mehrere Täter

[Aufatmende]

Atmest du gerade wirklich noch auf?
Es gibt ein Lied: kommt, stmet suf, ihr sollt leben. Ihr müsst nicht mehr verzweifeln, nicjt länger mutlos sein. Gott hat uns seinen Sohn gegeben, mit ihm kehrt neues Leben bei uns ein. Das klingt nei diesem Namen mit, deswegen habe ich ihn gewählt und weil ich leidenschaftlich gerne singe. Entstanden ist er in einer Zeit, wo ich lange gebraucht habe, um "waterboarding" unter die Füße zu bekommen

Es ist echt unfassbar schlimm nach so vielen jahren mitzubekommen was solange in einem gespeichert ist, was so viele getragen haben.
Ich hatte schon 2 Kinder, als ich überhaupt die ersten Erinnerungen gehabt habe, weil es da das erste Mal in meinem Leben im Außen sicher war. Ich glaube, ich habe so viel wiedergefunden, weil ich eine stabile therapeutische Beziehung habe und in den letzten Jahren, weil die Schmerzen on meinem alternden Körper triggern.
Mir geht es so dass ich nicht weiss wie ich jemals damit leben soll. Ich meine, ich atme, existiere, gehe zur Arbeit und zur Therapie. Nur mit leben hat das nichts zu tun. Weder für mich noch natürlich für die innenpersonen.
Ich lebe ja schon mein ganzes Leben damit. Es ist Teil meiner Persönlichkeit. Meine Lebensqualität ist durch Therapie kontinuierlich gestiegen. Ich bin in der Regel leistungsfähig. Es ist nur alles sehr anstrengend. Und es gibt Tiefflüge. Die schlagen sich halt besonders im Forum nieder
Wie kann man leben wenn so viele t*t sind?
Weil man keine Wahl hat und nicht gefragt wird. Das golt auch für den Krieg oder für Naturkatastrophen oder schwere Krankheiten.
Wie soll man leben wenn man weiss wie unendlich grausam Menschen sind?
Weil man täglich die Wahl hat, es eben anders zu machen, konsequent die eigenen Ressourcen und die anderer zu suchen und sein Handeln von Gemeinschaft und Wertschätzung bestimmen zu lassen.
Wie kann es angesichts dessen einen guten G*tt geben?
Das weiß ich nicht. Ich lese gerade das ganze Buch Hiob. Da gibt es jedenfalls die gleichen Fragen. Ich weiß nur, dass er da ist, ob es mir gefällt oder nicht. Und dass er den Menschen aus welchen Gründen auch immer die Freiheit gegeben hat, sich für das Gute oder das Böse zu entscheiden. Momentan kann ich so gut wie nicht beten. Das ist für mich eine wichtige Ressource, die fehlt jnd macht alles zusätzlich schwierig.
Wie kann man leben in einer Welt die rg massiv verleugnet und das jeden Tag weiter geht?
Weil sie schon immer so war. Weil ich mit einem Teil meines Geldes für eine bessere Welt einstehen kann, z.B. bei einem Projekt der Kindernothilfe gegen Genitalbeschneidung in Somalia.
Wie kann man mit der überlebensschuld leben?
Das weiß ich auch nicht. Kognitiv weiß ich, dass die Täter die alleinige Schuld haben. Emotional ist es unerträglich. Egal, ob die Täter Morde inszeniert haben oder sie tatsächlich passiert sind. Selbst zur Täterin zu werden, das habe ich definitiv nicht verarbeitet. Und auch nicht das, was ich verloren habe.
Wieso durfte bzw musste man weiter existieren, wo so viele t*t sind?
Fromm gesprochen: weil Gott einen Plan für dein Leben hat. Zynisch gesprochen: weil man persönliches Pech gehabt hat.
Das sind Fragen auf die werde ich bis zu meinem letzten Atemzug kaum ausreichende Antworten finden.
Ich hoffe, es gibt eine Ewigkeit, in der ich sie Gott stellen kann und Gerechtigkeit.
Und ich kann kaum mit Menschen reden
Ich schon. Über die Jahre hinweg mit vielleicht einem Dutzend Menschen. Natürlich keine Details,
aber ich habe alles an Hilfe genommen, die ich kriegen konnte. Das hat auch die Menschen verändert, denen kch mich anvertraut habe. Sie sind sensibler und informierter gegenüber anderen Menschen geworden.
Welcher "normalen" Person sollte man solche Details erzählen?Details nicht, aber Überschriften.
Menschen aus dem Forum oder aus Kliniken. Und voneinander profitieren oder miteinander trauern oder wütend sein.
Und will man so etwas einem G*tt erzählen? Nein danke, kein Bedarf abgesehen davon dass es extrem triggert...
Ich tue es. Ich klage ihn an und hadere und zweifle. Aber es gibt auch Zeiten, wo mein Glaube die größte Quelle meiner Zuversicht ist. Obwohl die Täter Riten missbraucht haben. Gott missbraucht haben.
Was ein wenig hilft ist das wissen dass einige wenige Menschen das auch erlebt haben, aber "reden" kann man aus meiner Sicht unter betroffenen auch nicht weil es eben so massiv triggert.
Es führt auch zu nichts. Wenn meine Thera es weiß, reicht das. Da rede ich auch wenig, sondern schreibe das meiste. In der Therapie geht es darum, dissoziative Phobien zu überwinden.
Und ich wäre lieber heute als morgen tot. Ich finde das ist eine ganz natürliche Reaktion angesichts all dessen was wir erlebt haben. Alles andere wäre komisch. Es bringen sich jeden Tag tausende Menschen wegen "weniger" um.
Aber ich kann nicht mal darüber bestimmen.
Ich will nicht sterben. Ich will leben und heil werden. Heißt, alles an mir zu akzeptieren und mit allen in mir verbunden zu sein. Auch mit dem Zerbrochenen und Furchtsamen in mir.
vielleicht gibt es - seit diese ganze massiv sch bei dir hoch kam in den letzten Wochen - auch Anteile oder du, die mit meinen Gedanken etwas anfangen können und sich darin wieder erkennen. Und das ist manchmal so grausam es auch ist für uns ein moment des Trosts.
ja Eli, du hast mich getröstet. Ich hoffe, ich habe nicht zu fromm geantwortet. Mir ist ein Rätsel, warum ich meinen Glauben bei aller Anfechtung nkcht verloren habe.
Alles Liebe euch
Eli

Alles Liebe dir, Eli

[Aufatmende]

Anteile zu mir nehmen heißt ihre Gefühle verstehen und zwischen Vergangenheit und Gegenwart pendeln. Mit ihnen kommunizieren und gemeinsame Entscheidungen treffen. Einen Bereich für sie am sicheren inneren Ort finden. Uns nicht mehr voreinander fürchten.
Doch, die Gefühle werden anders. Sonst wäre die Therapie ja sinnlos.

[Aufatmende]

Ich habe Mitgefühl mit mir und ich kann mich selbst lieben, das ist das wichtigste.
Es gibt Ehemann, Kinder, Enkel, Schwestern.
Alle Menschen, die mir nahe stehen, wissen Überschriften. Meine Ärzte und Physiotherapeutinnen wissen Überschriften.
Nichts Genaues, wozu auch, aber dass ich viele Jahre sexualisierte Gewalt und Sadismus erlebt habe.
Es gibt eine Reihe Menschen, denen ich mich über die Jahre anvertraut habe und die mich mit "Kopf unter dem Arm" kennen. Ich habe in der Tat viel Liebe und Mitgefühl erlebt und auch selbst gegeben in anderen Kontexten.

"Jemand" spüre ich, aber das heißt nicht, dass ich sie auch handeln lasse.

[eli]

liebe aufatmende,

danke für deine antworten.
ich denke jeder mensch geht anders mit all diesen Erfahrungen um oder ist je nach inneren und äußeren Ressourcen und Umständen in der Lage damit umzugehen.
Auch ich Eli, von Anteilen ganz zu schweigen, kann das an vielen Stellen (noch) nicht so "friedlich" und "vernünftig" sehen, aber ich glaube, das hast du ja schon gemerkt, ich finde teilweise weichst du den Fragen auch etwas aus...(z.B. hier:Ich lebe ja schon mein ganzes Leben damit. Es ist Teil meiner Persönlichkeit. Meine Lebensqualität ist durch Therapie kontinuierlich gestiegen. Ich bin in der Regel leistungsfähig. Es ist nur alles sehr anstrengend. ..ist doch bei mir ganz genauso.. und beantwortet doch nicht meine Frage...)

Aber auch das ist okay, das sollten ja nur Impulse sein, keine Abfrage. Und ich habe auch das Gefühl, du kannst deine Mtmenschen anders erleben, spürst da vielleicht Nähe und Verbundenheit. Ich habe es auch noch nicht ausprobiert, ich habe niemanden außer Thera und einer Freundin, die sich ja daraufhin verabschiedet hat, von der rg, auch nur als Überschrift ,erzählt, werde ich auch nicht mehr tun nach dieser üblen Erfahrung. Auch weil in meiner Wahrnehmung eh nicht gefühlt werden kann, was das bedeutet. Ich fühle mich eigentlich nur menschen nah, die es selbst erlebt haben.

"Weil man keine Wahl hat und nicht gefragt wird."... Das hat dann aber aus meiner Sicht nichts mit "leben" zu tun, sondern dass man dazu verdammt ist zu existieren, wenn man einen Suizid nicht schafft...

"Weil man täglich die Wahl hat, es eben anders zu machen, konsequent die eigenen Ressourcen und die anderer zu suchen und sein Handeln von Gemeinschaft und Wertschätzung bestimmen zu lassen." Ich glaube dass du das wirklich so leben und fühlen kannst. Für mich/uns klingt das wie aus einem nicht besonders guten Lebensratgeber. Und ja ich versuche das auch, suche mir liebevolle Menschen aus, engagiere mich, suche gute Momente...aber trotzdem bleibt es tief unten..es ist nicht auszulöschen. Rg passiert jeden Tag weiter. Meine Optionen da gegen zu halten sind da, aber ziemlich beschränkt...das alles finde ich schrecklich...

weil es schon immer so war, kann man doch nicht einfach so weiter machen..das finde ich ganz schwierig. nur weil ich mich für irgendein soziales projekt engagiere, hat das ja nichts damit zu tun, dass rg aufhört oder weniger wird oder so. das ist irgendwie wie wenn man sagt ich hab keine beine mehr und ich kann nicht mehr marathon laufen, also mach ich jetzt für den Oberkörper fitness.. ja kann man machen, ändert aber nichts dran dass meine Beine fehlen, jeden Tag schmerzlich...

ich glaube nicht das gott exitiert und einen plan hat. denn das hieße dann genauso er hat einen plan für kleine kinder und kinder und jugendliche und junge erwachsene, dass sie gefoltert und get+tet werden...oh ja da kann man dann sagen da hatte er dann keinen einfluss...was für eine milchmädchenrechnung. für das überleben ist er zuständig, für den tod sind andere zuständig? nein, das ist mir zu einfach. entweder er ist machtlos oder er ist nicht da oder er ist auch für all die folter zuständig. niemand kann einem sagen, was davon der fall ist..also lasse ich das thema...

ja natürlich werden gefühle anders... man kann anteile verorten und beruhigen, aber genauso wie ich niemals "eine" person sein werde, wird etwas sehr zerstörtes bleiben..für immer. was am ende nicht zu heilen ist. davon bin ich überzeugt. genauso wie shoa überlebende am ende auch ein stück zerstört bleiben, vielleicht jeder mensch, der jemals vg wurde...und die frage ist, ob man damit leben will und/oder kann...


mmh soweit mal meine gedanken.
eli

[Aufatmende]

Ich hab keine Beine mehr und mache jetzt Oberkörper Fitness. Wahrscheinlich der beste Weg, siehe Samuel Koch oder den Sportlern bei den Paralympics. Das Beste daraus machen. So oder so jammern wir auf hohem Niveau, weil wir in einem der reichsten Länder der Welt und in Freiheit leben.
Wer vor Hitze nicht schlafen kann und hungert oder in einem Flüchtlingslager lebt, kann wohl kaum unsere Probleme nachvollziehen. Das mindert nicht das persönliche Leid, motiviert mich aber, die Schritte zu gehen, die mir möglich sind, ehrenamtlich, finanziell. Um als Tropfen auf den heißen Stein die Welt ein wenig lebenswerter zu machen.

Das ist vielleicht der entscheidende Unterschied zwischen uns. Weil ich "weiß", spüre, erlebe, was auch immer für ein Wort, dass Gott existiert und mich liebt und ich mit ihm ringe und hadere, habe ich Hoffnung. Hoffnung auf Heilung und auf ein besseres Leben, wie auch immer es aussieht in der Ewigkeit. Und Gottes Gerechtigkeit ist dann ohne Strafe für die Täter auch nach ihrem Tod nicht denkbar und lebbar für mich.
Heilung heißt dann, das Beschädigte in mir annehmen.
Ich habe lange mit alten Menschen gearbeitet. Diejenigen, die ihre Einschränkungen angenommen hatten und viele Soziallontakte hatten und Familie und einen Sinn in ihrem Leben hatten, waren am zufriedensten, außer sie hatten unerträgliche Schmerzen oder waren durch dementielle Veränderungen verängstigt.
Ich kann nicht ungeschehen machen, was ich erlebt habe, ich kämpfe zurzeit um Stabilität und kann nicht behaupten, dass es mir gut geht. Aber ich habe Zuversicht durch meinen Glauben. Auch wenn der Boden unter meinen Füßen wankt.

[Eli]

Ja da hast du recht, das ist der unterschied.
Ist mir schleierhaft wie du noch an so einen gott glauben und dadurch hoffnung bekommen kannst.

Aber wenn es beim leben hilft ist es ja okay. Weniger schädlich als süchte etc.
Und ja vielleicht wünschte ich ich könnte es noch. Hatte mal einen sehr festen glauben. Aber schon beim gedanken daran bekommt der körper extreme schmerzen. Das ist für immer vorbei.

Alles gute dir
Eli

[Aufatmende]

Ääh, Sucht ist dennoch da.
Ich Kämpfe mit Übergewicht und Essen ist für mich das Mittel schlechthin. Um Stress zu regeln, insbesondere mit Schokolade.

[Eli]

Ich habe ja nicht gesagt dass keine sucht da ist.
Sehe glauben aber mittlerweile ähnlich wie schon freud vor 100 jahren als eine art symptom...
Aber das ist ein anderes thema.

Eli

[Aufatmende]

Mir ist auch schleierhaft, wieso ich noch an Gott glauben kann. Und der erbitterte Widerstand aus dem Innen ist alles andere als spaßig. Vor allem, weil ich eben auch ehrenamtlich tätig bin und das nicht mal so eben hinwerfen kann.

Meine Therapeutin sagt, es hat überhaupt keinen Sinn, am Essverhalten zu arbeiten, weil das nur zu Suchtverlagerung führt. Handydaddeln ist schon problematisch und Alkohol wäre es auch, wenn da nicht bei mir der absolute Ekel nach dem 1. Glas einsetzen würde....

[Aufatmende]

Noch eine Nacht mit Unaussprechlichem, Beschämenden, Ekligen.
Schlimmer geht immer.
Ich will nicht mehr.
Nur Ruhe, nur Schlafen....

[(b)Engelchen]

Liebe Aufatmende, ich hoffe, es wird wieder besser.

[Aufatmende]

Es wird nicht besser. Immer noch neues Unaussprechliches. Ätzende Körpererinnerungen und ein Maß an Zerstreutheit, das nicht mehr lustig ist.

[Eli]

Hallo aufatmende

Bitte mach alarm bei der thera.
Das geht nicht dass du das alles allein aushalten musst.
Und bitte bitte die anteile etwas zu stoppen. Es wird gesehen aber nicht alles auf einmal. es ist wichtig dass es nicht zu krass für dich ist.

Alles gute dir
Eli

[Aufatmende]

Ich hatte gestern Therapie. Wir haben nur die halbe Strecke geschafft und es hätte alle Zeit mehr nicht gereicht. Weil ich auch das noch wiederfinden musste. Jetzt muss ich eben 2 Wochen warten. Ihr Plan ist dicht und ich hatte schon eine eingeschobene Sitzung....

[Eli]

Ok mist
Wenn es hilft schreib eine pn.
Ich lese sie schahffe aber antworten vermutlich erst montag.

Ganz viel kraft. Ich weiss wie uferlos und sch es ist. Wie unfassbar unerträglich.