Gedankenkarussell

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Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo Aufatmende,

ja den Fokus auf die positiven Dinge zu richten klingt langfristig betrachtet absolut sinnvoll. Ich wollte ein Dankbarkeitstagebuch anfangen. Vielleicht werde ich das mal tun.

Ich war heute wieder bei der Therapeutin und fühle mich wieder klarer. Es ist nicht zu fassen wie verloren ich mich so oft vorkomme und wie „ schnell“ sie mich wieder erdet und mir meine Möglichkeiten zeigt. Es ist so als würde ich die Tür, den Ausweg zwar sehen, aber ich komme nicht raus. Ich komme nicht mal zur Tür hin. Und wenn ich mit ihr rede fühle ich mich verstanden, weißt, dass es normal ist was ich durchmache und das ich auch soviel Neues gelernt habe.

Mein Mann kennt auch nicht alle Einzelheiten oder sämtliche Szenarien. Er weiß was passiert ist und hat dazu noch ein zwei Situationen erzählt bekommen und das war’s. Hat aber auch gereicht um unser Liebesleben völlig auf den Kopf zu stellen.

Es macht mir immer noch große Angst, dass es mich jetzt mein Leben lang begleiten wird. Ich hoffe einfach, dass es irgendwann leichter und erträglicher wird. Das wird es ganz bestimmt und mit viel Übung gewinne ich die Kontrolle über mein Leben wieder, aber es ist auch ein Lebenslanger Kampf und es fühlt sich manchmal echt einsam an.
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo zusammen,

jetzt habe ich mich eine Weile nicht mehr gemeldet, was eigentlich gut ist. Denn dann bin ich mehr im Hier und Jetzt.

Ich fühle mich zurzeit eigentlich ganz gut. Und trotzdem kreisen meine Gedanken ständig um das Thema Missbrauch. Ich frage mich wie lange das noch so weiter gehen soll. Ich will nicht in der Vergangenheit leben und doch gibt es zu viele Trigger. Mal ehrlich, in den Nachrichten liest und hört man fast täglich von Missbrauch, Leid, Gewalt usw. An schönen Abenden mit Freunden erzählt jeder Geschichten von früher, wie schön seine Kindheit und Jugend war. Ich bin jedesmal still und in mich gekehrt. Ich habe dennoch auch viel schönes erlebt, aber es überschattet alles so. Als wäre meine rosarote Brille weg und ich erkenne nun das Leid und den Schmerz den ich erlebt habe.

Trigger***
Immer und immer wieder wache ich auf und spüre die Hände um meinen Hals. Ich spüre die Machtlosigkeit und das ausgeliefert sein. Wie er über mir liegt und meine Hände fest hält und sagt ich solle nicht so Prüde sein. Wie mein damaliger Schwiegervater in SPE wollte, dass ich mich auf seinen Schoß setze als kleines 14 jähriges Mädchen. Er küsste mich auf die Backe und berührte mich oft grenzwertig. Er war so eklig, aber ich wollte einfach nur gefallen. Die Gewalt die ich durch meinen Partner erlebt habe, wie er auf mich einstechen wollte und ich mich versucht habe irgendwie zu schützen. Ich kam diesmal mit einer kleinen Wunde an der Hand davon. Ein anderes Mal stand er mit einer Waffe vor mir. Ich hatte Todesangst. Ich hatte so viele Male Todesangst.

Ich vertraute mich irgendwann einem Mann an und er hat mir da raus geholfen. Gleichzeitig fing er an mich anzufassen, mich zu bedrängen. Ich sagte nein und er machte weiter. Er war zu der Zeit mein einziger Halt und so machte ich irgendwann mit. Er sagte immer ich gehöre nur ihm. Er war so Besitzergreifend und ich habe mich ihm voll und ganz hingegeben.

Es gab unzählige Male, wie vermutlich viele Frauen, in denen ich angefasst wurde, belästigt, und einige Male einer Vergewaltigung gerade so entkommen konnte.

Ich kann heute noch nicht mit dem Rücken zur Tür schlafen, weil ich Angst habe, dass jemand reinkommt und über mich herfällt. Es gibt so viele Dinge die ich ganz automatisch mache als Folge vom MB. Das wird mir jetzt alles bewusst. Das versteht aber kein normaler Mensch.

Geht es euch manchmal auch so? Wird das irgendwann besser?

Meine ganze Kindheit und Jugend war vom Missbrauch geprägt und das auf völlig unterschiedlichen Arten.
Aufatmende
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Es wird besser. Und ich kenne ganz viele Dinge, die ich automatisch mache, die kein Mensch versteht.
Rückfälle sind Vorfälle!
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Kennt hier irgendjemand im richtigen Leben jemand dem das auch passiert ist? Oder tauschen wir uns alle nur im Forum aus und sind außerhalb des Forums doch alle irgendwie alleine?

Ich verstehe nicht, wie es für so vieles Selbsthilfegruppen geben kann, aber für etwas was jeder vierten Frau passiert nicht!! Ich lebe in keinem kleinen Dorf und dennoch gibts die Angebote nur in größeren Städten. Das kann doch nicht sein!

Ich habe oft das Gefühl, dass ich in meinem Umfeld so tun muss als sei wieder alles gut. Schließlich beschäftige ich mich seit einem Jahr intensiv mit dem Thema und ich glaube keiner kann es mehr hören. Als würde ich mich in meinem eigenen Elend suhlen wollen. Aber so ist es nicht. Es überkommt mich in Wellenartigen Abständen. Und die sind nun mal noch nicht besonders weit auseinander.
Ich setze mich oft selbst unter Druck, weil ich das Thema endlich verarbeitet und hinter mir lassen möchte. Auch wenn Ich weiß, dass es diesen Zeitpunkt niemals geben wird. Als wäre es eine Art Abschluss und jetzt passiert es nie wieder.

Ich spüre wie ich immer noch in Alarmbereitschaft bin. Ich spüre meine Angst. Egal was ich mache, sie vergeht nicht.
Ich muss mir immer wieder einreden dass es wirklich passiert ist, weil ich es so oft in Frage stelle. Es fühlt sich an, als würde ich aus einer Mücke einen Elefanten machen. Und jedem der mir das erzählen würde was ich erlebt habe würde ich eindeutig sagen, dass es Missbrauch war. Ich habe immer noch diesen Kritiker in meinem Kopf der mich klein redet und als darstellt, als wäre es halb so schlimm gewesen wie ich jetzt tue.
Aufatmende
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Ich kenne zwei Frauen aus unserer Kirchengemeinde, eine weitere aus der gleichen Stadt, mehrere Pflegekinder, wobei ich natürlich nicht weiß, ob sie evtl. auch "nur" Gewalt erlebt haben. Ich habe über die Jahre 3 Frauen aus dem Forum persönlich kennengelernt.
Ich habe ein seismographisches "Schwestergefühl"; das kann ich aber im beruflichen Kontext nicht verifizieren, außer jemand erzählt unaufgefordert davon.
So gesehen, kenne ich viele andere Frauen, Männer keinen einzigen.

Wenn es keiner mehr hören kann, würde ich es auch nicht mehr erzählen. Viele schützen sich eben und wollen auch nicht on ihre glückliche kleine Welt lassen, dass "so etwas " passiert.
Rückfälle sind Vorfälle!
Meereskind
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Meereskind »

Hallo Hoffnung,
ich finde deine Nachfrage interessant. Ich war mal sehr eng befreundet mit einer weiteren Überlebenden,aber wie das Leben so spielt,haben sich unsere Wege irgendwann getrennt.
Es gibt Menschen in meinem Umfeld von denen ich es weiß, aber sie wissen,glaube ich nicht,das ich es weiß😄🙄.
Dann habe ich auf Arbeit öfter mit dem Thema zu tun,aber das ist ein völlig anderer Kontext.

Beim Lesen der Beiträge hier im Forum hat mich schon oft das Gefühl beschlichen,dass es irgendwie bitter ist,dass so viele von uns darüber berichten,wie wenige Menschen in ihrem Umfeld eigentlich wissen,was in ihrem Inneren vor sich geht.
Und wie auch.ich persönlich finde es sehr schwer darüber zu reden und wenn dann auch noch so das es nachvollziehbar ist.
Ich habe es gerade erst wieder im Gespräch mit meinem Mann gemerkt. Es ging um etwas was mich sehr stark getriggert hat und er konnte es nicht nachvollziehen. Es ist bitter,aber es ist wahrscheinlich ein zu großer Unterschied in unseren Gedankengängen.

Ich kenne das Gefühl des Selbstzweifels und das Wissen darum,dass man jemand anderen mit der selben Geschichte nicht anzweifeln würde. Ich versuche zu akzeptieren,dass das irgendeine Form des Selbstschutzes ist. Passiert mir meistens,wenn es gerade zu heftig wird und ich denke,dass kann doch alles nicht war sein. Oder wenn es mir mal gut geht und ich mich dabei erwische,wie ich mir selbst sage,dass ich wohl in der schlechten Phasen nur auf perfide Art Aufmerksamkeit abfangen wollte...naja,das ist dann eher Selbstkritik.
...mh,ich merke gerade das mein Mitteilungsbedürfnis größer ist und ich damit nicht deinen Thread vollpacken sollte 😉.

Bzgl. der Menschen um dich herum kann ich mich Aufatmende anschließen. Vielleicht ist es besser das Thema dann ruhen zu lassen. Wobei du sicher das Bedürfnis hast dich mitzuteilen, oder?
Es gibt hoffentlich Menschen in deinem Umfeld denen wichtig ist wie es dir geht. Nur bleibt es ein furchtbar schwer auszuhaltendes Thema. Ich habe die Erfahrung gemacht,dass es auch viel mit Unsicherheit zu tun hat. Mir wurde schon gesagt,dass man/Frau nicht sicher ist,ob ich darauf angesprochen werden möchte. Was ich damit sagen will. Es ist nicht immer Desinteresse sondern manchmal auch Unsicherheit.
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo Meereskind und Aufatmende,

danke für eure Nachricht. Es ist beruhigend, dass wenigstens ein paar Gleichgesinnte sich mal über dem Weg gelaufen sind. Ich weiß, dass natürlich nicht jeder mit seiner Geschichte rausrückt. Das muss natürlich jeder für sich entscheiden.

Ich bin grad wieder in der Phase in der ich mich ernsthaft frage, ob es wirklich Missbrauch war. Ob es wirklich so schlimm war. Es tat ja bei manchen nicht mal weh. Ich lese so viele Geschichten die wirklich schlimm sind. Und dann erscheint meins doch wieder so harmlos.

Ich habe heute versucht Kontakt zu meinem inneren Kind aufzunehmen. Zu meinem kleinen inneren Kind hatte es gut geklappt Anfang des Jahres. Jetzt kommt Runde zwei mit meinem 14 jährigen Ich und ich schaffe es so garnicht. Es ist als würde ich immer wieder den Kontakt verlieren, ich muss mich mega Konzentrieren, es ist super anstrengend. Dann für eine wirklich kurze Zeit spüre ich den Kontakt und sofort ist er wieder weg. Wie ein Telefonat, wo die Verbindung schlecht ist und man nur Stückchen weise was versteht und plötzlich ist es weg. Danach lag ich einfach nur da, in die Ecke starrend, bewegungsunfähig. Es fühlt sich an, als hätte ich keinen Funken Kraft in mir. Zu schwach für alles.
Die Angst ist enorm groß, ich höre jedes Knarren vom Haus, ich zucke zusammen und habe das Gefühl ich drehe bald durch.

Ich habe so viele Seiten in mein Tagebuch heute geschrieben. Ich habe überlegt, auf wen und warum ich wütend sein könnte. Ich habe es aufgeschrieben und es klingt wütend, aber gespürt habe ich nichts. Außer mein Dauerzustand Nervosität, Angst und Erstarren.

Ich will mich meinen Freunden oder meinem Mann nicht mal mehr mitteilen, weil sie es eh nicht verstehen. Sie wollen nur hören, dass es mir wieder besser geht und es endlich hinter mir lasse! Das geht aber nicht. Ich meine, mal ehrlich ich kann mich selbst nicht mehr reden hören. Es ist anstrengend, wer will sowas schon freiwillig ertragen? Und deshalb bin ich dann auch lieber alleine und meide es grad mit Freunden was zu machen, was ein Teufelskreis ist, weil ich mich dann nicht mal für kurze Zeit ablenken kann.
Meereskind
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Meereskind »

Hallo Hoffnung,
jetzt gerade nur ganz kurz,später mehr:

Du kannst und darfst dich aber hier mitteilen! Und hier gibt es auch Menschen die dir zuhören wollen!
Aufatmende
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Vielleicht teilt deine 14jährige sich eben nicht als Person mit, sondern als Angst und Erstarrung und all das andere, was du beschreibst. Hast du mal gefragt, ob sie das ist?
Kannst duvsie fragen, was sie braucht?
Oder ihr mitteilen, wie frustrierend du das findest, dass die Verbindung immer wieder abreißen?
Meine Thera sagt immer, nicht das Ergebnis zählt, sondern der Versuch.
Wenn ich deine Erlaubnis bekomme, rede ich die 14-jährige mal direkt an. Es einfach so zu tun, fühlt sich wie eine Grenzüberschreitung an.
Rückfälle sind Vorfälle!
Meereskind
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Meereskind »

Hoffnung hat geschrieben: Mi Okt 25, 2023 4:15 pm
Danach lag ich einfach nur da, in die Ecke starrend, bewegungsunfähig. Es fühlt sich an, als hätte ich keinen Funken Kraft in mir. Zu schwach für alles.
Die Angst ist enorm groß, ich höre jedes Knarren vom Haus, ich zucke zusammen und habe das Gefühl ich drehe bald durch.
Wahrscheinlich ist mein Gedanke ähnlich zu dem von Aufatmende. Vielleicht sind diese Gefühle,die Gefühle der Jugendlichen.

Ich hatte eigentlich noch viel mehr geschrieben,aber das klang alles irgendwie nicht ganz richtig. Mh,ich wollte dir irgendwie noch mitgeben,dass ich dein Hadern und Zweifeln gut nachvollziehen kann. Ich denke das gehört zum Prozess dazu. Schön ist es trotzdem nicht...
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo Meereskind, hallo Aufatmende,

Es tut wirklich gut eure Antworten zu lesen. Dankeschön!

Es klingt schon logisch, dass ich vermutlich gerade das 14 Jährige Mädchen bin. Deshalb bin ich so ängstlich und angespannt und Ultra schreckhaft. Ich kam noch garnicht so weit dem Mädchen fragen zu stellen. Aber ihr habt recht, ich muss mega behutsam und vorsichtig auf sie zugehen. Danke für den Tipp!

So sehr mich der Tag gestern auch fertig gemacht hat, weil ich keine richtige Beziehung herstellen konnte, so hat tatsächlich doch alleine der Versuch gut getan. Heute war ich viel ausgeglichener. Ich glaube, weil ich zum ersten Mal, wenn auch nur für ein paar Sekunden einen ersten Kontakt herstellen konnte. Ich habe sie gespürt, sie ist da. Ich weiß noch nicht wie ich an sie ran komme, da sie absolut niemanden traut. Aber ich muss es weiter probieren.

Sich hin und wieder ganz bewusst Zeit nehmen und den Kontakt suchen hilft glaube ich enorm. Es nimmt den ganzen Druck raus, der sich im Alltag so ansammelt, wo man es ständig versucht zu unterdrücken.

Ich habe es meinem Mann versucht zu erklären, dass ich die Verbindung zu meinem inneren Kind herstellen wollte. Er meinte nur, das hast du doch schon. Als ich dann gesagt habe, dass das mein 9 jähriges Kind war und ich jetzt zu meinem 14 jährigen Kind den Kontakt aufnehmen möchte, war er verwirrt und schaute mich an als wäre ich bekloppt.

Vermutlich schlummern viele Persönlichkeiten, viele innere Kinder in mir. Bin ich deshalb gefährdet als Schizophren zu enden? Haben gesunde Menschen, nein nicht vorbelastete Menschen auch mehrere innere Kinder?
Eli

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Eli »

Hallo Hoffnung,

Verstehe deine Verwirrung aber würde gern ein paar Sachen erklären.
Du vermischst da einiges, vermutlich weil du es nicht genau weißt.
Erstmal bist du nicht die 14 jährige...du weißt ja noch dass du erwachsen bist und eben nicht 14. Du kannst -audh wenn du die Gefühle spürst - Auto fahren und hast Bezug zu der erwachsenen in dir.
Wenn das nicht mehr so ist, hat man eine dissoziative Identitätsstörung.

Jeder Mensch hat innere Anteile, sogenannte States. Je gesünder ein Mensch ist, umso integrierter sind die. Also um so weniger stark ausgeprägt und unabhängig von einem kohärenten selbst...
Bei Dis -sos findest du eine gute Erklärung dazu beim Thema Anteile.
Wie viele Anteile man hat ist unterschiedlich und glaub ich auch etwas subjektiv. Sprich sensible reflektierte Menschen mit Spass am Thema können vielleicht mehr wahrnehmen und können oder wollen mehr unterscheiden.
Das Konzept des inneren Kindes ist ein Hype seit den 90ern. Besonders auch durch Stefanie stahl. Das kann helfen ist aber auch nicht die Lösung für alles und ist am Ende ein Konstrukt. Sich da zu sehr reinfallen zu lassen hat auch Nachteile. Du kannst zu der Kritik zu dem Konzept ja nochmal googeln.

Wenn du eine komplexe PTBS hast mit einer Geschichte von Gewalt ab sechs oder sieben sind solche Anteile normalerweise ausgeprägter und etwas weniger integriert, tragen Trauma...man spürt die Gefühle dieser Anteile stärker etc
Das hat aber erstmal nichts mit einer dissoziativen Identitätsstörung zu tun.

Bei langjähriger und massiver Gewalt ohne irgendeine hilfreiche Bindungsperson die unter fünf oder sechs Jahren stattfand entstehen manchmal gänzlich unabhängige Anteile in die Menschen unkontrolliert switchen. Das heißt die erwachsene ist vollkommen "weg" und man IST dann das Kind von damals...kann nicht mehr lesen, nicht mehr normal sprechen wie eine erwachsene, versteht keine Ironie etc etc.

Das lese ich aber bei dir erstmal nicht. Wenn du vermutest so früh Gewalt erlebt zu haben kann eine lange und fundierte Diagnostik hilfreich sein. Wenn du klar unterscheidbare stimmen zb kindliche im Kopf hörst kann das ein Hinweis auf eine Dis sein. Oder auch Amnesien im Alltag.

Man gilt nicht als schizophren sondern man bekommt das als Diagnose nach klaren Kriterien.
Und schizophrene ist eine neurologische Störung. Das hat mit trauma und Anteilen nicht zu tun. Man hört oft stimmen, die kommen aber von aussen. Vielleicht meinst du dissoziative Identitätsstörung. Das wird oft verwechselt.

Ich weiss es war nicht so gemeint, aber ich habe eine partielle Dissoziative Identitätsstörung. Ich leide sehr darunter und das löst schwierige Gefühle bei mir aus wenn du so Sachen sagst wie schlummern viele persönlichkeiten in mir...das klang als sei das faszinierend. Es ist aber sehr großes leid. Und wenn du keine Dis hast sind das eher Gefühle von Anteilen die ein Konstrukt sind. Das heißt nicht dass du nicht sehr leidest. Es ist aber etwas anderes als eine dissoziative Identitätsstörung.

Und wenn du vermutest das zu haben weil eben sehr früh Gewalt mach eine Diagnostik bei einer Therapeutin die Ahnung davon hat. Man kann das auch haben ohne es zu wissen. Trotzdem ist es wichtig mit solchen Aussagen vorsichtig zu sein.
Hoffe meine Aussage ist für dich okay. Ich möchte dich nicht verletzen oder dir leid absprechen aber doch die Unterschiede deutlich machen.
Bleib bei dir und Versuch schönes zu machen, dich abzulenken und stabil zu bleiben. Sich zu sehr mit so Sachen zu beschäftigen ist auch nicht gut. Außer du spürst dass da was dran sein könnte...dann wäre es wichtig hinzuschauen.

Alles Gute
Eli
Aufatmende
Beiträge: 1857
Registriert: Mi Jul 17, 2013 10:26 pm
Wohnort: hinter den Bergen bei den sieben Zwergen

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Danke Eli. Ich habe noch gegrübelt, wie ich jetzt den Unterschied erkläre. Ich finde richtig gut, was du geschrieben hast!
Rückfälle sind Vorfälle!
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo Eli,

danke für deine Antwort. Nein das nehme ich dir nicht übel, dass du so direkt schreibst. Es tut mir leid, ich wollte natürlich niemanden mit meinen Gedanken verletzten. Ich schreibe es einfach oft wie ich denke, ganz unverblümt. Und machmal fühlt es sich alles so erdrückend und unreal an als wäre ich total durchgeknallt im Vergleich zu meinem Umfeld.

Nein mir war der Unterschied so nicht bewusst. Meine Therapeutin hat bereits eine Dis bei mir diagnostiziert. Ich weiß, mein Kopf versteht, dass ich in Sicherheit und eine erwachsene Frau bin. Aber mein Körper zittert. Sie hat mich bei einem Flashback der tagelang andauerte gesehen und meinte sie hat es sofort gesehen anhand von meiner Körperhaltung, die Art wie ich spreche, selbst meine Tonlage war eine andere und mein Blick war total leer, als wäre ich nicht ansprechbar. Das hatte sie mir aber erst einige Sitzungen später erzählt, als es mir wieder besser ging.

Mein erster Missbrauch hat mit ca neun Jahren angefangen. Allerdings ist Vernachlässigung ja auch ein Thema bei mir und das war natürlich schon seit ich ganz klein war so. Und richtig lebensbedrohliche körperliche Gewalt habe ich eben in genau dem Alter, mit 14 über mehrere Jahre hinweg erlebt.

Ich höre keine Stimmen in meinem Kopf und wie du sagst, kann ich trotzdem Auto fahren und meine Umgebung wahrnehmen.

Es macht mir manchmal einfach Angst. Und nochmal entschuldige, ich wollte nicht abwertend klingen und jemanden verletzen.

Danke für eure Antworten!
Eli

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Eli »

Hallo Hoffnung

Mmh OK dann hoffe ich du kommst da weiter.
Hat die Therapeutin denn Ahnung davon? Vielleicht wäre es gut sie zu fragen wie ihr damit umgehen oder weiter damit arbeiten wollt Therapeutisch.

Allein durch eine Situation die man beobachtet kann man das leider nicht diagnostizieren.
Da gibt es klare Kriterien wie zb auch Amnesien im alltag. Und Fragebögen wie zb den skid d um es zu diagnostizieren.
Falls noch nicht geschehen könntest du sie mal danach fragen. Will da nichts in Frage stellen aber bisher klingt das für mich nicht nach einer guten Diagnostik. Viele Therapeuten haben nicht viel Ahnung von dem Thema und stellen solche Sachen dann in den Raum. Das ist aber nicht hilfreich.

Hast du mal eine innere Landkarte erstellt? Das könnte hilfreich sein. Um eben Anteile zuzuordnen.

Vielleicht fragst du sie bei Gelegenheit nochmal. Vielleicht würde das etwas gegen die Verwirrung helfen.
Alles Gute dir
Eli
Antworten