Gedankenraum - zu mir selbst finden

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A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Bao, liebe Aufatmende,

habt ganz lieben Dank für eure Rückmeldungen.
Vor allem tut es gut zu lesen, dass Abgrenzung ein Prozess ist, dass es Zeit dauern darf und dass es auch bei anderen Zeit braucht.

Gestern Abend habe ich die Wut stark gespürt. Und obwohl ich inzwischen Möglichkeiten kenne und habe die Wut rauszulassen, habe ich es dennoch nicht getan.
Da ist dann doch irgendwie eine Art Scham oder Verbot, getarnt durch die Ausrede, dass es jetzt unpassend oder zu anstrengend wäre.

Ich merke, dass hinter der Wut teilweise doch auch noch Angst steckt. Und diese lähmt anstatt, dass sie Energie frei setzt und bewegt.
Gut, ich verstehe von der Aufarbeitung her, dass Wut mit Angst verbunden ist. Und Wut so offen auszuagieren und rauszulassen hat sicher ganz viel Angst gemacht.
Also die Zusammenhänge verstehe ich.

Vielleicht wäre es ein nächster Schritt im Innen zu zeigen, dass es inzwischen sicher ist Wut auszuagieren. Wenn ich meine Wut im Außen gezielt rauszulasse, ist es heute sicher. Aber im Innen ist das noch nicht angekommen. Diese Erfahrung in der Gegenwart immer wieder zu machen und nach Innen zu geben ist bestimmt hilfreich.

Dabei ist es für mich in einem ersten Schritt erstmal sicher und hilfreich die Wut quasi an Gegenständen bzw. durch Bewegung etc. rauszulassen. Und so erstmal zu spüren, dass es wirklich sicher ist und nach Innen weiter geben.

In einem nächsten Schritt ist es dann wahrscheinlich sinnvoll zu spüren, dass auch die Abgrenzung im Außen gegenüber anderen Personen sicher ist.
Und um da vielleicht die Unsicherheit und Angst vor Konsequenzen noch etwas mehr zu nehmen, ist es vielleicht gut, das erstmal als Imagination zu üben.
In einem weiteren Schritt kann das dann vielleicht besser auch ins reale Erleben angewandt werden. Und dann eben zeigen und nach Innen geben, dass diese ganz schlimmen Konsequenzen ausbleiben.

Und an diesem Punkt hänge ich glaube ich auch noch.
In meinem realen Erleben ist noch nicht klar, was für Konsequenzen mein Abgrenzen haben wird. Ob es positiv für mich sein wird oder ob ich aufgrund äußerer Umstände dennoch nichts ändern kann. Oder erstmal nichts ändern kann. Was dann zumindest erstmal eine Art Aushalten zufolge hätte. Und Aushalten ist Vergangenes und eindeutig negativ.

Vielleicht kann ich mir sagen, dass das dann nur vorübergehend wäre. Auch, wenn der Zeitraum nicht abzusehen ist. Aber es bedeutet auf keinen Fall, dass ich dauerhaft in diesen Situationen verharre. Dann setze ich mich erneut für mich ein bis ich eine für mich annehmbare Veränderung (in welcher Form auch immer) erreiche.

Also sind die Situationen derzeit zwar ungelöst und sehr unangenehm. Aber im Unterschied zu früher weiß ich, dass ich es nicht (dauerhaft) aushalten muss, weil ich für mich einstehen darf und die Situationen ändern kann, auch wenn es mehr Zeit braucht als es mir lieb ist.

Aber ich kann heute erwachsen damit umgehen.
(Zumindest möchte ich mir das sagen und mich daran erinnern, um es selbst zu glauben...)
Aber ja, es gab Situationen, in denen ich es geschafft habe. Auch wenn es extrem anstrengend war. Ich kann es wieder schaffen.
Gleichzeitig ist da die Sorge, dass wenn es zu lange andauert, dann die Kräfte schwinden und damit auch die Stabilität...
Aber gut, alles schrittchenweise und wenn es soweit ist. Ansonsten nehme ich mir von vornherein die Kraft und den Mut und die Zuversicht.

Also positiv gedacht:
Ich habe es schon mal geschafft.
Es ist zwar unangenehm, aber mit der Zeit darf, kann und werde ich immer wieder für mich selbst einstehen, bis es sich ändert.

A.Rhiannon
"Wenn man ins Universum starrt, ist sein Mittelpunkt nur Kälte. Und Leere. Letztendlich sind wir dem Universum egal. Dem Universum und der Zeit. Deswegen dürfen wir einander nicht egal sein."

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Aufatmende
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Aufatmende »

Liest sich sehr strukturiert und durchdacht. Vielleicht könntest du das Imaginieren noch weiterführen und mit einem leeren Stuhl üben, entsprechend auch laut und mit Körpersprache wütend sein?
Ich finde, Wut ist bei mir nach wie vor das schwierigste Gefühl, das im Außen Veränderung macht. Weil Aggression auch täternah ist und ich keinesfalls so sein möchte. Meine Therapeutin hat mir davon abgeraten, mich in gewaltfreien Kommunikation zu üben, weil sie meinte, ich könne ohnehin kaum Gewalt in welcher Form auch immer ausüben......
Evtl. kannst du auch die Situationen ordnen: was ist am wichtigsten zu ändern oder wo kannst du am leichtesten Wut zeigen?
Rückfälle sind Vorfälle!
Bao
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Bao »

Liebe A.Rhiannon,

beim Lesen deiner Gedanken (die ich auch bemerkenswert durchdacht finde), hatte ich einen Gedanken. Ich weiß aber nicht, ob er nützlich für dich sein kann oder eher auf Ablehnung stößt. Ich hab jetzt lang überlegt und lass ihn dir aber hier und du entscheidest selbst darüber.

Ich verstehe, das Aushalten stark triggernd ist. Und ich dachte spontan, ob es nicht auch ein Beobachten sein kann? Wenn du dich abgrenzt und es nichts ändert, ist eigentlich im äußeren Zustand nicht viel anders als zuvor, oder fürchtest du Konsequenzen durch die Abgrenzung selbst? Dann bringt mein Gedanke natürlich nichts. Das ist sicher stark situationsabhängig. Und manchmal braucht es dann einfach noch Zeit, damit akzeptiert werden kann, dass das Ergebnis nicht gut sein könnte.

Wenn du dich aber abgrenzen kannst und die Sorge ist, dass es keine Veränderung mit sich bringt, wäre das vielleicht ein Beobachten, was bei der anderen Person passiert und ob es sich auswirkt. Denn aushalten tust du das Verhalten ja bereits ohne Abgrenzung. Nur wird das nicht im Außen deutlich und ist dadurch im Verborgenen.

Aber vielleicht bist du gedanklich da in einer ganz anderen Situation und es passt nicht.

Ich finde es generell auch schwierig zu erahnen, was Abgrenzung überhaupt für Auswirkungen haben wird und ich glaube, das ist etwas, das eben beim anderen liegt. Ich erwische mich selbst oft dabei, dass ich das versuche vorwegzunehmen. Und letztlich ist das dann aber eine Verantwortungsübernahme für ein fremdes Verhalten für mich geworden, von dem ich mich zu lösen versuche. Aber wie gesagt, das klappt auch nicht immer gut. Ich übe da viel noch.

Und ich wünsche dir, dir damit Zeit zu lassen wie du es brauchst und dich nicht unter Druck zu setzen zusätzlich. Wenn es so weit ist, wird es aus dir heraus kommen und da sein. Und es wird sich zeigen, was dann passiert. Und manchmal war ich selbst sehr positiv überrascht, wie gut es aufgenommen worden ist vom anderen. Und manchmal eben genau das Gegenteil. Vielleicht ist es hilfreich, es da zu üben, wo es sicher ist? Bei Thera oder eben in Situationen die nicht nachhaltig wichtig sind?

Viele Grüße
Bao.
A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Danke euch beiden für eure Antworten!
Das wollte ich euch direkt rückmelden, damit es nicht untergeht.
Ansonsten kracht bei mir der Alltag gerade so richtig und unerwartet rein, dass ich momentan keine Kapazitäten habe mehr darauf einzugehen oder mich damit überhaupt weiter zu beschäftigen.
Das wird sich sicherlich (hoffentlich) auch wieder ändern.

Liebe Grüße,
A.Rhiannon
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Bao
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Bao »

Ich wünsche dir ganz viel Kraft für das, was gerade anliegt.
A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Danke Bao. Ich hoffe bei dir ist soweit alles ok.


In den letzten Tagen ist mir aufgefallen, dass hinter all der Wut auch einfach so viel Traurigkeit ist.

Allgemein habe ich mich aufgrund äußerer Umstände angefangen mit einem Teil meiner Traurigkeit auseinander zu setzen.
Gleichzeitig haben meine Gefühle im Alltag nicht allzu viel Platz. Aber ich versuche zumindest ab und zu für einen Bruchteil einen kleinen Raum zu geben.
Oder zumindest nach Innen zu sagen "Ich würde jetzt gerne mehr Raum dafür geben."

Ein Traum hat mir nochmal mehr Zugang zu einem Teil meiner Gefühle ermöglicht. Und gleichzeitig hat es mir bewusst gemacht, dass tagsüber eben doch zu wenig Raum dafür ist...

Der Traum war nur ganz kurz. Ich war im Traum zu Besuch in meinem Elternhaus. Es hat sich wider Erwarten nicht panisch oder so angefühlt, sondern neutral.
Ich öffnete eine Tür und wollte gerade aus dem Raum gehen. Da stand ein Familienmitglied vor der Tür. Und es freute sich so unglaublich mich wieder zu sehen. Es fing an vor Freude zu weinen. Und ich auch.
Es war so ein Gefühl von ganz tiefer Zuneigung und Vertrauen und Sehnsucht und Zugehörigkeit und Sicherheit.
Diese Gefühle setzten eine riesige Traurigkeit frei.

Jedenfalls machte mir der Traum nochmal irgendwie bewusst, was ich nie hatte, was ich aber so dringend gebraucht hätte, was ich mir gewünscht habe. Was ich mir irgendwie immer noch wünsche.

Diese wahnsinnig starke Sehnsucht nach einem Familienmitglied, mit dem man sich verbunden fühlt, bei dem man sich sicher und geliebt fühlt. Das Gefühl einem Familienmitglied sehr am Herzen zu liegen und sehr wichtig zu sein und gleichzeitig ganz akzeptiert zu werden. Dass man das einfach ganz tief spürt.

Das hatte ich so nie.

Und da sitzt so viel Traurigkeit.

Ja, und das darf es ja auch. Jetzt darf es auch hier stehen.

Schmerz. Sehnsucht.

A.Rhiannon
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A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Das Gefühl der Wut (von den Kleinen), dass die am besten t*t sein sollen. Aber dann dahinter die versteckte Traurigkeit und tiefe Verzweiflung: Der Wunsch danach so dringend geliebt zu werden. So ein schlimm schmerzhaftes Gefühl, dass man richtig spürt, wie dabei zerbrochen wird. Ein markerschütterndes Schluchzen, woran fast erst*ckt wird und was sich kaum bis gar nicht beruhigen lässt.

Es hilft nach Innen zu geben, dass beide Gefühle und zugehörigen Gedanken heute erlaubt sind und gesehen werden und ihren Raum haben dürfen.



Auch, wenn diese Gefühle Familie betreffen.

A.Rhiannon
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aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
Eli

Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Eli »

Hallo liebe a.rhiannon

Wir schleichen hier rum und wissen nicht ob wir schreiben sollen.
Irgendwie nervt es uns nach euren worten nur zu schreiben tut uns leid, kennen wir.

Wenn du oder ihr wissen wollt was mit uns ist wenn wir das lesen:
Es macht uns rasend vor Wut auf eure Täter und taterinnen denn kein Kind sollte so was erleben müssen.
Es macht uns aber auch traurig ohnmächtig und verbittert denn ihr brauchtet so dringend liebe auch wenn es das früher nicht ändert. Aber Menschen die im heute das wissen und euch lieb haben würden etwas andern glaube ich.

Und es macht uns kaputt dass es heute noch immer nichtjt so ist und vielleicht auch nicht so passieren wird. Nicht wegen euch sondern weil ...Schicksal oder ja wir wissen es nicht wieso manche Menschen so sehr leiden und einsam sein müssen.

Und das können und wollen wir nicht akzeptieren und das lässt einen nur noch mehr kaputt und nur noch verzweifelter zurück.
Klar kann man trösten nach innen aber das hilft nur sehr bedingt.
Wir für uns wissen nicht, wie jemals dieses Loch was es früher gab und was es heute und vielleicht für immer geben wird, uberleben sollen. Ich weiss nicht wie es euch gut geht. Vielleicht ist das auch zuviel. Aber vielleicht ist es auch gut diese Wahrheit auszusprechen.
Niemand sollte so leben müssen wie ihr und wie wir. Eben ohne liebe. Insbesondere nach allem was wir von der f*milie erlebt haben.

Es tut mir leid falls das triggert aber irgendwie können und wollen wir gerade nichts anderes schreiben. Kein tut mir leid etc. Weil das den Schmerz eh nicht verändert. Also für uns Wäre das so.
Trotzdem reichen wir euch eine Hand oder setzen uns in die Nähe falls das sonst zu nah ist. So weit weg wie ihr mögt oder auch gar nicht.
Eli
A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Eli,

vielen Dank fürs Sehen und für deine Antwort. Und gerne auch zu mir setzen, in die Nähe ist gut.

Ja, ansonsten kann ich gerade gar nicht so viel schreiben... Ich weiß nicht.

Ich habe gestern mal ein Bild gemalt, um die Wut und Traurigkeit auszudrücken. Also quasi "einfach" Farbe auf eine Leinwand. Das tat ganz gut, zumindest für den Moment.

Habe auch noch eine Imaginationsübung gemacht. Mit einem schützenden Licht um mich herum und einem wärmenden Licht in mir drin.

Der Tag heute war auch etwas besser. Aber ich spüre sie wieder so in mir drin diese Traurigkeit, dieses Loch.
Ist halt einfach da und begleitet mich, berechtigter weise...

Ich wünsche dir auch alles Gute liebe Eli. Bitte pass gut auf euch auf.
Und danke fürs Mitgefühl / Mitfühlen.

Alles Liebe,
A.Rhiannon
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aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
Meereskind
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Meereskind »

Liebe A.Rhiannon,
ich habe dich auch gelesen und musste über Elis Beschreibung schmunzeln,dass sie hier so rumschleicht und nicht weiß was sie schreiben soll.
Mir geht es ähnlich. Ich würde dir gern etwas hier lassen, das dir gut tut,weil ich deine Wut und Traurigkeit beim Lesen sehr gespürt habe.
Ich setzte mich also gerne auch in deine Nähe und bin einfach da.


Was ich immer so schrecklich schwierig auszuhalten finde,ist, daß diese Traurigkeit mit aktuellen Beziehungen nicht so aufgefangen werden kann, wie es eben damals als Kind hätte sein sollen. Also jemand der da ist,einen tröstet und in den Arm nimmt auch wenn diese Person einen schrecklich anstrengenden Tag hatte. Weil das Eltern doch im Besten Fall tun,oder?
Und das gibt es in einer gesunden Erwachsenen-Beziehung meistens nicht. Die Bedürftigkeit ist da und oft zu groß für eine gleichberechtigte Beziehung/Freundschaft.
Aber vielleicht führt das jetzt auch zu weit weg von deinem Thema und ist eher meins.
Ich wollte eigentlich auch eher schreiben,dass es so wichtig ist zu versuchen sich die Geborgenheit selbst zu geben,wie du es ja auch z.B. mit der Imaginationsübung machst.

Meereskind
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Meereskind,

vielen Dank auch für deine Antwort und fürs Gesehen werden. Gerne darfst du dich auch mit in die Nähe setzen. Danke.
Was ich immer so schrecklich schwierig auszuhalten finde,ist, daß diese Traurigkeit mit aktuellen Beziehungen nicht so aufgefangen werden kann, wie es eben damals als Kind hätte sein sollen. Also jemand der da ist,einen tröstet und in den Arm nimmt auch wenn diese Person einen schrecklich anstrengenden Tag hatte. Weil das Eltern doch im Besten Fall tun,oder?
Und das gibt es in einer gesunden Erwachsenen-Beziehung meistens nicht. Die Bedürftigkeit ist da und oft zu groß für eine gleichberechtigte Beziehung/Freundschaft.
Aber vielleicht führt das jetzt auch zu weit weg von deinem Thema und ist eher meins.
Da ist für mich auch sehr viel dran. Da habe ich schon schmerzhafte Erfahrungen mit gemacht. Es gab Personen in meinem Leben, die ich mir als Mutter oder zumindest irgendwie als Familie gewünscht hätte. Und dann wurde es irgendwann unausgeglichen, nicht mehr gleichberechtigt, weil meine Innenkinder eben viel bedürftiger waren und versucht haben in diesen Beziehungen das Loch bzw. die Löcher aus der Vergangenheit zu stopfen. Und das geht so irgendwie eben nicht. Da findet eine Übertragung statt oder irgendwie so etwas. Und das verschiebt dann die Erwachsenen-Beziehung, ohne dass das Gegenüber das überhaupt verstehen kann. Und ich habe es auch lange nicht verstanden.

Das war dann mit viel Schmerz und Enttäuschung verbunden. Vor allem und besonders für die Kleinen in mir drin war das ganz schlimm. Die wollten sich verzweifelt in Beziehungen zu anderen fallen lassen, um dort Mutterliebe zu bekommen und wurden wieder enttäuscht und verletzt. Denn diese so schlimme Bedürftigkeit kann nicht so aufgefangen werden, wie wir es damals gebraucht hätten. Und das Damals fühlt sich für die Innenkinder oft heute auch noch so an.
Ich wollte eigentlich auch eher schreiben,dass es so wichtig ist zu versuchen sich die Geborgenheit selbst zu geben,wie du es ja auch z.B. mit der Imaginationsübung machst.
Inzwischen glaube ich das auch immer wieder. Es war und ist eine sehr schmerzhafte Erkenntnis. Und gleichzeitig hilft sie aber auch, um sich nicht mehr dauerhaft so hilflos, schutzlos und ausgeliefert zu fühlen.

Es ist für mich/ uns ein schmaler Balanceakt.
Ich muss dafür auf jeden Fall als Erwachsene soweit irgendwie stabil sein. Denn nur so kann ich mich fürsorglich den Gefühlen und Bedürfnissen der Innenkinder zuwenden, diese versuchen aufzufangen und zu versorgen.
Ich muss dabei aufpassen nicht in diesen Gefühlen zu lange oder zu sehr festzustecken. Damit es meinen Alltag nicht zu sehr belastet.
Dabei besteht aber einerseits die Gefahr, es zu sehr wegzudrücken und damit die Kleinen im Innen zu lange zu ignorieren. Dann fühlen sie sich ungesehen wie früher.
Gleichzeitig spüre ich diese Gefühle unterdrückt auch immer wieder im Alltag und es wirkt sich eben doch aus. Und dann muss ich irgendwie hinsehen, ohne drin stecken zu bleiben. Das ist so schwer.

Außerdem kommt dazu, dass ich als Erwachsene genügend Pausen und Erholung vom Alltag brauche, um mich um die Innenkinder kümmern zu können. Das geht aber nicht immer...
Und dann besteht aber die Gefahr, dass die Innenkinder sich nicht genügend gesehen fühlen und sich dann doch nicht auf mich als Erwachsene verlassen können. Und das fühlt sich für sie wieder so an wie früher. Dann denken sie, sie müssten übernehmen, weil sie sich eh nicht verlassen können. Dann fühlen sie sich noch mehr ungesehen und allein und wie früher. Dann stecken sie im Früher fest. Gleichzeitig versuchen sie als Innenkinder im Alltag das Leben einer Erwachsenen zu führen und sind damit haltlos überfordert. Und das bestätigt ihre Gefühlswelt und alles wird noch schlimmer. Wie ein Kreislauf.

Gleichzeitig ist es aber auch so, dass ich als Erwachsene ja aber auch gerne Unterstützung, Verständnis, liebevollen Kontakt, Gesehen werden durch eine Familie hätte. Also auch ich als Erwachsene hätte gerne eine greifbare Mutter(figur).
Also auch ich als Erwachsene habe ja mit Gefühlen zu kämpfen.

Ich weiß es nicht. Vielleicht kann aus Erwachsenensicht auch von Freundschaften gesehen und unterstützt werden. Aber eben nur sehr bedingt.
Und vielleicht ist es gleichzeitig wichtig, dass die Innenkinder soweit von der Erwachsenen versorgt sind, damit nicht wieder zu große unerfüllbare Erwartungen und Gegenübertragungen ausgelöst werden.
Damit die Beziehung eben eher auf Erwachsenen-Ebene und gleichberechtigt bleibt.

Ja, aber dauerhaft ist das doch zu anstrengend und nicht möglich. Ich bin nunmal sehr belastet und ich habe Innenkinder mit verschiedenen Bedürfnissen. Die können auch nicht dauerhaft im Innen bleiben.
Also wenn dann auch schon für den Erwachsenen-Alltag so viel Kraft und Erwachsensein gebraucht wird, dann braucht es auch Momente wo es Pausen davon geben darf.
Und ja, es ist wichtig das vor allem selbst irgendwie aufzufangen und zu versorgen. Gleichzeitig ist das nicht dauerhaft und "vollkommen" möglich.
Es braucht glaube ich auch stabile Beziehungen, in denen sich die Innenkinder auch mal irgendwie ein bisschen zeigen dürfen. Glaube ich.
Muss ja nicht mit voller Verzweiflung sein, kann ja vielleicht auch etwas freudiges kindliches sein.

Ach ich weiß es nicht. Keine Ahnung, ob meine Gedanken dazu überhaupt nachvollziehbar sind. Kann auch jeder komplett anders empfinden.
Kommt bei mir selbst auch komplett auf die Stimmung/ Situation an. Je nachdem, worauf ich in dem Moment mehr Zugriff habe.
Es ist auf jeden Fall sehr komplex und es ist anstrengend und kräftezehrend und alles andere als leicht.

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Aufatmende »

Ich kann deine Gedanken und Gefühle nachvollziehen. Ich habe seit langen Jahren einen Partner. Der gibt Sicherheit im Außen, aber er kann mich nicht "nachbeeltern". Das kann ich nur selber mit der Kraft, die gerade da ist.
Innenkinder können auch verstehen, dass die Erwachsene nicht unbegrenzt Zeit hat und manchmal kann man das auch an ältere Anteile delegieren. Sie müssen nicht dein Erwachsenenleben führen. Es reicht, wenn sie deine Gegenwart wahrnehmen und merken, dass sie in der Vergangenheit steckengeblieben sind.
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Aufatmende,

hab vielen Dank für deine Worte und dafür, dass du deine Erfahrungen hier teilst.
An ältere Anteile abgegeben könnte ich mal versuchen. Teilweise helfen uns auch imaginäre Helfer.
Und vielleicht nochmal auf die Gegenwart und den Unterschied zur Vergangenheit aufmerksam machen, vielleicht hilft uns das auch nochmal etwas.
Danke auf jeden Fall für deine Tipps.

Es gab am Wochenende auf jeden Fall auch nochmal gute Momente. Das ist schön.
Gleichzeitig hoffe ich, dass die Kraft insgesamt für die nächsten Wochen reicht.
Mal schauen wie dabei auch mit der Belastung und den Gefühlen umgegangen werden kann.

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Gestern Abend dann nur noch geweint. Als wäre ein Damm gebrochen. Teilweise sogar halb in der Öffentlichkeit. Und zu Hause dann gefühlt komplett zusammen gebrochen. Es konnte auch nicht wirklich beruhigt werden.

Ich kann noch nicht mal genau einschätzen, was davon jetzt genau aus der Gegenwart und was aus der Vergangenheit kommt.
So ungefähr ja. Aber so richtig auch irgendwie nicht.

Heute Abend fühle ich mich einfach nur müde und erschöpft. Tränen sind noch da, aber nicht mehr so haltlos. Dafür Kopfschmerzen.

Vor ein paar Tagen wollte ich hier noch schreiben, dass ich gar nicht weiß, wohin mit all den Gefühlen. Dann hatte ich es wieder gelöscht. Aber es passt immer noch...

A.Rhiannon
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Eli

Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Eli »

Liebe a rhiannon

Das tut uns so leid für euch.
Wir sitzen uns mal still dazu. So weit oder nah wie okay.
Ihr seid nicht in eurem leid und eurer Einsamkeit.
Es ist einfach sehr anstrengend immer und immer ein doppel Leben zu führen. Und das erinnert ja auch an Früher.

Ein paar Sonnenstrahlen und einen Abend wo ihr ein bisschen ausruhen und Kraft tanken könnt.

Eli
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