Ja das verstehe ich dass du es mega schlimm und anstrengend findest und einfach leben möchtest.
Aber das geht leider nicht.
Und am Ende haben viele viele Menschen ein schweres päckchen und müssen auch sehr an sich arbeiten, teils in Bereichen die uns zum Glück immer fremd bleiben werden wie zb bei körperlichen oder geistigen Behinderungen oder starker Armut etc. Manchmal hilft mir der Gedanke, manchmal nicht.

Was ich noch wichtig finde: auch mit der besten Stabilisierung
wird es dich immer umhauen wenn du Täter Kontakt hast. Da gilt es Verantwortung für dich und die MB Anteile in dir zu übernehmen und dich zu schützen. Ich arbeite selbst dran. :wink:

Es gibt statt Tresor auch die Übung der hüpfenden Kiste. Finde ich viel besser. Kannst du mal bei dis-sos suchen.

Und noch ein Hinweis: Achtsamkeits Übungen mit dem Körper sind sehr sclecht wenn man eh schon so getriggert ist wie du nach dem Täterkontakt. Habe ich auch lange nicht verstanden.
Dann geht es eher drum, die Anteile zu beruhigen und ihnen gutes zu tun. Und nicht Hinzuspuren wie angetriggert der Körper ist..

Und ich freue mich dass die Therapeutin doch gut für dich zu sein scheint! Sehr gut.

Mmh ich würde sagen wir sind auf dem Weg...auch wenn jeder weg etwas anders ist. Aber du scheinst mir noch Recht jung zu sein und mit einer guten Therapie hast du sehr gute Chancen das alles ganz gut zu verarbeiten. Vielleicht hilft der Gedanke wenn es wieder mal anstrengend und dunkel ist. Selbsthilfegruppe könnte evtl auch etwas für dich sein. Gibt es auch online...

Alles Gute dir
Eli
LunaSue
Moderator
Beiträge: 12811
Registriert: Mi Jun 14, 2006 8:57 pm
Wohnort: ZUHAUSE ;o)

Re: Therapieerfahrungen

Beitrag von LunaSue »

Hallo Gast,

Meine Therapie Erfahrung lässt sich wohl in einem bekannten Satz zusammen fassen:
Das Leben muss man nach vorne leben, aber man versteht es rückwärts.

Ich hatte ausschließlich Verhaltenstherapie, sowohl ambulant, wie in der Reha.

Was soll dir der Satz jetzt sagen ...
In meiner Therapie ging es genau um das, was Du jetzt für Dich als Perspektive wünschst. Um Leben, Zufriedenheit, unbeeinträchtigt von Traumasymptomen oder -einflüssen.


Ich hatte auch keine Lust auf Details und das durcharbeiten von allen möglichen Erlebnissen.
Das war auch nicht so und es war auch nicht nötig. Kurze Rückschau, immer mal, um zu begreifen, welches Problem dadurch im heutigen Leben bestehen. Und um zu begreifen, dass auch das X. Puzzleteil zwar dazu gehört, aber um das Trauma zu integrieren nicht zu genau betrachtet werden musste. Es war dann ein: ach so, ja. Kenne ich schon ähnlich, habe ich verstanden, kann ich so mit umgehen....

Und ich hatte keine Zeit, sprich: gar keine Geduld.
Du schilderst jetzt, dass Du Dich ausgebremst fühlst. Von Kopf, Körper und der Therapeutin. Aber weiter kommen möchtest.
Nur unter einem "Erfolgsdruck" geht es nicht schneller.

Ein Satz, den ich hier im Forum geschrieben bekam: du bekommst in der Therapie oder Klinik nicht immer, was Du möchtest. Aber das, wird as Du brauchst. Der Satz hat mich lange begleitet und versöhnt, wenn mein Therapeut mal wieder die Bremse getreten hat. Auch in der Reha, die ich total über fand, erstmal. Von der ich aber ungemein profitiert habe.

Ich habe schon viele Jahre keine Therapie mehr und es geht mir sehr gut. Mit dem Trauma. Mit immer mal neuen Erinnerungen. Das war das Ziel, nur war mir das gar nicht klar. Ich kann mit den Erinnerungen, mit seltsamen Gefühlslagen, Körpererinnerung gut leben. Sie sind alte Bekannte, mehr aber auch nicht.

Was ich eben nicht kann: ohne Trauma leben. Das ist eine Erkenntnis, die mich erstmal hart getroffen hat. Aber jetzt ist es ein Teil meines Lebens, der mich so gut wie gar nicht beeinträchtigt. Der in meinem jetzigen Leben kaum eine Rolle spielt.

Meine Erfahrung mit meiner Therapie ist, dass sie mir geholfen hat, dass sie nachhaltig gewirkt hat. Das ich gelernt habe, was ich lernen musste, um heute erfüllt und zufrieden zu leben.

Vor 5 Jahren hat mich ein Ereignis kurz mal etwas aus der Kurve gehauen. Das war innerhalb von 3 Stunden in einer Beratungsstelle binnen 3 Wochen auch überwunden.

Viele Grüße
Luna
Das Leben selbst ist es, das dem Menschen Fragen stellt.
Er hat nicht zu fragen, er ist vielmehr der vom Leben her Befragte,
der dem Leben zu antworten - das Leben zu ver-antworten hat.

Viktor Frankl
Gast

Re: Therapieerfahrungen

Beitrag von Gast »

Danke für eure Antworten. Sie helfen mir tatsächlich sehr.

Ihr habt Recht, jeder hat sein Päckchen zu tragen, jeder schleppt Altlasten mit sich herum. Es gibt auch so viele Dinge die mir erspart geblieben sind. So muss man das Ganze auch mal betrachten. Dann erscheinen die eigenen Probleme plötzlich viel kleiner.

Mir geht es momentan wieder besser, ich will kämpfen, ich will mein selbstbestimmtes Leben zurück und möchte mich nicht mehr in meinem Schneckenhaus verstecken. Ich will das Leben genießen, bin unglaublich dankbar, für das Leben, das ich heute habe.

Es ist ein ständiger Wechsel der Gefühle. In der einen Woche geht es mir gut und in der nächsten ist mein Körper in Erinnerungen gefangen. Es fühlt sich manchmal alles so surreal an. Es kostet mich soviel Kraft und ich will die negativen Gefühle am liebsten abschütteln. Die Abstände der Phasen sind momentan noch sehr kurz, was mich oft so verunsichert, weil die Gefühle unterschiedlicher nicht sein könnten. Im einen Moment fühle ich mich machtlos, wertlos, hoffnungslos und so klein. Im nächsten Moment bin ich wie eine Kämpferin, stark, selbstbewusst und voller Hoffnung.
Ich weiß, dass ich es irgendwann schaffen werde, damit gut zu leben. Ich stehe gerade noch am Anfang und bin sehr ungeduldig, würde gerne Vorspulen. Aber alles braucht seine Zeit.

Und es beruhigt sehr, dass ich mit meinen Gefühlen und Gedanken nicht alleine bin. Das es ein normaler Prozess ist.
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