Gedankenkarussell

Hier können Betroffene über ihre Erlebnisse diskutieren.
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo,

Ich grübel gerade wieder etwas, deshalb schreibe ich hier meine Gedanken auf. Mich beschäftigt immer und immer wieder die Aussage: Ich hatte eine schöne Kindheit! Bis vor zwei Jahren war genau das meine Antwort. Ich hatte eine schlechte Erfahrung mit meinem ersten Freund gemacht, aber das war’s. Es schien alles so glücklich. Meine Familie hat immer zusammengehalten, wir waren alle immer füreinander da, sind super gesellige Menschen und jeder wirklich jeder fühlt sich pudelwohl bei uns in unserer Familie. Wir haben immer gesagt, dass wir eine gelebte Familie sind. Wir weinen zusammen und lachen zusammen. Alles schien so offen und ehrlich zu sein.

Und jetzt? jetzt ist alles anders! Es ist wie ein dunkler Schleier der über meiner Vergangenheit liegt. Wie kann ich sagen, dass ich eine schöne Kindheit hatte, wenn sie von Missbrauch und emotionaler Vernachlässigung geprägt war? Es ist, als wollte ich das alles nicht wahr haben. Er hatte mir nie weh getan, mich festgehalten oder gequält. Es ist total seltsam wie man so widersprüchlich Gefühle haben kann. Einerseits weiß ich jetzt genau was da passiert ist und verabscheue es! Und andererseits stelle ich es in Frage weil es zu meinen Erinnerungen an meine Kindheit garnicht passt. Das war nicht meine Kindheit. Es fühlt sich an, als würde ich die Konsequenzen für all das tragen, aber es ist garnicht mir passiert.
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Es vergeht kein Tag an dem ich nicht an Vergewaltigung denke. Ich fühle täglich diese Machtlosigkeit, dieses über sich ergehen lassen.
Mein Leben hat sich so sehr verändert, seit alles hochgekommen ist. Ich wünschte es wäre für immer tief unterdrückt geblieben. Aber sowas gibts vermutlich nicht oder nur ganz selten.

Ich bin so sauer auf mich, warum ich damals keine Anzeige gemacht habe. Es ärgert mich, dass er so ungestraft davon kommt. Naja eigentlich alle, aber bei dem einen wusste ich gleich was er tat. Ich hätte zur Polizei gehen soll. Ich hätte was tun sollen. Stattdessen habe ich mich versteckt. War froh irgendwie überlebt zu haben und wollte einfach alles schnell vergessen. Und das habe ich auch! Ich habe so vieles so lange unterdrückt. Ich frage mich ob irgendwann auch wieder Zweit kommt, Wochen, Monate oder Jahre in denen ich nicht daran denke was passiert ist.

Und wieso fühlt es sich so an, als wäre es nicht mir passiert? Wieso fühlt es sich so lapidar an? Als würde ich aus nichts eine große Sachen machen. Weil mir die Täter nahe standen? Weil ich sie schützen möchte? Weil es bei manchen ohne körperliche Gewalt war?

Und ich fühle mich so oft so wertlos, wie kaputte Ware. Als wäre ich weniger wert, so klein.
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Wie kann man Missbrauch nur auf soviel unterschiedlichen Ebenen erleben. Das ist verrückt.

Ich zweifle oft daran, ob es wirklich mb war oder ob ich jetzt aus allem mb machen möchte.

***Trigger****
Ich weiß, dass es nicht so ist. Wenn dich jemand küsst, du es nicht willst und zurückgehst, wenn dir jemand die Hose runterzieht und du sie zwanzig mal wieder hochziehst, wenn dir jemand ungefragt zwischen die Beine langt, wenn sich jemand abfüllt und sich an deinem wehrlosen, Betrunkenen Körper vergeht, dann ja, ist das Missbrauch. Das alles ist passiert und er hat mich so manipuliert, und mich in einer Zeit getroffen, in der ich ein Frag war, in der ich Hilfe gebraucht habe aus einer anderen Gewalt. Er hat es ausgenutzt, mich manipuliert, mir das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gegeben und gleichzeitig hat er mich für seine Bedürfnisse benutzt.
Ich täusche mich doch nicht oder?
Und das absolute Kranke an der ganzen Geschichte ist, dass ich mich in ihn verliebt habe. Wie kann das sein? Wie kann man sich in jemanden verlieben, der so etwas mit einem macht? Ich habe es zu der Zeit mal wieder nicht kapiert was es wirklich war, das erkenne ich erst heute und tut verdammt weh. Man muss dazu sagen, dass er mich aus einer brutalen Beziehung gerettet hat, er hat sich mein Vertrauen erschlichen, er war die erste Person, der ich mich anvertraut hatte, der mich wirklich gerettet hat wenn mein Ex auf mich los ist. Natürlich fühlte ich mich sicher bei ihm. Das hat niemand zuvor gemacht. Niemals! Und dann kam er als der Retter. Allerdings wollte er was als Gegenleistung.

Was sind das nur für Männer die sowas machen? Es ist ihnen völlig egal was Frauen wollen, wie es ihnen dabei geht, was sie zerstören und damit meine ich nicht nur körperlich.

Ich habe alles die ganze Zeit wie eine Art Film gesehen. Da waren zwei Personen und ich sehe beide ganz klar. Jetzt hat sich die Perspektive gewechselt und es passiert jetzt wirklich mir. Ich sehe den Mann wie er über mir liegt, wie er schlimme Dinge mit mir macht. Ich war einfach nur eine leere Körperhülle. Ich habe mich selbst irgendwann einfach aufgegeben, den Kampf aufgegeben und alles mit mir machen lassen, weil ich keinen Funken Kraft mehr in mir hatte mich zu wehren.
Und bei ihm habe ich es einfach zugelassen. Wie so oft hatte ich anfangs versucht mich zu wehren, habe gesagt er soll aufhören, ihn gefragt was er da macht, ich will das nicht, habe mich weggedreht oder die Hose wieder hochgezogen. All das hat nichts gebracht. Anders war ich es bis dahin auch garnicht gewohnt. Dadurch lassen sich Männer nicht abhalten.
Aber wie konnte ich mich in ihn verlieben? Er wollte ständig nur mit mir schlafen, oft mehrmals täglich und das war die einzige Nähe die ich zu der Zeit bekommen hatte. Klingt doch verrückt!?
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Wisst ihr was mich immer wieder verblüfft!? Die Tatsache, dass ich mich regelrecht dafür einsetzten muss, dass mir Mitgefühl und Verständnis entgegengebracht wird.

Wenn einem MB durch einen Fremden passiert ist das schon schlimm genug, aber kommt es aus der eigenen Familie wird alles so klein geredet.

Ich hatte heute ein Telefonat mit meiner Mama und sie hat ernsthaft gesagt, ich müsse bis Weihnachten den Streit, bzw das alles endlich hinter mir lassen, damit wir wieder schön zusammen Weihnachten feiern können.
Wie kann man sowas sagen? Wie kann man so unsensible sein? Vielleicht ist es auch einfach nur ein Wunschgedanke, dass sie sagt, nimm dir soviel Zeit wie du brauchst, wir stehen hinter dir. Wir lieben dich und wollen dir einen sicheren Ort schaffen. Bei uns bist du jetzt sicher!
Stattdessen muss ich mich immer wieder erklären, rechtfertigen und verteidigen! Und mir ist heute bewusst geworden, dass ich mich bei meiner Familie überhaupt nicht fallen lassen kann, weil ich mich nicht sicher fühle. Ständig bin ich in Alarmbereitschaft da meine Grenzen ständig überschritten werden. Das fängt damit an, dass man mich dazu überredet über meinen Schatten zu springen und doch zu kommen, Hauptsache meine Familie hat ihre alte „Normalität“ wieder und kann einen auf heile Welt machen.

Das tut grad so verdammt weh. Wenn es ein Fremder wäre, würden sie geschlossen hinter mir stehen, aber wenn der Täter aus den eigenen Reihen kommt, dann versucht man es so klein wie möglich zu halten. Ich verstehe das schon, aber es tut weh und das ist mir gegenüber echt nicht fair. Es fühlt sich an als wäre ICH das Problem in der Familie. Das würde ich meiner Tochter niemals antun! Niemals. Es ist eine verzwickte Situation, aber trotzdem ist es nicht ok!

Ich will weiterhin, dass es mit meiner Familie funktioniert. Ich will keinen Schlussstrich ziehen, das will ich wirklich nicht. Aber ich merke auch, dass sie mir grad nicht gut tun und mich zu oft zu etwas zwingen, was ich eigentlich nicht will.
Meereskind
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Meereskind »

Hallo Hoffnung,
Ich finde es immer wieder traurig zu lesen wenn es die Familie nicht schafft sich hinter die betroffene Person zu stellen. Dein Gefühl,dass das nicht fair/nicht richtig ist,hat alle Berechtigung. Denn es ist nicht richtig!
Das wollte ich dir auf jeden Fall hier lassen.
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo,

hier bin ich wieder. Ich habe etwas Abstand von allem nehmen müssen, weil alles Zuviel war.

Mir geht es aktuell wieder gut und ich bin wieder mehr im Hier und Jetzt. Meine Therapeutin hat mir nahegelegt, dass ich einen Selbstverteidigungskurs machen könnte. Ich selbst spiele schon seit Monaten mit dem Gedanken. Ich habe richtig Lust drauf etwas neues zu lernen, mich stark zu fühlen, mehr Selbstvertrauen dadurch zu bekommen, meine Wut gezielt rauszulassen, Stress abzubauen und mich sicher zu fühlen. Und gleichzeitig habe ich große Angst davor. Angst, dass es mich so triggert, dass ich wieder in ein tiefes Loch falle. Angst vor den Berührungen die mich an gefährliche Situationen erinnern. Angst davor, dass ich plötzlich heulend und erstarrt vor dem Trainer, der Gruppe stehe.
Der Trainer ist spezialisiert auf das Thema Frauengewalt und wie man sich wehrt usw. Es gibt auch einen Theorieteil und es klingt alles super, genau das was ich will.

Hat jemand Erfahrung mit Selbstverteidigung und ob es wirklich was bringt?
Würde mich über Erfahrungsberichte freuen.

Liebe Grüße
Aufatmende
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Hab leider keine Erfahrung. Es gibt bestimmt die Möglichkeit, vorher mit dem Trainer zu sprechen. "Gewalterfahrung" würde ja als Info für ihn reichen.
Ihm kannst du deine Ängste mitteilen. Vermutlich kennt er sie und wied darauf eingehen.
Rückfälle sind Vorfälle!
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo,

Heute war ich zum zweiten Mal beim Selbstverteidigungskurs. Es ist ein Einzeltraining und es ist wirklich gut. Der Trainer ist sehr vorsichtig. Heute habe ich ihm aus einem Gespräch heraus erzählt, dass ich damit auch schon Erfahrungen gemacht habe. Er war sehr verständnisvoll und hat wirklich lieb reagiert. Heute haben wir sehr viele Sachen gemacht die mich vielleicht bissl getriggert haben, denn es war viel Körperkontakt und viele Situationen die genauso damals auch passiert sind. Er hat mir verschiedene Techniken gezeigt und als ich sie dann umsetzten musste während er mich grad festhält, habe ich alles vergessen und stand nur da.
Ich hatte total zittrige, weiche Knie, war sehr schüchtern und klein.

Als der Kurs fertig war, bin ich heim, hab mich in eine Decke eingemummelt weil mir eisig kalt war und habe mich auf die Couch gelegt. Ich konnte kein Radio, Fernseh oder sonst irgendwas ertragen, weil mein Kopf gefühlt voll und leer zugleich war, ich wollte und konnte meinen Körper nicht bewegen und war körperlich total erschöpft. Es passte in keinem Fall zu dem Training das ich hatte.
Ich glaube, dass es mich total mitgenommen und womöglich auch getriggert hat. Vielleicht ist es aber auch die Tatsache, dass ich mich heute wieder einem Menschen, sogar einem mir fremden Menschen etwas anvertraut habe. Er hat sich auch für meine Offenheit bedankt und war wirklich sehr lieb. Aber seitdem kann ich mich kaum bewegen und es kreist mir ständig im Kopf rum.
Ich habe auch den völlig bekloppten Gedanken, aber der ist bei mir einfach tief verankert, dass er mich jetzt auch so klein und schwach sieht, wie ich mich fühle. Das er mich jetzt ansieht, als wäre ich weniger wert. Denn so fühlte ich mich all die Jahre.
Ich kann mit meinem Mann nicht darüber reden, denn er würde nur sagen, wenn es dir nicht gut tut, dann geh da nicht mehr hin.
Aber genau das ist der springende Punkt: ich muss da hin! Ich möchte es für mich machen. Ich möchte mir zeigen, dass ich mich heute wehren kann, damals konnte ich es nicht, aber heute! Ich möchte mich stärker und sicherer fühlen und wenn ich jemals wieder in so eine Situation kommen sollte möchte ich die Möglichkeit haben zu kämpfen und nicht wieder zu erstarren wie ich es mein ganzes Leben lang gemacht habe.

Ergibt das hier irgendeinen Sinn?
Eli

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Eli »

Hallo Hoffnung,

Klar macht das Sinn. :wink:
Ich finde super dass du das machen und da eine neue Erfahrung machen willst.

Zwei Sachen von mir:
1. Ich glaube es ist wichtig Schritt für Schritt zu machen und vor allem langsam zu machen. Wenn du dich so fühlst gerade, wurdest du sicher getriggert und dann ist es nicht heilsam sondern retraumatisierend. Das ist ganz klar. Da musst du glaub ich gut auf dich aufpassen
Kurz eine Übung die schwierig ist...nicht zehn auf einmal. :wink: man unterschätzt.

2. Sprich mit deinem Trainer das nächste Mal über deine Gedanken und Gefühle. Dass du denkst er sieht doch jetzt anders. Und auch dass es sehr viel und es dir danach schlecht ging. Ich glaube das ist wichtig zu wissen für ihn und auch für dich um das Tempo anzupassen und die neue Erfahrung zu machen dass er dich nicht so sieht wie du dich selbst.

Alles Gute dir
Eli
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Danke für deine Antwort Eli!

Das werde ich tatsächlich beim nächsten Mal machen. Ich werde mit dem Trainer reden und nicht ganz so extreme Übungen machen. Zumindest für den Anfang. Das war vielleicht wirklich Zuviel.

Ich war gestern noch zwei Stunden laufen und habe danach noch bissl Krafttraining gemacht. Es hat für den Moment echt geholfen. Ich habe mich währenddessen besser gefühlt. Die Nervosität war mein Ansporn. Eigentlich wollte ich nicht soviel machen, aber ich konnte nicht aufhören, die Energie, die Anspannung musste raus. Vermutlich hilft mir an so schwierigen Tagen wirklich Bewegung ohne Ende.

Mir ist klar geworden, dass ich mich noch nicht wirklich sicher fühle. Ich bin noch nicht stabil. Ich bin auf einem guten Weg dahin, aber solche Flashbacks dürfen mir nicht jedes Mal den Boden unter den Füßen wegziehen. Ich habe so viele Techniken gelernt die ich anwenden kann, und es leider oft nicht schaffe. Wenn ich mich bewege wird es wirklich leichter. Habe auch nochmal viel auf der Dis-sos Seite gelesen, das hilft auch sehr. Ich muss lernen damit zu leben. Ich muss es akzeptieren. Das gute ist, dass man wirklich irgendwann versteht, dass es genauso plötzlich geht wie es kommt und dass es irgendwann aufhört und besser wird. Und beschleunigen kann man da leider garnichts, im Gegenteil, es macht es nur noch schlimmer.
Ich muss mir auch mehr Verständnis entgegenbringen. Verständnis, dass es ok ist mal den Kopf in den Sand zu stecken und sich selbst zu bedauern, denn ja es ist total hart das erlebt zu haben und jetzt bis zu meinem Tod mit mir rumzuschleppen. Ich fühle mich manchmal wie eine Mangelware. Als würde was mit mir nicht stimmen. Bei jeder Freundin wäre ich so fürsorglich und verständnisvoll, nur mich verachte ich immer wenn’s mir schlecht geht.
Und auch wenn die Fragen mir nicht weiterhelfen, so sind sie doch in meinem Kopf. Wie wäre mein Leben ohne die Erfahrungen? Ob es den Tätern irgendwann im Leben auch so schlecht geht? Ob es ihnen leid tut? Ob sie wissen was sie da gemacht haben? Ob sie es auch so sehen wie ich? Ob es im Leben eine Gerechtigkeit gibt für das alles? Ich wünsche es mir manchmal. Auch wenn das gemein klingt, aber ich wünsche mir, dass meine Täter auch alle irgendwie leiden. Und wenn’s nur halb soviel ist wie ich! Was sie getan haben ist das erniedrigendste, demütigendste was man einem Menschen nur an tun kann. Ja sie hätten es alle verdient. Aber der Gedanke bringt mich nicht weiter.
Ich sehe ich habe noch einen langen Weg vor mir.
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo,

Ich stecke gerade wieder in einem Flashback fest. Ich habe noch nicht ganz rausgefunden, was mich genau getriggert hat, habe nur eine Vermutung. Ich finde ich komme relativ gut damit zurecht eigentlich. Ich habe gemerkt, dass mir Sport grad unheimlich hilft und mich ablenkt. Ich wende verschiedene Techniken an und bin wirklich voll und ganz bei mir. Man lasse ich die Gefühle zu, mal schiebe ich sie bewusst auf die Seite um den Alltag bewältigen zu können.

Aber heute schaffe ich es nicht. Heute sitze ich in einem Loch fest. Ich kann mich nicht ablenken und will es nicht. Ich war eine Stunde laufen, eher spazieren und war dabei völlig kraftlos. Ich will mit niemanden reden, weil alle um mich herum auch eigene Probleme haben und ich niemanden immer und immer wieder mit dem Thema so belasten will. Das zerrt an jeder Beziehung.

Ich zweifle grad an allem. Ob ich mir nur was vor mache, dass ich schon soviel geschafft habe und vielleicht langsam stabil werde. Ob mir der Kurs wirklich gut tut oder ob er mich zu sehr triggert. Ich weiß es nicht. Einerseits fühlt er sich gut an, weil ich die ganzen Optionen habe, die es vorher nicht gab. Ich will das Ziel erreichen Stark und Selbstbewusst zu sein. Mich zu lieben, mir zu vertrauen und an mich zu glauben. Ich will für mich einstehen können, meine Grenzen setzten usw. Das alles ermöglicht mir der Kurs.
Aber er ist auch währenddessen nicht ohne. Man kommt sich sehr nah, man kommt in bedrohliche Situationen, also spielt sie nach. Manchmal stellen wir Situationen nach, die ich so nie hatte, zumindest glaube ich das, Ich weiß nicht mehr all zu viel aus der Zeit, und dann fühlt sich mein Körper komisch an. Diese Berührungen, dieses Dominante Auftreten, dieses Festhalten genau an der Stelle kommt mir, bzw meinem Körper so vertraut vor. Kann es sein, dass ich das erlebt habe, ohne Bilder im Kopf zu haben? Woher weiß ich was wirklich passiert ist, wenn ich keine Erinnerungen habe? Ich stelle wieder mich, meine Gefühle und Gedanken, alles in Frage. Als wäre ich nicht fähig eigenständige Entscheidungen zu treffen. Ich traue mir da einfach nicht, ich werte es ab und spiele alles runter, als würde ich übertreiben.

Ich weiß nicht, was ich grad brauche? Vielleicht eine Person, die sich in der Zeit besonders um mich kümmert? Auf mich achtet? Die mich mit Liebe, Geborgenheit und Sicherheit schon fast erdrückt? Ich weiß es nicht.
Eli

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Eli »

Hi liebe hoffnung

Mmh nur kurz zwei Impulse

Wenn ich das lese habe ich das Gefühl du machst dir sehr viel Druck und willst genau wissen wo du stehst und was du fühlst und das ist eben oft nicht klar. Wechselt. Ist Momenthaft. Das ist okay und normal.

Und mmh ehrlich gesagt scheint der Kurs dich schon zu triggern. Wenn du noch so wenig weißt ist das kein Zeichen dass du da viel verarbeitet hast. Leider. Also meine Meinung. Weil dann würde es ja hochkommen.
Es ist dann auch normal dass die etwas aggressive Art im Kurs und die Berührungen dich triggern und du dich fragst was du erlebt hast. Das kannst nur du wissen wenn du so weit bist und es hoch kommt. Oder du weißt schon viel an Handlungen und es triggert "nur" Gefühle von damals. Die vorher abgespalten waren. Das kannst nur du wissen.

Wenn du so viel liebe willst während des Kurses ist das ein Zeichen für mich dass dein inneres Kind überfordert ist mit der Situation und Schutz sucht. Aber seien wir ehrlich. Die bekommst du leider nicht plötzlich. Du sagst ja selbst deine Mitmenschen haben ihren Alltag. Eigene Probleme.
Ich denke ich würde überlegen ob du bereit bist für den Kurs und wenn ja, überlegen wie du das Missbrauchte Kind in dir vorher an den sicheren Ort bringen bzw dich schützen und versorgen kannst damit du es aushalst.

Das klingt nämlich gerade nicht so wirklich nach Selbstliebe. Finde ich. Ohne dir zu nahe zu treten. :roll:
Eher so als würdest du mit dem Kurs versuchen selbstbewusst zu werden was ja gut ist aber eben zu schnell und dabei eben parallel wirklich deine Verletzungen die du ja scheinbar auch selbst noch nicht genau kennst anzuschauen. Dann ist auch klar wieso das triggert und deine Seele so viel liebe von außen will um diese Trigger auszuhalten.
Ich glaube das sind drei Schritte vor dem ersten. Also so wäre es für mich. Kurs ist ne prima Idee. Aber erst wenn du dich selbst versorgen kannst und du nicht getriggert wirst und auch grob deine Erinnerungen kennst. Und klar kann man ewig viel vergessen. Amnesie eben. Haben hier ja fast alle inklusive mit. Ich hoffe das war jetzt nicht zu viel..und macht nicht zu viel Angst.

Langsam...Schritt für Schritt.

Liebe Grüße und alles Liebe
Eli
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo Eli,

danke für deine ehrlichen Worte. Und ja, ich glaube leider, dass du in vielen Punkten recht hast. Ich überstürze es wieder. Ich will es wieder gleich ins Ziel schaffen, um jeden Preis.

Ich möchte nicht mehr so ein schlimmes Jahr wie letztes Jahr erleben. Ich möchte nicht immer wieder so dahängen, nicht funktionieren und diese erdrückenden Gefühle spüre . Ich bin ein total lebensfroher Mensch, der aus einem normalen Tag einen ganz besonderen schafft! Ich möchte für meine Kinder mehr da sein, viel Präsenter, einfach mehr in der Gegenwart sein. Deshalb muss ich es einfach schaffen.

Aber du hast Recht! Unter Druck hat noch nie was geklappt und mich zu überfordern ist auch eher suboptimal. Ich werde wieder bissl auf die Bremse treten.

Ich habe einfach noch keinen guten Weg gefunden damit umzugehen. Ich gerate ständig vom einen Extrem ins andere. Erntender bin ich überglücklich oder am Boden zerstört und überfordert.

Mein Trainer ist super, total verständnisvoll, vorsichtig und ich kann mit ihm wirklich auch darüber reden. Er nimmt sich sehr viel Zeit für mich und ich fühle mich wohl bei ihm. Das ist wichtig.

Ich glaube ich muss aber erst mein inneres Kind in Sicherheit bringen. Denn das ist es noch nicht. Eins ist sicher und das Mädchen, dass es eigentlich betrifft sitzt noch ein einer dunklen Ecke, vertraut niemanden und für sie gibt es keinen einzigen Ort an dem sie sich sicher fühlen könnte! Ihr wurde alles genommen. Jede vertraute Person hat sie ausgenutzt. Wie soll ich für sie einen sicheren Ort finden? Ich habe mit meiner Therapeutin besprochen, dass ich als Erwachsene Person quasi einen Lebenslauf schreibe, in dem steht, was ich alles erreicht habe, wie gut mein Leben heute ist. So als würde ich mich für das Kind bewerben um sie aufzunehmen in mein Haus, in meine jetzige Familie. Das fühlt sich ganz gut an. Nur so habe ich es überhaupt geschafft Kontakt zu ihr aufzubauen. Indem ich mich hinsetzte, sie sehe und ganz unaufdringlich von mir erzähle. Ohne Forderungen, ohne Versprechungen.

Habt ihr vielleicht noch eine Idee, was helfen könnte um mein Mädchen an einen sicheren Ort zu bringen?
Aufatmende
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Registriert: Mi Jul 17, 2013 10:26 pm
Wohnort: hinter den Bergen bei den sieben Zwergen

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Das, was du mit deinen Kindern tun würdest. Hast du denn Überhaupt schon einen sicheren inneren Ort? Google mal den Begrii. Dazu gibt es auch Imaginationsübungen. Ich kann meinen sicheren inneren Ort inzwischen in einem Atemzug erreichen. Er verändert sich immer wieder nach Jahreszeit und gerade präsenter Bewohnern.
Rückfälle sind Vorfälle!
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo Aufatmende,

danke für deine Antwort.
Ja ich habe für eins meiner inneren Kinder einen sicheren Ort. Er war anfangs lange unverändert und fast schon bissl trostlos, aber jetzt wenn ich ihn besuche, ist er voller Leben. Ich sehe mein Kind wie es glücklich ist, wie es malt und wie die Kuscheltiere lebendig geworden sind. Der Raum verändert sich ständig, weil neue Bilder an der Wand hängen. Das war aber ganz lange nicht so.

Bei meinem zweiten inneren Kind schaffe ich es nicht mal einen Ort zu schaffen, der sicher sein könnte. Beim ersten war es leichter, sie war kleiner und musste „einfach“ nur da raus und ich ein kleines Wolkenprinzessinnenschloss rein.

Das geht hier irgendwie nicht. Sie ist so misstrauisch. Damals hatte sie gedacht, ein Mann würde ihr helfen, weil er sie teilweise vor schlimmeren bewahrt hatte und der hat sie auch nur ausgenutzt. Das macht es so unglaublich schwer. Sie ist so abweisend und in sich gekehrt, so hoffnungslos und hat sich selbst komplett aufgegeben.
Den einstigen Kontakt den ich überhaupt zu ihr bekommen habe war, als ich ganz unaufdringlich ihr gesagt habe, dass sie einfach mal nur schauen kann wie wir leben. Uns quasi einen Tag beobachten. Ohne sie zu überfordern.
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