Gedankenraum - zu mir selbst finden

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Aufatmende
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Aufatmende »

Ich habe mit den Jahren! gelernt, möglichst nur nach den Gefühlen der Innenpersonen zu dem, was passiert ist und welche Angst untereinander und zu mir es gibt, zu sehen und mich von den ERinnerungen konsequent zu distanzieren. ABer nicht von der Person, die es erlebt hat. Sie und manchmal auch meinen Körper in der Gegenwart zu versorgen und immer, immer, anzuerkennen, wie schlimm es war und wie groß die Leistung war, es zu überleben und einen halbwegs funktionierenden Alltag zu haben.
Das wird immer selbstverständlicher, auch wenn mit zunehmendem Alter ganz normale Alterserscheinungen triggern.
Ich freue mich, von dir zu lesen, weil du ein Problem nach dem anderen und eine triggernde Situation nach der anderen meisterst.
Sei stolz auf dich!
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A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Aufatmende,

ganz lieben Dank für deine mutmachenden Worte. Es tut gut zu lesen, dass es möglich sein kann irgendwann so damit umzugehen. Dass man die Gefühle und Bedürfnisse ansehen und versorgen kann, ohne jede einzelne Erinnerung ansehen zu müssen.
Das eigene Anerkennen, dass es wirklich schlimm war und sich selbst den entsprechenden Trost entgegen bringen zu können, empfinde ich auch als essentiell. Und dass dies auch ohne jedes Detail möglich ist, finde ich tröstlich. Ich empfinde die bisherigen Erinnerungen auch bereits als schlimm genug. Und vieles ist glaube ich auch immer wieder und wieder sehr ähnlich passiert...

Und wenn es dann doch noch wichtige Hauptgefühle bzw. Haupttrigger gibt, werde ich mal schauen wie ich damit umgehen kann... Auch mit welcher Unterstützung.

Das heißt nicht, dass ich gar nichts mehr hervorholen möchte. Es ist vielmehr der Wunsch auch mit irgendwann auslaufender Therapie auch damit umgehen zu können. Keine Ahnung, ob das größenwahnsinnig klingt.
Wenigstens für eine Zeit. In die Zukunft blicken kann ich nicht, ob und wann und wie viele Therapien ich noch haben werde/ haben darf/ haben muss. Aber um z.B. sehr lange (Warte-)Lücken zu überbrücken.

Auf jeden Fall Danke fürs Mut machen und für die Wertschätzung.

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Gefühlt die ganze Nacht nur Alpträume gehabt über schlimme Traumainhalte. So viel zu den Erinnerungen und zum Anschauen davon und zum Umgang damit...

Naja, bin bis jetzt irgendwie über den Tag gekommen. Aber bin auch total müde und einfach fertig... Lässt sich halt doch alles nicht so schön steuern wie gedacht.
Naja irgendwie muss ich lernen damit umzugehen...

Trauma ist und bleibt ein Teil meines Lebens. Das war schon immer so und wird auch immer so sein. Das wird auch immer extra Kraft kosten. Der Umgang ändert sich vielleicht mit der Zeit. Man hofft es...

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Aufatmende »

Hast du denn Strategien für die Nacht?
Ich habe eine Reihe Anker auf dem Nachttisch stehen, die manchmal wechseln, manchmal eine Puppe neben oder im Bett. Im Extremfall stelle ich mir einen Wecker in der Nacht, damit ich aufwache, bevor ich (immer um die gleiche Zeit( träume. Ich habe auch einen Helfer, der mich weckt.
Für mich ist wichtig, richtig wach zu werden, damit ich auf meine Erwachsenen Ressourcen Zugriff habe. Entsprechend schwer ist es leider, wieder einzuschlafen. Ich muss mich bewegen, etwas spüren, egal, wie winzig die Bewegung ist und wie gering die Körperoberfläche, die etwas spürt. Meistens muss ich auch die nackten Füße auf den Boden setzen oder aufstehen.
Wie groß der Einfluss der Muskelschmerzen durch Arthrose war, hatte ich unterschätzt. Seit meiner Knie OP schlafe ich besser.
Ansonsten gibt es hier irgendwo einen Thread mit Tipps zum Schlafen.

Ich versuche auch immer, den entsprechenden Anteil mit meiner Gegenwart in Kontakt zu bringen und schreibe zeitnah auf, was war. Dann hat es Worte, wird aussprechen und gestaltbar. Und ich weiß, dass ich da schon war.

Krass, da sind gerade mehrere Innenpersonen, die Beifall klatschen und sich umarmen.
Sie fühlen sich sicher und befreit. Mir kommen die Tränen....
Es kann sich wirklich ändern mit viel Beharrlichkeit und Arbeit und Hoffnung und einer sicheren therapeutischen Beziehung. Auch wenn es gefühlt ewig dauert und soooo viel Lebenszeit verschlingt.
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Aufatmende,
vielen Dank für deine Antwort und die Tipps.
Ja, ich habe auch Anker. Ich glaube diese helfen in der Regel ganz gut. Kuscheltiere im Arm und eine Spielzeugfigur, die am Bett steht. Vor dem Einschlafen lese ich den Kleinen immer noch eine Kindergeschichte vor. Und es wird vor dem Licht ausmachen nochmal der sichere Ort vorgestellt.

Wecker in der Nacht stellen ist für mich glaube ich keine gute Idee. Wenn ich nachts geweckt werde, sei es durch Geräusche etc. kann ich mich oft ganz schlecht orientieren. Meistens sind dann Kleine vorne und fangen an zu weinen oder zu wüten oder wollen sich weh tun.
Dafür habe ich seit kurzem auch schon einen besseren Umgang gefunden, indem ich mir vor dem Schlafen gehen ein inneres Gespräch vorstelle und allen erkläre, dass es sein kann, dass wir nachts aufgrund von xyz geweckt werden könnten und dass unser Körper sich eventuell zy anfühlt. Dass das dann aber xy als Ursache hat und wir dennoch in Sicherheit sind. Das hat jetzt schon ein paar Mal gut funktioniert.

Eine Zeit lang habe ich mir auch vorgestellt, dass eine Helferfigur vor dem Bett schläft und aufpasst. Oder dass wir an einem imaginären sicheren Ort schlafen, wo Helferwesen aufpassen.

Nachts nicht (mehr) einschlafen zu können ist auch ein großer Trigger und von wegen Funktionieren nicht so praktisch sag ich mal...
Krass, da sind gerade mehrere Innenpersonen, die Beifall klatschen und sich umarmen.
Sie fühlen sich sicher und befreit. Mir kommen die Tränen....
Es kann sich wirklich ändern mit viel Beharrlichkeit und Arbeit und Hoffnung und einer sicheren therapeutischen Beziehung. Auch wenn es gefühlt ewig dauert und soooo viel Lebenszeit verschlingt.
Danke auch für diesen Einblick. Das freut mich sehr für euch und klingt sehr berührend.


Es war die letzten beiden Nächte auch wieder ruhiger. Mal schauen... Kam auch viel Erschöpfung dazu und an Träume konnte ich mich dann auch nicht mehr erinnern.
Ich werde sehen wie es weitergeht und wie es scheint, habe ich ja schon so einiges an Handwerkszeug an der Hand. Manchmal geht so etwas auch vergessen.

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Aufatmende »

Damit das Handwerkszeug nicht verloren geht, Zettel schreiben und in den Nachttisch legen, wenn es für Kleine bestimmt ist, ggf. auch malen.
Was machst du denn nachts für die Kleinen? Sind es wirklich mehrere gleichzeitig?
Kannst du dich selbst umarmen oder streicheln oder wiegen? Manchmal hilft das bei mir, wenn ein genügender Teil erwachsen bleibt, manchmal wiege ich mich erst recht in die Dissoziation. Deshalb brauche ich Bodenkontakt und Bewegung.
Es ist auch oft nützlich, wenn ich nicht nur innerlich, sondern vernehmlich mit mir rede. Dazu muss ich dann sowieso aufstehen, weil ich sonst meinen Mann wecke.
Ich glaube, du kannst schon viel mehr, als dir bewusst ist. Manches wird mit den Jahren quasi vollautomatisch. Man vergisst, wie viel Arbeit es war, bis man das alles konnte. Und manchmal funktioniert es eben trotzdem nicht....
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Aufatmende,
vielen Dank für deine hilfreichen Tipps.
Was machst du denn nachts für die Kleinen? Sind es wirklich mehrere gleichzeitig?
Um ehrlich zu sein fällt es mir nachts sehr schwer das differenziert wahrzunehmen. Ich kann nur sagen, dass es mir vor dem Einschlafen hilft, möglichst alle anzusprechen und vorzubereiten.
Wenn ich nachts geweckt werde, kann ich mich oft nur schlecht in der Gegenwart orientieren. Und in der Gegenwart zu sein ist für mich die Grundvoraussetzung, um erwachsen sein zu können. Das wiederum ist für mich die Grundvoraussetzung, um differenziert wahrnehmen zu können, wer und wie viele in mir gerade Panik haben und wieso. Um es dann in einem weiteren Schritt trösten und versorgen zu können.

Insgesamt hilft es mir dann schon auch mal kurz aufzustehen. Oder eben nach Innen zu sprechen. Wenn ich mich denn soweit sortiert bekomme.
Voraussetzung ist es möglichst wach und klar zu sein. Jedoch kann ich dann schlecht einschlafen und das ist wiederum wichtig, um am Tag 'funktionieren' zu können.
Dabei versuche ich mir aber auch schon zu sagen, dass selbst wenn ich nicht so viel schlafe, dass ich mich dann immerhin ausruhe. Und meist kommt der Schlaf dann auch besser (wieder zurück).
Ich denke durch Ausprobieren finde ich da auch schon meinen Weg. Die Nächte waren jetzt auch etwas besser.

Heute habe ich nochmal nach Innen gefühlt. Da ist (wieder oder immer noch) ganz stark diese Traurigkeit, diese absolute Verzweiflung darüber so haltlos gewesen zu sein. Haltlos in der Welt. Kein sicheres Zuhause. Kein Zuhörer. Keiner, der tröstet. Gefühle verboten. Allein mit all dem Schmerz. So etwas kann ein Kind nicht tragen.
Dann die Frage wie ich mich stattdessen heute fühlen möchte. Ich denke ich hätte gerne diesen Halt in mir selbst. Wenn ich mich in mir selbst gehalten fühle, dann bin ich nicht von dem Halt im Außen komplett abhängig. Dann kann ich selbst entscheiden, was und wie viel ich im Außen annehme, ohne dass ich darum kämpfe. Weil ich nicht darum kämpfen muss, weil ich mir selbst den Halt geben kann.
Irgendwie so...

Und vielleicht ist dann irgendwann gleichzeitig nicht mehr so viel Angst vor Vertrauen da... vor dem Fall... vor dem Aufprall.
Weil ich immer weiß, dass ich mich selbst habe.
Irgendwie so...

Das ist noch nicht so im Gefühl angekommen. Aber manchmal ein bisschen schon.
Ich glaube es wird umso deutlicher, je mehr es mir (in kleinen Schritten) gelingt mich in der Gegenwart für mich, für meine Grenzen, für meine Bedürfnisse, für mein Leben einzusetzen.
Das kommt dann im Innen an. Und Bewusstmachen und nochmal bewusst Innen zeigen hilft dabei auch.

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Aufatmende »

Vielleicht funktioniert, dem Kind in dir nachts zu sagen, dass du es am liebsten trösten würdest und dann weiter schlafen, und dass es zum Zeitpunkt x: Beim Frühstück, noch 2mal schlafen, usw. ,So dass ein kleines Kind es versteht, erzählen oder zeigen darf, was es erlebt hat, dass du sie am liebsten in den Arm nehmen würdest oder was auch immer passt. Dann brauchst du nicht wach zu werden, hast aber die Absicht gewürdigt.
Bei mir hat das leider fast nie funktioniert; ich bin meist aufgestanden. Dann wurde es wenigstens klar und ich habe mir nicht mehrere Nächte hintereinander um die Ohren geschlagen.

Nachts in der Gegenwart orientieren: vielleicht vor dem Einschlafen alle Sinne durchgehen und das Gleiche wiederholen, wenn du aufwachst?
Auf einen Zettel schreiben oder Symbole malen oder Anker wie einen Engel, einen Igelball auf den Nachttisch legen? Versuch macht klug. Was beim ersten Mal nicht geht, geht vielleicht beim 5. Mal.

Wer ist traurig? Die Erwachsene? Was macht die Erwachsene fröhlich oder tröstet sie?
Oder ist das Kind in dir traurig? Kannst du das erreichen? Womit? Meine Therapeutin sagt immer, die positive Absicht zählt, nicht das Ergebnis.
Evtl. Kannst du dir auch in der Verwandtschaft, auf dem Spielplatz ein Modell holen, wie man ein reales Kind tröstet und nach Innen kommunizieren, dass du nach einem Weg für die Kleine suchst. Nachts imaginativ schaukeln hat mir sehr oft geholfen, nur nicht mit schaukelnden Bewegungen, dann habe ich mich voll in die Dissoziation geschaukelt.

Wenn ich das so aufschreibe, macht es etwas mit mir. Da sind kleine Innenkinder, die von ihrem Spiel aufschauen und mich anlächeln, von denen ausgeht, dass sie wirklich in Sicherheit sind und nichts von mir brauchen, weil ich sie versorgt habe. Sie sind noch da, sie werden auch wieder Angst haben, aber sie vertrauen mir.
Es hat soooo lange gedauert, bis ich da war, es kann in der nächsten Nacht kippen, aber ich kann mir Erwachsenen vertrauen, dass ich mich trösten kann und dem Bedürftigen in mir zuhören.
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Aufatmende,
vielen Dank für deine Antwort.
Vielleicht funktioniert, dem Kind in dir nachts zu sagen, dass du es am liebsten trösten würdest und dann weiter schlafen, und dass es zum Zeitpunkt x: Beim Frühstück, noch 2mal schlafen, usw. ,So dass ein kleines Kind es versteht, erzählen oder zeigen darf, was es erlebt hat, dass du sie am liebsten in den Arm nehmen würdest oder was auch immer passt. Dann brauchst du nicht wach zu werden, hast aber die Absicht gewürdigt.
Ich werde es mal ausprobieren und schauen ob und wie gut es möglich ist.
Nachts in der Gegenwart orientieren: vielleicht vor dem Einschlafen alle Sinne durchgehen und das Gleiche wiederholen, wenn du aufwachst?
So ähnlich versuche ich es bereits. Es funktioniert gut, wenn nichts Unvorhergesehenes eintrifft, worauf ich mich vor dem Einschlafen nicht schon vorbereitet habe.
Wer ist traurig? Die Erwachsene? Was macht die Erwachsene fröhlich oder tröstet sie?
Oder ist das Kind in dir traurig? Kannst du das erreichen? Womit? Meine Therapeutin sagt immer, die positive Absicht zählt, nicht das Ergebnis.
Es ist das Kind:
Heute habe ich nochmal nach Innen gefühlt. Da ist (wieder oder immer noch) ganz stark diese Traurigkeit, diese absolute Verzweiflung darüber so haltlos gewesen zu sein. Haltlos in der Welt. Kein sicheres Zuhause. Kein Zuhörer. Keiner, der tröstet. Gefühle verboten. Allein mit all dem Schmerz. So etwas kann ein Kind nicht tragen.
Dann die Frage wie ich mich stattdessen heute fühlen möchte. Ich denke ich hätte gerne diesen Halt in mir selbst. Wenn ich mich in mir selbst gehalten fühle, dann bin ich nicht von dem Halt im Außen komplett abhängig. Dann kann ich selbst entscheiden, was und wie viel ich im Außen annehme, ohne dass ich darum kämpfe. Weil ich nicht darum kämpfen muss, weil ich mir selbst den Halt geben kann.
Irgendwie so...


Ich war über die Feiertage bei Menschen, die ich nicht kannte. Und die Erfahrung, von unbekannten Menschen herzlicher aufgenommen worden zu sein als es von eigener Familie je möglich war und auch nie möglich sein wird... das ist schmerzhaft.
Gleichzeitig sehe ich es als enormen Fortschritt. Den Schmerz zuzulassen. Und auch das Angenommensein durch andere. Wenn es auch nur für diese begrenzte Zeit war und es fraglich, vielleicht unwahrscheinlich ist, dass das nochmal in diesem Rahmen geschieht, gibt es doch die Chance, dass es mit Menschen allgemein für Momente möglich sein kann.

Ich glaube die Grundvoraussetzung dafür diese durchaus positiven Momente anzunehmen, zuzulassen und als diese zu erkennen bzw. zu empfinden, ist, dass auch der Schmerz erlaubt ist.
Ich glaube nur, weil ich so langsam beginne den Schmerz über das, was nie war, was nicht ist und über das, was nie sein wird zuzulassen, nur deshalb kann ich kleine positive Momente als diese annehmen. Bisher ist dies doch immer von Angst oder Wut überlagert worden.
Angst vor zu viel fühlen, Angst vor dem Schmerz, der aus der Vergangenheit kommt. Wut, um die Angst zu unterdrücken und vor allem Wut, um sich niemals wieder so verletzlich und einsam, verloren und ausgeliefert fühlen zu müssen wie früher, wie immer.

Doch je mehr ich mich schrittweise den Gefühlen der Kleinen zuwende, ihnen das Gefühl gebe damit nicht mehr allein zu sein, es selbst schrittweise halten zu können, desto mehr löst sich dieser innere Kampf.

Das ist kein linearer Weg... Wäre schön. Aber zumindest ist es ein Anfang. Eine Momentaufnahme in die richtige Richtung. Zumindest fühlt es sich für mich so an.

Am Körper merke ich, dass die letzten Tage doch auch irgendwie sehr anstrengend waren. Wieder ständig Schmerzen und so sehr müde... Das geht insgesamt schon so lange so und ist unglaublich kräftezehrend.

Ich hoffe, ihr seid soweit gut über die letzten Tage gekommen. Ich weiß, dass diese durchaus sehr dunkel sein können.

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Und auch nochmal wahrnehmen und den Schmerz darüber spüren, nie diese Sicherheit gehabt zu haben...

Wenn ich heute andere sehe, wie liebevoll sie mit ihren Kindern umgehen. Das ist schön. Das ist Geborgenheit.

Und im Nachgang kommt der Schmerz. Der Schmerz darüber das nie gehabt zu haben.
Wenn eine Tasse aus Versehen umgestoßen wird und in mir sich alles zusammen zieht, auf das Donnerwetter vorbereitet. Auf das Weinen und Schreien danach. Wenn das aber ausbleibt und die Tasse einfach ruhig wieder hingestellt und die Flüssigkeit in Ruhe weg gewischt wird. Kein Schimpfen, noch nicht einmal ein genervtes Seufzen. Sondern Geduld. Sicherheit.

Und das ist nur ein winzig kleines Beispiel aus einem winzig kleinen Bereich.
Andere kleine Beispiele: Wenn Privatsphäre geachtet wird, wenn sicher und liebevoll gekuschelt wird, wenn gespielt und sich wirklich mit Interesse beschäftigt wird.

Winzige Beispiele aus der gelebten Realität einiger.
Wie anders war doch meine Realität...
Wie komplett anders.

Überlebensmodus jederzeit. Gefühle und Bedürfnisse anderer frühzeitig wahrnehmen und sich darum kümmern. Eigene Gefühle und Bedürfnisse komplett abschalten.
Schmerzen abschalten. Erinnerungen abspalten.
Funktionieren. Für andere.

Sicherheit gab es nie.

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Trigger




In mir die Fragen, wie es sein kann, dass ich das alles aushalten musste...

mit ansehen, was mit anderen gemacht wurde...
wie sie ... und ... und dann sogar ... wurden.
:cry:
was ich selbst für grauenvolle Dinge mit anderen tun musste...
:cry:
wie ich immer wieder nicht gut genug war...
:cry:
und wie sie dann ... mit mir und mit den anderen.
und wie dann andere ... und ... und sogar ... wurden.
und wie sie mich dann ...
:cry:

und wie ich mit allem ganz alleine war
:cry: :cry: :cry:
immer wieder und immer so alleine...
dabei waren da so viele andere
jeder war für sich alleine... irgendwann... wurden wir alle so gemacht...
so zerbrochen, um damit alleine zu sein...
...

Und gleichzeitig der Wunsch nach Liebe, nach Nähe, nach Vertrauen, nach Familie, nach Geborgenheit, nach Sicherheit.
Aber. Nein. Gab. Es. Nicht.
Nicht. Für. Mich.
Schmerz.
:evil: :cry: :cry:



Trigger Ende


Puuh... das ist immer noch da... In mir drin.
Wie kann ein Kind das überleben?
Abspalten, schon klar... und dann?

Nach Luise Reddemann kann man sich komplette innere Welten selbst erschaffen und das kann zur Heilung beitragen. Ich habe mir schon sehr früh solche Welten ausgedacht... Aber... keine Ahnung...

Vielleicht hilft es erstmal nur wahrzunehmen. Wahrnehmen und hinspüren, zumindest ab und zu.

Ich bin da und ich sehe dich.

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von AnniPet45 »

Hi A.Rhiannon,

Das liest sich sehr sehr schlimm. Ich weiß nicht, wie man so etwas aushalten konnte. Das frage ich mich auch oft.

Ich hatte früher auch so eine ausgedachte innere Welt. Und zwar in so einem Ausmaß, dass ich heute Probleme habe, auseinander zu halten, was Erinnerungen an die Realität und was Erinnerungen eben an diese innere Welt sind.

Ob das zur Heilung beiträgt, weiß ich nicht. Aber zum Überleben hat es meines Erachtens auf jeden Fall beigetragen.

Ich wünsche dir, dass du den Abend einigermaßen überstehst und es morgen wieder etwas besser ist.

Anni
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Anni,

das ist so lieb. Vielen Dank für deine Rückmeldung und die lieben Worte.
Bin gerade sehr gerührt irgendwie. Und im Innen spüre ich es auch... Es tut mir leid, dass du Ähnliches kennst. Und gleichzeitig fühlt es sich weniger allein an.
Und irgendwie ist es ja auch gut eine solche innere Welten (gehabt) zu haben...

Dir auch alles Gute,
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Trigger





Ich will zu meiner Mama.
:cry: :cry: :cry: :cry:

Immer wieder bitterlich weinend dieser Satz.

Diese riiieeesige Sehnsucht...

Und dann aber auch wie eine Art Blockade... Zu welcher Mama sollen wir schon gehen... Die beschützt uns eh nicht.

Zu viel Schmerz.

Also müssen diese Gefühle blockiert werden. Dürfen nicht sein.

Und dennoch ist der Wunsch so sehr da. Auch wenn tief verborgen.

Ich will eine Mama...
:cry:

Eine, die beschützt und mich bedingungslos liebt. Eine, für die ich wirklich wichtig bin und die mich das wirklich spüren lässt.

Also das wollen die Kinder im Innen. Ich aber irgendwie auch... Ich weiß nicht...

Die Kleine, die dieses absolute Grauen immer wieder erleben musste, wünscht sich das auf jeden Fall.
Es ist die Kleine, die aber auch von der Mutter so viel Gewalt und überhaupt keinen Schutz erlebt hat...

Puuh weiß nicht, ist irgendwie schlimm da hinzufühlen.

Die Kleine weint und schluchzt und schreit wie am Spieß. Ist nicht zu beruhigen... will einfach eine Mama...
Vielleicht ist es nicht so leicht zu trösten. Vielleicht geht es vor allem auch erstmal ums Wahrnehmen...

Ist schwer...

Darf es vielleicht auch sein...

A.Rhiannon

Ergänzung

Es soll aber auch irgendwie nicht nur irgendeine Mama sein. Es soll unsere sein. Wir wollen von unserer geliebt und gern gehabt werden. Wir wollen unsere Mama...
:cry: :cry: :cry: :cry:


Aber das geht nicht.
Tut mir so sehr leid.
Es geht nicht...

Es ist nicht unsere Schuld.
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Pianolullaby
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Pianolullaby »

Kannst Du eine Mami für diese Kleine sein?
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