Gedankenkarussell

Hier können Betroffene über ihre Erlebnisse diskutieren.
Hoffnung

Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo zusammen,

immer und immer wieder erkenne ich wie sehr ich mich manchmal selbst quäle. Ich mache mir das Leben selbst schwer. Ich bin in einem Gedankenkarussell aus dem ich nicht mehr rauskomme. Ich bin wie gelähmt, habe Erinnerungen an früher nur werde ich diesmal gerettet und der Täter wird geschnappt und zur Rechenschaft gezogen. Ich spiele dieses Szenario immer und immer wieder in meinem Kopf durch. Und ich Google was das Zeug hält. Suche verzweifelt nach Geschichten wie meinen und vor allem, wie andere damit umgehen.

Wieso mache ich das immer wieder? Es kostet mich viel Kraft, Zeit und ich fühle mich wieder genauso klein, machtlos und voller Scham wie früher. Ich will und kann so oft die ganzen erlernten Strategien garnicht anwenden. Aber wieso?

Es ist liegt alles schon so lange zurück. Das was ich jetzt durchmache ist fast schlimmer wie das was ich damals erlebt habe. Wie kann das sein? Ich war einfach nur froh, dass ich es überlebt habe. Und jetzt fliegt mir alles um die Ohren und ich schaffe keine Woche ohne daran zu denken und mich wieder so zu fühlen. Ich kann es mir gerade garnicht vorstellen, dass sich das jemals ändert und ich wieder ein unbeschwertes und glückliches Leben haben werde. Und dennoch weiß ich, dass irgendwann alles wieder gut wird. Das muss es einfach.
A.Rhiannon
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von A.Rhiannon »

Hallo Hoffnung,

willkommen im Forum. Ich wünsche dir einen guten Austausch hier.

Das Verhalten, was du beschreibst, kenne ich von mir früher auch und ist glaube ich gar nicht so unüblich.
Man triggert sich unter anderem selbst, um zu erfahren, ob es wirklich sein kann, was man erlebt hat. Und ob man damit alleine ist oder ob es eben auch andere mit ähnlichen Erfahrungen gibt.
So ähnlich beschreibst du es ja auch schon selbst.

Es ist dabei oft schwer seinen Gefühlen und seiner Wahrnehmung zu vertrauen. Du bist damit nicht allein. Mit dir ist alles in Ordnung, dir wurde leider Schlimmes angetan.

Insgesamt sind Rettungsgeschichten oft hilfreich. Also z.B. eine Geschichte mit einem anderen besseren Ausgang oder die Vorstellung eines sicheren Ortes.
Wenn es jedoch gleichzeitig immer wieder triggert und eher zu einer Art Zwangsgedanke wird, hilft es vielleicht laut STOP zu sagen, vielleicht in Verbindung mit einer passenden Bewegung. Und dann diese Gedanken gedanklich in einen Tresor zu packen. Vielleicht vorher alles noch auf einen USB Stick gespeichert. Und dann gut wegzuschließen.
Das heißt nicht, dass nie mehr daran gedacht werden darf, sondern dass man nicht mehr permanent damit in Kontakt sein muss. Vielleicht einfach mal ausprobieren, ob es hilft.

Bist du ansonsten derzeit in Therapie und hast du aktuell Unterstützung mit deinen Erinnerungen und Gefühlen umzugehen?

Alles Liebe,
A.Rhiannon
"Wenn man ins Universum starrt, ist sein Mittelpunkt nur Kälte. Und Leere. Letztendlich sind wir dem Universum egal. Dem Universum und der Zeit. Deswegen dürfen wir einander nicht egal sein."

aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo Rhiannon,

danke für deine Antwort. Ja ich bin seit einem Jahr in Behandlung. Wir haben die ganze Zeit viel über meinen ersten Missbrauch gesprochen, weil es erst jetzt rauskam, bzw ich erst jetzt reagiert habe, dass es wirklich Missbrauch war. Das hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Aber nun verstehe ich es. Es geht mir noch im Kopf rum und tut oft ganz schön weh. Und jetzt kommt der nächste Missbrauch dran der mich so lähmt. Er war wirklich heftig und sehr gewaltsam über Jahre hinweg. Ich habe wieder soviel Angst wie früher. Ich weiß nicht, ob ich wieder die Kraft habe, auch diese Geschichte aufzuarbeiten. Und was kommt dann? Gehts dann weiter mit Runde drei? Ich habe in meinem Leben mehrere schlimme Erfahrungen gemacht.

Ich schaffe das alles nicht und frage mich oft, ob ich die Therapie einfach abbrechen soll und versuche wieder alles zu verdrängen. Ist das überhaupt noch möglich, jetzt wo alles so ans Licht gekommen ist? Ich weiß eigentlich auch, dass es nicht geht, und es gesünder ist es wirklich aufzuarbeiten.

Aber wieso muss das Leben so verdammt schwer und ungerecht sein? Wieso kommen die Täter so oft davon und wir Opfer quälen uns und hassen uns und zerstören uns irgendwie selbst.

Ich suche den Ausschalter und finde ihn nicht. Ich will mich nicht mehr so fühlen. Wieso quäle ich mich selbst?

Wie lange arbeitest du das ganze Thema schon auf? Werden die Wellen irgendwann wirklich flacher und weniger oder fällt man immer wieder in regelmäßigen Abständen so tief?

Liebe Grüße
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Ich hatte gerade wieder einen Termin bei meiner Therapeutin. Ich habe ihr von meiner aktuellen Situation erklärt und sie meinte das ist kein Gedankenkarussell mehr sondern wirklich Flashbacks. Meine Seele sei nun jetzt bereit auch das aufzuarbeiten. Ich fühle mich wieder wie das 15 jährige Mädchen, dass so klein und ängstlich ist. Sie steht ständig unter Strom, ist nervös, angespannt, bekommt schwerer Luft, zittert am ganzen Körper und möchte bloß nicht auffallen. Mein Kopf ist in der Gegenwart und nimmt das Umfeld war, aber mein Körper nicht. Der fühlt sich an wie früher. Auch sämtliche Übungen später kann ich es nicht einfach abschütteln. Sie meinte es braucht Zeit.

Ich verarbeite wohl jeden einzelnen Missbrauch separat. Es waren auch immer andere Gefühle die dominierten, da es immer unterschiedliche Situationen und Erlebnisse waren. Leider war dieser Missbrauch stark von Gewalt geprägt. Ich hatte wirklich oft Todesangst und dachte ich muss sterben. Wer einmal echte Todesangst erlebt hat, weiß wovon ich rede. Es ist soviel passiert in dieser Zeit.

Ich dachte ich wäre auf einem guten Weg im Verarbeitungsprozess, ich dachte ich hätte es geschafft, wäre geheilt und jetzt kommen nur noch ein paar Kleinigkeiten die ich bewältigen muss. Und jetzt haut es mich nochmal so richtig um. Es lähmt mich, macht mich unfähig irgendwas zu machen oder fühlen, außer dieser Angst.

Ich habe Angst, all das nochmal zu durchleben. Alle Erinnerungen die kommen.

Es hilft mir aber wirklich sehr hier zu schreiben und auch eure Geschichte zu hören und wie ihr damit nun lebt. Hier in diesem Forum kann ich wirklich sagen was mich bedrückt und bekomme soviel Zuspruch, Mut und vor allem Gleichgesinnte! Das hilft wirklich sehr, zu wissen, dass man nicht alleine ist.

Also schonmal danke fürs Lesen.
A.Rhiannon
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Hoffnung,
Wie lange arbeitest du das ganze Thema schon auf? Werden die Wellen irgendwann wirklich flacher und weniger oder fällt man immer wieder in regelmäßigen Abständen so tief?
Vielleicht erstmal vorweg, dass meine Antwort unter Umständen auch triggern könnte. Lies sie also vorsichtig oder überspring Teile oder wie es dir gut tut.
Ich kombiniere deine Frage mal mit dem, was deine Therapeutin gesagt hat, um darauf zu antworten.
Meine Seele sei nun jetzt bereit auch das aufzuarbeiten
Und auch das, was du selbst schreibst.
Ich verarbeite wohl jeden einzelnen Missbrauch separat. Es waren auch immer andere Gefühle die dominierten, da es immer unterschiedliche Situationen und Erlebnisse waren.
So ähnlich ist es bei mir auch.
Nicht, dass ich jeden einzelnen Missbrauch bearbeite. Das wäre in meinem Fall nicht möglich. Aber, dass ich über die Jahre hinweg verschiedene Missbrauchssituationen aufarbeite, weil die damit verknüpften Gefühle z.B. unterschiedlich sind.

Meine Erfahrung ist so, dass nicht alles und jede Einzelheit wieder erinnert oder angesehen werden muss. Aber, dass es schon sinnvoll sein kann, sich mit den verschiedenen Gefühlen Schritt für Schritt auseinander zu setzen.
Wichtig dabei ist meiner Erfahrung nach auch immer wieder Stabilisierungsphasen zu haben.

Bei mir war es auch so, dass meine Seele nach und nach Erinnerungen frei gegeben hat. Also, dass sie quasi dazu bereit war, wenn man so will...
Und es wurde sich über die Jahre bis zum Schlimmsten hin vorgearbeitet.

Meine Therapie geht nun schon seit über 8 Jahren. Aber ich glaube jeder hat mehr oder weniger seine eigene Geschichte, auch wenn sich diese Geschichten teilweise auch wieder sehr gleichen.
Ich möchte nur sagen, dass es nicht heißt, dass es bei dir auch zwangsläufig so lange braucht.
Und es kann auch genauso sein, dass andere mit ähnlichen Erfahrungen Therapie wiederum ganz anders erleben.
Also man kann es nicht verallgemeinern.

Was mich betrifft glaube ich nicht mehr an eine Art "Heilung", sondern daran einen Umgang damit zu finden.
Ich kann vieles inzwischen besser verstehen, meine Gefühle, meine Reaktionen. Ich kann es teilweise besser auffangen.
Und gleichzeitig lebe ich aber auch mit den zugehörigen Erinnerungen, spüre den Schmerz darüber.
Ich bin froh es aufgearbeitet zu haben bzw. es aufzuarbeiten. Aber gleichzeitig ändert sich auch einiges und kostet sehr viel Kraft. Ich würde es wieder so machen, weil das davor für mich keine Option mehr war. Das Leid war zu groß, um es noch aushalten zu können und zwar ohne jegliche Erinnerungen daran gehabt zu haben.

Aber die Wellen wurden zumindest bei mir zeitweise sogar größer, bevor sie dann auch kleiner wurden. Bei mir war und ist es kein linearer Prozess. Meiner Erfahrung nach verschwinden zumindest meine Wellen auch nie ganz. Aber sie verändern sich und mein Umgang damit wird besser, weil ich es besser verstehe und mich anders darauf einlasse.
Auch die Art und Weise wie ich auf meine Umwelt reagiere, hat sich verändert. Ich würde sagen insgesamt gebessert, auch wenn noch Potential nach oben wäre.

Was ich auch sagen möchte: Vielleicht bin ich nicht das beste Beispiel für diese Frage.
Es gibt Menschen, die durchaus kürzer Therapie gemacht haben und in der Gegenwart gut mit Triggern etc. zurecht kommen und sich dadurch im Alltag nicht mehr so beeinträchtigt fühlen.
Es kommt vielleicht auch darauf an über welchen Zeitraum sich der Missbrauch erstreckt hat, wie jung man war und welche Erlebnisse in welcher Form es über die Tage, Wochen, Monate, Jahre oder Jahrzehnte damit verbunden waren.
Und vielleicht kommt es zusätzlich darauf an wie man therapeutisch aufgefangen wurde. Auch da gehen die Erfahrungen auseinander.


So oder so wünsche ich dir viel Kraft für die bevorstehende Zeit. Ich wünsche dir immer wieder neue Stabilität in der Gegenwart sowie die Möglichkeit dir selbst Auszeiten zu gönnen und dir etwas Gutes zu tun.

Verliere nie die Hoffnung (wie dein Name es sagt). Es kann sich durchaus lohnen und befreien. So einen Weg wünsche ich dir.

Alles Liebe und viel Kraft,
A.Rhiannon
"Wenn man ins Universum starrt, ist sein Mittelpunkt nur Kälte. Und Leere. Letztendlich sind wir dem Universum egal. Dem Universum und der Zeit. Deswegen dürfen wir einander nicht egal sein."

aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
Aufatmende
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Ich setze mal ein:" ja, genau" unter jeden Absatz von A.Rhiannon.
Außer bei der Heilung. Ich glaube, dass komplette Heilung möglich ist im Sinne von radikaler Akzeptanz.
Ich akzeptiere, was mir über mindestens 15 Jahre stetig zugefügt wurde und mich zu dem gemacht hat, was ich heute bin. Ich Kämpfe manchmal noch massiv, siehe mein Thread, aber ich habe lange, gute Phasen. Dinge, die andere aus der Bahn werfen. Sind für mich vergleichsweise leicht, weil ich viel Übung habe. Und im Laufe der vielen Therapiejahre habe ich viele Fähigkeiten erworben, die ich jetzt für andere einsetzen kann. Aber nur noch im Rahmen meiner Kraftreserven.
Mein Leben ist tiefer und reicher und erfüllter als das vieler anderer Menschen. Weil ich mir alles, was ich habe und kann, mühsam erkämpft habe und unendlich dankbar bin. Vor allem, dass ich meinen Glauben an das Gute in den Menschen und an Gott nicht verloren habe.
Deshalb höre ich bei "Hoffnung" auch immer Glaube und Liebe mit. Das gibt mir Boden unter den Füßen.
Heilung ist in diesem Sinne möglich!
Rückfälle sind Vorfälle!
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Danke für eure Antworten!

Es tut wirklich gut unter Gleichgesinnten zu sein. Das mit den unterschiedlichen Gefühlen ist bei mir auch so. Was bei dem einen die große Scham ausgelöst hat, war beim nächsten die Angst usw.

Ich bin seit einem Jahr in Therapie um den ersten Missbrauch zu verarbeiten und auf einer Skala von 1-10 dachte ich ich wäre bei einer 6 oder 7. es kommt noch einiges an Gesprächen auf mich zu, aber mich wird nichts mehr so umhauen wie Anfang des Jahres. Und jetzt kam eine so extreme Körperliche Reaktion die mich umgehauen hat. Ich habe gezittert, hatte Angst, war wie gelähmt, konnte nichts essen nicht schlafen, war völlig außer Gefecht. Auch Tage später und trotz Therapie ging dieses Gefühl nicht weg.

Ich finde langsam einen Weg und erkenne, dass Sport, joggen mir gerade sehr hilft. Auch wenn ich mitten auf der Strecke angefangen habe zu heulen wie ein Schlosshund.

Wenn man mich die Tage so erlebt wirke ich völlig normal, als wäre nichts. Innerlich sieht es leider ganz anders aus. Ich bin so hin und her gerissen zwischen dem verängstigten, traurigen kleinen Mädchen und der voller Lebensfreude strahlenden Frau die so stark und positiv ist. Diese zwei Persönlichkeiten schlummern in mir. Zwei Charakter die unterschiedlicher nicht sein könnten. Wieder mal muss ich lernen das kleine Mädchen als Teil von mir zu sehen.

Und Dankeschön! Ich werde die Hoffnung nicht verlieren. Dazu kann das Leben viel zu schön sein.
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo zusammen,

ich schreibe einfach mal weiter, weil ich mich hier wirklich verstanden fühle.

Ich komme zurzeit irgendwie nicht ganz so gut zurecht mit allem. Ich bin so verletzt, so nah am Wasser gebaut und mich kann gefühlt alles sofort aus der Fassung bringen. Es ist alles so unplanbar geworden. Ich würde es am liebsten abschütteln, aber es geht nicht. Es klebt an mir und nimmt mich ein. Mal mehr mal weniger. Wenn ich mit Freunden zusammen bin merkt man mir absolut nichts an. Aber in mir drinnen sieht es ganz schön verwirrend und traurig aus.

Ich lese oft, dass andere schon seit 10 Jahren in Therapie sind und das jagt mir ehrlich gesagt eine scheiss Angst ein! Ich bin erst seit einem Jahr in Therapie und spüre den Berg den ich noch vor mir habe, merke aber, dass mir die Puste und Kraft ausgeht. Ich will so nicht mehr weiter leben. Ich habe drei kleine Kinder um die ich mich kümmern muss. Sie haben ihre unbeschwerte glückliche Mama verdient, die aus einem normalen Tag eine unvergesslich schöne Erinnerung schafft. Ich liebe meine Kinder so sehr und hasse mich dafür jetzt eine Mama zu sein, die den Tag einfach nur überleben will. Egal was ich gerade auch durchmache, aber das haben sie doch nicht verdient. Für sie will ich kämpfen und stark sein und wieder wirklich glücklich werden. Mein Mann, der dieses Jahr wirklich viel mit mir durchmachen musste und immer ein bisschen auf der Flucht war, für ihn ist es auch nicht fair, dass er ausbaden muss, was andere angerichtet und verursacht haben.

Kennt das irgendjemand, so eine schwere Zeit mit kleinen Kindern zu überstehen?

Ich will mir vornehmen glücklich zu sein. Ich will mich nicht mehr so fühlen. Ich warte immer auf jemanden der mich rettet. Die Person wird es nicht geben, die Person muss ich sein, das weiß ich. Es gibt aber noch vier Menschen im realen Leben die mich brauchen, die auf mich angewiesen sind.

Wie bitte kann man das alles verarbeiten, wenn man grad in der Rush Hour seines Lebens ist? Ich muss es erstmal wieder unterdrücken. Ich verstehe mich besser und versuche mehr auf mich zu hören, mich besser zu verstehen, lieber zu mir zu sein und mich nicht immer schlecht machen, meine Grenzen versuche ich zu erkennen und einzuhalten und wenn es mal die Zeit zulässt und ich das dringende Bedürfnis habe werde ich mich auch mit meinen inneren Kindern auseinandersetzen. Aber dafür fehlt mir jetzt erstmal die Zeit und Kraft.

Ich weiß nicht ob mit dieser Einstellung meine Therapie überhaupt noch Sinn macht. Was meint ihr? Und kann man das einfach alles so auf Eis legen wenn’s mal hochgekommen ist? Ich meine ich konnte es immerhin schonmal zwanzig Jahre verdrängen und bin damit doch eigentlich gut gefahren. Jetzt habe ich vieles schon verarbeitet und mir wurden die Augen geöffnet. Kann ich irgendwie wieder auf Pause für lange lange Zeit drücken? Oder wird mich das Thema wieder einholen? Wenn man immer und immer wieder darüber spricht und sich hauptsächlich mit dem Thema beschäftigt kann es dann überhaupt ruhen? Nein ich glaube nicht. Irgendwann muss doch der Punkt kommen, andem man alles hinter sich lässt. Ich will vielleicht garnicht alles verstehen und jeden Stein in meiner Vergangenheit rumdrehen. Ich weiß was passiert ist, was es aus mir gemacht hat und was ich schon alles geändert habe. Wann kommt der Punkt andem man alles hinter sich lässt?

Wir alle und damit meine ich wirklich jeden einzelnen Menschen auf dieser Welt hat sein Päckchen zu tragen. Der Eine hat eben mehr und der andere weniger. Der Eine erträgt auch mehr und der andere weniger. Das ist irgendwie das Leben. Es wird langsam Zeit, dass man das positive aus noch so schlimmen Erlebnissen zieht. Das klingt total makaber, aber es hat mir auch gezeigt wie stark ich bin. Was für eine unglaubliche Lebensenergie und Lebensfreude ich habe. Mehr als die meisten Menschen jemals haben werden. Ich bin so dankbar für alltägliche noch so kleine Dinge. Ich schätze das was ich habe, gebe mich damit zu Frieden, weil es mir absolut ausreicht. In Summe ist das Leben eine Zusammensetzung aus soviel schönen und schmerzhaften Erfahrungen und Erlebnissen.

Ich fange grad an wieder über alles zu philosophieren. 🙈
Aber irgendwie ist es doch so. Wie seht ihr das?

Mich hat es vor einer Woche total umgehauen und ich hatte einen heftigen Flashback. Damit werde ich wohl jetzt leben müssen. So wird vielleicht mein Leben jetzt aussehen. Und das fühlt sich so machtlos an! Ich will die Kontrolle über mein Leben zurück!!!! Diesen Satz zu schreiben fühlt sich schon stark an! Ich kämpfe für mich und meine Familie!
(Schlimm; dass für uns alles ein Kampf sein muss! Es ist ungerecht, aber verdammt so ist es irgendwie)

Ich brauche noch einen sehr wichtigen Rat von euch! Wie kommt man aus einem körperlichen heftigen Flashback wieder raus? Weder Atmung, 5,4,3,2,1…, noch den Körper abklopfen, Bewegung, joggen, Musik, ablenken, wirklich nichts hat geholfen. Kennt sich jemand mit Aromaölen aus?

So wieder ein Kompletter Themenwechseln, von super Optimistisch zu ganz rational an die Sache rangehen bis hin zu Selbstmitleid ist bei mir grad alles dabei. Daran merke ich, wie sehr mir das alles wieder aus der Bahn geworfen hat. Ich brauche wieder Stabilität!

Freue mich über eure Antworten.
Meereskind
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Meereskind »

Hallo Hoffnung,

Da nebenan meine 3 kleinen Kinder sitzen,weiß ich nicht wie viel Zeit ich habe um dir zu antworten.

Ich wollte aber,dass du weißt, daß du nicht die einzige bist die den Spagat zwischen einem schönen Tag mit den Kindern und dem Wunsch,das der Tag endlich vorbei ist,versucht hinzubekommen.

Und da ich die verbleibenden 5 Minuten dringend für mich brauche,will ich nur noch los werden: ich kenne das Gefühl,es ist schwer und belastend.

Wenn ich es schaffe,schreibe ich nachher noch etwas ausführlicher.

Meereskind
Aufatmende
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Jeder Mensch hat unterschiedlich lange sexualisierte Gewalt erlebt und hat verschiedene Ressourcen.
Umso früher es stattfand, umso wahrscheinlicher sind Abspaltungen in mehrere Teile und je länger es dauerte, umso schwerer sind die Folgen.

Du hast (wie ich auch) Familie und Kinder. Das ist schon mehr, als viele erreichen. Das gibt Struktur im Alltag.

Ich habe zwei Schwestern, die völlig unauffällig leben, beide mit Kindern und in langjährigen Beziehungen. Eine ist offiziell geschieden, die andere Beziehung existiert nur auf dem Papier. Die eine hat kurzzeitig Therapie gemacht und beschlossen, dass sie ihre Kisten nicht auspacken und mit den Einschränkungen lebt. Die andere hatte nie Therapie, so weit ich weiß.

Mir selber sind ganze Kleiderschränke an Erinnerungen entgegen gefallen, als es das erste Mal in meinem Leben äußerlich und innerlich sicher war. Es hat sich angefühlt, als hätte ich keine Wahl, als meine Kisten auszupacken. Es hat mehrere Punkte gegeben, wo ich um Haaresbreite am Suizid vorbei geschrammt bin. Manche Tage mit kleinen Kindern fühlen sich nachträglich so an, als hätte es mich nur gegeben, wenn sie da waren. Mir sind viele Stunden dissoziiert abhanden gekommen.

Das ist jetzt 30 Jahre her. Ich hatte eine Begleitung, die ein Griff ins Klo war, eine erfahrene Thera ,die gerade erst ihre Traumatherapieausbildung abgeschlossen hatte und kenne meine jetzige Therapeutin 15 Jahre.
Es gab lange Zeiten ohne jede Therapie. Die Zeiten hier im Forum sind die, in denen es mir eher schlecht geht und wo ich eine Rückmeldung brauche.
Ich habe im Vergleich mit meinen Schwestern eine Potenzen höhere Lebensqualität, weil ich viel mehr Freiheit im Handeln habe.
Ich würde mich immer wieder für Therapie entscheiden, habe aber auch unverschämtes Glück mit meinen Therapeutinnen gehabt.
Es hat viel Zeit und Kraft im Leben gekostet. Ich habe schichtweise über die Jahrzehnte wiedergefunden, was kein Mensch erleben sollte.
Ich hatte keine stationären Aufenthalte bis auf eine psychosomatische Reha von 4 Wochen.

Wie du siehst, sind schon innerhalb einer Familie die
Wege verschieden.
Du wirst wissen, was für dich das Richtige ist.
Meine Thera sagt immer: so viel Therapie wie nötig, so wenig wie möglich.
Ich bin ohne Therapie krank geworden und konnte durch Therapie die Somatisierungen auflösen. Ich habe einen Beruf, der mich immer wieder mit starken Triggern konfrontiert.
Mehr ggf. per PN.

Vielleicht kannst du mit deiner Thera einen Fahrplan für kurz- und langfristige Ziele entwickeln? Schauen, was sich aktuell ändern muss und was warten kann?
Rückfälle sind Vorfälle!
Aufatmende
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Wie bist du denn aus dem Flashback rausgekommen? Jetzt ist er ja vorbei?
Welcher Sinneskanal funktioniert am besten?
Es muss ja nicht unbedingt Aromaöl sein, es reicht ein positiv besetzter Duft. Das kann auch Kaffee oder Parfüm sein.
Übung macht den Meister. Manches klappt nicht sofort, sondern erst nach vielen Wiederholungen.
Hauptsache, du hast irgendeinen Einfluss, bist irgendwie handlungsfähig.
Mit der Zeit gehen einem die Dinge, die helfen, in Fleisch und Blut über. Und du wirst mit deinen Kindern zusammen die Welt erobern. Vieles, was ich nicht konnte, habe ich für die Kinder und mit den Kindern gelernt.
Noch heute sagen meine erwachsenen Söhne: das ist nichts für Mama (z.B. manche Kinofilme oder eine Achterbahn)
Sie sind tolle Menschen geworden, die mitten im Beruf und im Leben stehen und viele verlässliche Beziehungen haben. Obwohl ihre Mutter manchmal nur körperlich anwesend war.
Rückfälle sind Vorfälle!
Meereskind
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Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Meereskind »

Ich wollte dir auch gerne noch ein paar Gedanken da lassen.

Bei mir war es ähnlich wie es Aufatmende beschreibt. Als ich richtig im Leben angekommen bin und mich sicher fühlte, kamen die inneren bedrohlichen Themen deutlicher zum Vorschein. Es fing an als die Beziehung zu meinem Mann sich wirklich sicher anfühlte und dann eben auch als wir eine größere Familie wurden. Ich höre bei dir heraus ... berichtige mich bitte,falls das falsch ist, dass du dich fragst wie das alles zu händeln ist und warum gerade jetzt in "der Rushhour des Lebens".
Das habe ich mich auch gefragt... um dann für mich die Antwort zu finden, dass es eben jetzt sicher genug ist.
Mein Verstand protestierte damals und tut es auch jetzt wenn ich das hier schreibe. Denn mein Plan war ein anderer. Das Thema war da und bekannt und ich wollte mich dem wieder nähern und annehmen, wenn die Kinder aus dem Haus sind. ... so der Plan. Denn was ich UNBEDINGT vermeiden wollte, war, das meine Kinder mit einer instabilen Mutter aufwachsen müssten.
Im Moment sehe ich es zwar als äußert anstrengend, aber eben auch so wie es Aufatmende geschrieben hat. Es gibt auch Struktur und vor allem Halt.
Wenn es nicht unseren Familien geben würde, wer weiß wie wir dann damit umgehen würden...für was wir dann jeden Tag aufstehen würden.
Ich versuche mir immer wieder kleine Auszeiten zu nehmen. Und wenn es eben nur fünf Minuten sind, während die Kinder etwas gucken. Das hilft mir mich kurz zu erden und bis zum Ende des Tages meinen Kindern eine gute Mutter zu sein. Und oft genug fühle ich mich so als hätte ich den Award für die schlechteste Mutter verdient.
Jetzt mit einem aushaltbaren Tag hinter mir, kann ich das natürlich leichter reflektieren, als an den sehr schwierigen Tagen. Ich denke jeder Mensch hat gute und weniger gute Tage, egal welchen Hintergrund man mitbringt. Wichtig ist es authentisch zu bleiben. Damit meine ich auf gar keinen Fall, dass du deinen Kindern erzählst wie es dir geht. Sondern das du dir gegenüber authentisch bleibst. Also das wir uns eingestehen,wenn wir müde sind und versuchen im gegebenen Rahmen für uns zu Sorgen. Das sollte eigentlich kein Ratschlag werden. Ich wollte dir nur das Gefühl geben, dass ich deine Gefühle sehr gut nachvollziehen kann :-).

Und zu den körperlichen Flashbacks. Du hast mein vollstes Mitgefühl. Auch da kann ich mich Aufatmende nur anschließen.
Vor einem Jahr war ich da auch in einer sehr intensiven und schwierigen Verfassung. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich versucht habe mich und meinen Körper zu händeln, während nebenan der Familienalltag tobte.
Es waren Situationen in denen ich nicht ein noch aus wusste. Im Moment sind die Wellen etwas niedriger oder brechen wenn ich allein bin.

Es hat ein Weilchen gedauert bis ich einen Umgang damit gefunden habe. Mir hilft die 5,4,3,2,1 Übung im Alltag recht gut, wenn ich merke das ich wegdrifte. Für intensivere Erlebnisse versuche ich in Kontakt mit dem Kind von früher zu gehen und ihr zu sagen, dass ich es spüre, den Schmerz und die Verzweiflung wahrnehme. Damit schaffe ich es meistens auf eine andere Ebene.

Wenn du Vertrauen zu deiner Therapeutin hast, sprich deine Zweifel bzgl. deiner Therapie bei ihr an. Und zu deiner Frage ob Therapie dann überhaupt Sinn macht. Das kannst nur du für dich beantworten. Nimmst du etwas positives oder lehrreiches für dich aus der Therapie mit? Und wenn es nur der Orrt ist an dem du dich nur um dich kümmern musst!?

Meereskind
Eli

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Eli »

Hallo

Das klingt nach so viel Druck ..
Du musst nicht die perfekte Mutter sein die aus jedem Tag was tolles zaubert. Holla. Bitte nicht. Die armen Kinder die jeden Tag ein Event erleben... also da bitte mal echt Druck raus.

Vielleicht geht beides: sich an und mit den Kids freuen und sich AUCH schwach und traurig und kaputt fühlen. Beides ist okay. Es wegzudrucken geht sowieso nicht gerade weil die Kids dich sicher auch mehr und mehr triggern. Deshalb kam es ja evtl auch hoch...
Und sie spüren das eh und dann schädigt man sie echt weil dann verstehen sie gar nicht mehr was los ist...sie spüren unbewusst Mama geht's nicht gut aber sie tut als sei alles fein. Solche Kinder drehen echt durch. Aber zu sagen Mama geht's nichts gut aber ist nicht deine Schuld das ist wirklich okay. Das verstehen Kinder und können es einordnen. Weisst du sicher selbst wollte es nur nochmal sagen. :wink:
Mit diesem vornehmen glücklich zu sein...das funktioniert nicht. Bitte lass das echt.
Und nein natürlich kannst du es nicht auf Eis legen.
Und mit welcher Einstellung kannst du denn keine Therapie machen? Habe da jetzt nichts gelesen. Ich glaube du bist gerade einfach sehr unter Druck und machst dich deshalb sehr verrückt. Oder? Natürlich kannst und solltest du Therapie machen. Heißt nicht es ist in einem Jahr alles super und es geht einem nie mehr schlecht.

Und nein du musst keine zehn Jahre in Therapie. Heute sind Therapien viel besser und schneller als noch vor zwanzig Jahren. Und wenn man nicht noch zig Jahren bei sch Therapeuten ist wie beispielsweise ich braucht man nicht so lange. Wenn man gleich ne gute Traumatherapie macht dann läuft es viel schneller. Und selbst wenn man zehn Jahre braucht dann gilt das nicht für jeden..jeder hat seinen Weg. Hängt vom Ziel der Therapie ab, von der Diagnose, der Dauer und dem Ausmaß der Gewalt, ob noch mehr Traumata, den Ressourcen, dem Umfeld etc etc. Also bitte Vergleich dich da nicht.

Ja und wie du schon sagst für alle ist das Leben ein Kampf und es ist ungerecht. Und daran wächst man auch.
Was sagt denn die Therapeutin wie mit Flashbacks umgehen? Es gibt zahlreiche Übungen zb auf der Seite von Dis sos bzw dem Buch traumabedingte Dissoziation überwinden... aber eigentlich ist das der Job der Therapeutin das mit dir zu besprechen.
Wie wird dein Leben jetzt aussehen? Du hattest einen Flashbacks. Was Teil der kptbs. Mal so hart gesagt: was verändert das genau in der Gegenwart? Doch eigentlich nichts oder? Du hast Menschen die dich lieben. Therapie. Das Trauma ist vorbei.
Hab mal in der Klinik Aroma Öle genutzt. Helfen bei Geruchs flashs für mich. Aber ansonsten nicht.

Hoffe du kannst dich mit der Therapeutin wieder mehr stabilisieren.
Alles Gute
Eli
Hoffnung

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Hoffnung »

Hallo ihr Lieben,

Wow ich bin total sprachlos und überwältigt von den vielen und lieben Antworten! Tausend Dank dafür! Danke, dass ihr eure Meinung mit mir teilt und erzählt wie es bei euch war/ist.

Ja ich mache mich tatsächlich gerade sehr verrückt. Ich hatte jetzt einen sehr intensiven Flashback, der mich gelähmt hat, der mich handlungsunfähig gemacht hat. Es hat mich so überrumpelt das ich mich wieder so machtlos fühle. Ich kann nichts wirklich planen, weil meine Launen so extrem unterschiedlich von Tag zu Tag sind. Ich weiß nicht wann es mich wieder so erwischt und bin quasi in Alarmbereitschaft.

Wie gesagt, mein Kopf versteht total was da passiert, aber mein Körper ist wehrlos. Ich muss dir Kontrolle wieder bekommen und erlernen was mir bei Flashbacks hilft. Ehrlich gesagt was mir letztendlich geholfen hat kann ich nicht genau sagen. Ich spüre diese Nervosität und Angespanntheit immernoch täglich. Mein Mann war zu dem Zeitpunkt einige Tage weg und als er wieder nach Hause kam wurde es ein kleines bisschen erträglicher. Vermutlich ist es deine Nähe. Wenn er mich umarmt fühlt es sich jedesmal so an als würden sich gerade meine Akkus aufladen.

Mit den Kindern habe ich auch wie oft das Gefühl die schlechteste Mutter des Jahres zu sein. Ich glaube dieses Gefühl hat einfach jede Mama hin und wieder mal. Man verurteilt sich nur so wahnsinnig schnell selbst! Ich weiß ehrlich gesagt nicht wo ich heute wäre, wenn ich die Kinder nicht hätte. Ich weiß, ich bin eine von den glücklichen, die den Absprung geschafft haben.

Die Therapie tut mir eigentlich gut. Ich komme jedesmal sortierter und klarer aus dem Zimmer und freue mich auf jeden Termin. Es ist nur, wenn ich alle zwei Wochen über das Thema rede, kann es ja nicht wirklich mal ruhen. Andererseits hatten wir eine Sommerpause und auch wenn ich nicht darüber geredet habe, so war es doch präsent.
Ich wünschte mir einfach einen Ausknopf, eine Tablette die alles wieder verdrängt und mich mein Leben weiterleben lässt. Ich will mich nicht ständig damit befassen müssen. Gleichzeitig spüre ich, dass sich seitdem soviel verändert hat und ich auch nicht einfach so in mein altes Leben zurück kann, nachdem meine Familie es weiß. Und das verletzt mich auch gerade so sehr.

Und dann kommen von Freunden und Familie gut gemeinte Ratschläge wie, jetzt ist aber auch mal gut, oder du hast bestimmt einen Vitaminmangel und bist deshalb leicht depressiv, oder irgendwann müssen wir wieder alle aufeinander zugehen; oder wieso beschäftigt dich das immernoch? Auch nach sovielen Jahren usw. Ich habe oft das Gefühl ich übertreibe gerade. Ich mache aus einer Mücke einen Elefanten. Ich schäme mich für meine schlechten Tage, weil es mich wieder mal zum vierten Mal diese Woche umgehauen hat. Sobald ich alleine bin gehe ich dem Gefühl nach und lasse es raus: damit ich wenn die Kinder da sind wieder Kraft und Kopf für sie habe.

Mir fällt es auch total schwer mit meinem Mann darüber zu reden. Es sind einfach Themen die so schambehaftet sind und sich einfach so eklig anfühlen. Es ist einfach zu intim und hat auch unser Liebesleben seither total verändert. Ich will diese Ehe nicht noch mehr belasten. Und gleichzeitig weiß ich, dass ich mit ihm regelmäßig reden muss und er wissen muss was in mir vorgeht, damit er mich unterstützen kann.

Und es ist auch so verwirrend, dass ich oft Tage habe an denen garnichts geht und sich alles sooo schwer und hoffnungslos anfühlt. Als würde ich mich selbst bemitleiden. Und dann kommen Tage, da packe ich das Leben bei den Hörnern und mir erscheint alles möglich. Ich fühle mich dann so lebendig, optimistisch und bin voller Liebe und Lebensfreude.
Wie können so zwei komplett unterschiedliche Gefühle mein tägliches Brot sein? Es ist ein ständiger Wechsel.

Es hilft wirklich es alles mal aufzuschreiben. Und ich freue mich schon auf eure Antworten.
Aufatmende
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Wohnort: hinter den Bergen bei den sieben Zwergen

Re: Gedankenkarussell

Beitrag von Aufatmende »

Dein Mann muss nur das Allernötigste wissen. Meiner weiß nur Überschriften und z.B. nicht ansatzweise, was ich hier in letzter Zeit in meinem Thread geschrieben habe. Ich versuche, es aus unserer Sexualität so gut wie möglich heraus zu halten.
Auch da sind die Wege aber sehr individuell!
Ich wäre sehr vorsichtig, was ich meiner Umgebung erzähle. In vieles können sich "normale " Menschen nicht hinein versetzen.
Ich habe mir angewöhnt, systematisch das Schöne und Gute zu sammeln, teilweise mit einer Handvoll Erbsen in der Tasche, die ich bei einem schönen Moment in die andere Hosentasche gepackt habe, teilweise abends vor dem Einschlafen. Das macht das Schlimme nicht besser, aber es kann langfristig! Den Fokus verschieben.
Ich habe ganz banale Dinge wie: heute scheint die Sonne, mein Kind hat mir einen Sandkuchen geschenkt, die Blume x blüht, ich hatte eine schöne Begegnung...... gesammelt. Auf die Dauer macht es dankbar für Kleinigkeiten.
Das, was du beschreibst, diese sprunghaft wechselnden Zustände, dem Körper und den Flashbacks ausgeliefert sein, kennt hier, glaube ich, jede.
Ich wünsche dir Geduld mit dir selber und Durchhaltevermögen!
Rückfälle sind Vorfälle!
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