Würde gerne versuchen im Studio mit Boxsack meine Wut abzureagieren - habe aber zugleich Angst davor das auszuprobieren

[Morrli]

Hallo zusammen,

leider ist es so, das ich noch grosse Wut auf den Täter habe, obwohl ich den gar nicht mehr sehe, weil ich durch die Erlebnisse so viele Störungen entwickelt habe, das ich weiss, das ich nie ein normales Leben werde führen können. Und eben das macht mich so wütend, das ich wegen seinen Taten, lebenslang jetzt mit diveresen psychischen Erkrankungen leben muss.

Und ich merke immer mehr das ich mal runterkommen sollte, und irgendeinen Weg finden sollte, wie ich meine Wut mal rauslassen kann, da ich permanent nur noch unter Strom stehe, also angespannt, gereizt usw bin, und dieser Zustand ist auch für mich selber auf Dauer sehr anstrengend und nervenaufreibend.

Was ich auch merke ist, das ich es nicht allein schaffe mich soweit zu überwinden, das ich mal raus gehe in den Wald und losschreie, weil ich mich das nicht traue, und dann immer noch denke jemand könnte es hören.

Ein Boxsack für zuhause wo ich draufkloppen kann, glaube ich würde ich auch nicht schaffen, da ich mich zuhause generell schlecht aufraffen kann in Aktion zu kommen, und obendrein dann noch denke, die Nachbarn könnten es hören.

Daher sehe ich, das ich dabei wohl Unterstützung bräuchte.

Bei mir in der Umgebung gibt es nur eine Anlaufstelle, wo sich Leute hinwenden können, die wo sexuelle Gewalt erlebt haben, und diese haben ja oft auch ein Boxsack da, wo man mal seine Wut rauslassen kann.

Ich habe dort ein Termin vereinbart und war einmal dorten. Leider hat es zwischen der Beraterin/ Betreuerin und mir leider von der Chemie gar nicht gepasst, ich habe nur festgestellt, das ich mich ihr gar nicht öffnen kann, weil mich irgendwas an ihr abschreckt, mir eher Angst macht. Und leider gibt es in der Anlaufstelle nur diese eine Beraterin, daher war auch kein Wechsel möglich, und somit bin ich nicht mehr hin.

Da es ja auch Fitnessstudios oder ähnliches gibt, wo Boxsäcke hätten, oder Kickboxen,wo ich öftes höre das das nicht schlecht sein soll, bin ich am überlegen, ob ich irgendwas in diese Richtung gehend mal ausprobieren sollte.

Mein Problem ist, einerseits würde ich es gerne versuchen, und auf der anderen Seite denke ich mir, damit ich mir das traue, und nicht dort auch gleich wieder weglaufe, müsste, ich wohl schon einen sehr einfühlsamen Trainer kriegen, der nicht gleich genervt ist, wenn ich ängstlich bin, oder mich tollpatschig anstelle, und vielleicht auch bisschen brauche, bis ich mich überwinden kann.

Wegen all diesen wäre es mir lieber gewesen, das eben im geschützten Rahmen, also der Anlaufstelle zu machen, und habe natürlich deshalb erhofft, das ich mit der Betreuerin dort gut klar komme, aber der Plan ist ja leider gescheitert, also sehe ich, das mir wohl nur die Wahl habe zwischen mit meiner Wut weiterzuvegetieren, oder mich zu überwinden und in ein normales (Fitness)Studio zu gehen, wo man das mal ausprobieren könnte.

Mein Problem ist auch, das ich bei Fremden aus Angst erstmal Kleinlaut rede usw. womit man mich natürlich noch weniger ernst nimmt, erlebe ich oftmals bei `Ärzten, bis auf ein paar Ausnahmen (die trotzalledem kompetent gegenüber mir bleiben), die wo mir noch etwas Resthoffnung geben.

Und ich habe irgendwie immer das Bild im Kopf, das der Trainer erwarten wird, das eine Erwachsene, selbstbewusste Frau rein kommen wird, wo total motiviert ist, und gleich loslegt, und alles gleich kapiert usw.

Und denke dann, das dieser wahrscheinlich enttäuscht ist, wenn ich Häufchen Elend reinkomme, wo wahrscheinlich auch erstmal noch eher kritisch, ängstlich, gehemmt usw. dreinschauen wird, da es für mich ja erstmal viel Überwindung kostet, das überhaupt zu probieren, und somit mein Angstanteil leider deutlich grösser ist, als der Motivationsanteil wo den Mut hat es zu wagen.

Denkt ihr meine Angst und Bedenken bezüglich der Trainer ist berechtigt?

Oder denkt ihr das da diverse Leute hingehen, wo von total verklemmt und schüchtern bis total extroviert alles dabei sein wird, sodass die Trainer evtl. erstmal unvoreingenommen abwarten, wer da rein kommt, und sowas wie mich evtl. auch schon gewohnt sind, und im Besten Fall vielleicht auch noch locker mit solchen Leuten wie mir umgehen können?

Wollte euch deshalb mal Fragen, wie ihr mit der Wut umgeht, ob ihr in den Wald geht und es rauschreit, oder ob ihr euch mithilfe von nen Boxsack abreagiert und ob euch das hilft?

Und falls ihr zufällig in ein normales Studio gehen solltet, würde mich Interessieren, wie bei euch die Trainer so waren?

Danke fürs lesen, freue mich überAntworten.

[nochnemanu]

Hi, ich gehe in ein sozusagen normales Kampfsportdojo. Und bei uns jedenfalls würdest du überhaupt nicht auffallen oder von irgendwem schräg angeguckt werden.
Unser Dojo bietet für Interessierte einmal die Woche ein "Schnuppertraining" an und da schlagen Leute wirklich aller Bevölkerungs- und Altersgruppen und mit unterschiedlichsten Temperamenten, Persönlichkeits- und Körpertypen etc. auf.
Leute, die zum Schnuppern da sind, können beim Training mitmachen, soweit sie sich dazu in der Lage und damit wohl fühlen. Wem irgendwas zuviel wird, der schaut einfach vom Rand aus den anderen zu. Das ist nicht ungewöhnlich auch nicht bei normalen (also Nicht-Schnupper-) Trainings.
Bei uns kann man zu diesem Trainingstermin einfach vorbeikommen oder vorher über Social Media oder per Mail Kontakt aufnehmen. Das machen, soweit ich es mitbekomme, auch viele. Vielleicht kannst du das Studio, das du dir ausgeguckt hast, ja auch vorher schon mal kontaktieren.

Ich bin damals einfach hingegangen. Zuerst ausserhalb der Trainingszeiten, um mal das Gebäude und die Gegend anzuschauen und dann habe ich es "einfach" gewagt. Tatsächlich hat mich das damals auch große Überwindung gekostet, aber die hat sich wirklich sehr gelohnt!
Bei uns gibt es zwar keinen Boxsack, auf den man einschlagen könnte, aber man kann sich super auspowern und in einem Rahmen mit sehr klar definierten Grenzen in durchaus auch engen körperlichen Kontakt gehen und mit einem oder auch mehreren anderen Menschen kämpfen. Damit fängt man natürlich nicht an, sondern tastet sich schrittweise über Jahre hinweg heran und bestimmt jederzeit selbst, wie weit man in dem Moment gehen möchte. (Sobald der Trainingspartner Stop signalisiert, ist natürlich auch sofort Schluss.)
Das kann zwar immer wieder mal sehr herausfordend werden, aber ist auch ungeheuer spannend! Man lernt enorm viel. Über sich. Über Dynamiken. Über Reaktionsmöglichkeiten. Und das ist keinesfalls nur auf körperliche Kampfsituationen beschränkt.

Wenns primär ums Wutabbauen geht, muss man natürlich sicherstellen können, dass man im Kontakt nicht eskaliert über die Grenzen des Trainingspartner hinaus. In dem Fall wäre Boxsack dann doch (zumindest erstmal) die Alternative der Wahl. Oder halt Übungen, die sich ohne Partner durchführen lassen. Da gibt es, je nach Kampfsportart und -stil auch genug.

Mein Rat wäre daher: Mut zusammenraffen und ausprobieren. Falls irgendwas nicht passt, kannst du die Sache jederzeit abbrechen und einfach wieder gehen. Schlimmstenfalls denkt dann vielleicht irgendjemand irgendwas komisches über dich, aber wenns, wie bei mir, gut läuft, hast du sehr viel zu gewinnen!

Also: Nur Mut!

[Silberlicht]

Du könntest mit den Suchwörtern "Therapeutisches Boxen" nach einem entsprechenden Angebot in deinem Umkreis suchen.

[nochnemanu]

Ich merke gerade, dass ich vorhin gar nicht auf deine Fragen nach dem Trainer eingegangen bin.
Bei uns begrüßt der neue Leute kurz, fragt, ob sie schonmal irgendeine Form von Kampfsport gemacht haben, was sie evtl. sonst so für Sport machen, ob es körperliche Einschränkungen, alte Verletzungen o. Ä. gibt und betont, dass sie auf ihre Grenzen achten sollen und nur soweit mitmachen, wie es sich für sie gut und stimmig anfühlt.
Er würde sicher registrieren, wenn du eher ängstlich und gehemmt wirkst, aber das ist, wie schon geschrieben, jetzt nicht so arg ungewöhnlich. Dass unser Trainer darüber enttäuscht wäre, glaube ich nicht. Lieber jemand, der erstmal zurückhaltend ist, als jemand, der nicht in der Lage ist, Grenzen wahrzunehmen.
Wahrscheinlich wären wir alle etwas vorsichtiger im Kontakt mit dir als mit jemandem, der sehr extrovertiert daherkommt.
Ansonsten wärst du ja einfach nur da, um dir das Ganze mal anzuschauen. Da hat niemand groß Erwartungen an dich.
Der Trainer würde dich, wie alle Neuen, natürlich während des Trainings besonders im Auge behalten, verstärkt Hilfestellungen geben und, falls du dich an den Rand setzt, fragen, wie es dir geht.
Im Anschluss würde er dich fragen, wie es dir gefallen hat und ob du nochmal kommen willst.

So liefe das bei uns im Dojo. Es kommen ständig alle möglichen Leute für Probetrainings vorbei. Viele davon sind ein bisschen nervös und stellen sich erstmal ungeschickt an. Das ist ganz normal. Und auch, wenn du wirklich besonders unsicher bist, sollte jemand, der ein Kampfsporttraining anleitet, damit umgehen können.
Unser Trainer könnte das ganz bestimmt. Der ist sogar mit mir klar gekommen und ich war wirklich sehr unsicher und auch zum Beispiel oft super schreckhaft und hab bei vielen Sachen ewig gebraucht, um sie zu kapieren und umsetzen zu können und ich habe mich oft an den Rand gesetzt und zugeschaut, ohne dass der Trainer oder sonst irgendwer da ne große Sache draus gemacht hätte.

Für dich mag das eine aufregend sein, wenn du das erste mal an einem Kampfsporttraining teilnimmst, für alle anderen ist es sehr wahrscheinlich ganz alltäglich. Mach dir da nicht zu viele Gedanken.

[Eli]

Hallo,

Also erstmal: wer sagt dir du wirst für immer psychisch krank sein? Das ist Quatsch.
Klar gibt es Grenzen aber das hast du eher bei MB über jahrzehnte, Dis, noch ewigem täterkontakt etc.

Hast du eine gute traumatherapie, mit der, wenn du stabil bist , emdr oder eine andere Methode der Trauma Konfrontation machst? Das wäre wichtig.
Dadurch lösen sich die allermeisten Störungen wie Depressionen oder ess Störungen oder zwänge etc auf wenn man die Traumata bearbeitet hat. Kenne einige Menschen wo das so war. Traumatherapie kann heute unfassbar viel. Man muss nur jemand gutes finden.

Empfehle dir die deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie. Und ja die Wartezeiten sind lang und ich fahr pro Strecke auch über eine Stunde öffis. Nicht toll aber es lohnt sich. Ich würde auch zwei Stunden fahren

Und zu deinem Thema: ich mache viel Sport..laufen Yoga und zu Not auch mal im Wald schreien oder ins Kissen hauen oder mit Kissen aufs Bett schlagen. Vielleicht ist das ein Anfang um sich so dem Boxsack anzunähern. Wenn es gerade noch zu viel oder zu kompliziert ist würde ich erstmal was anderes versuchen.

Was ich auch empfehlen kann sind gute Selbsthilfe Bücher und Instagram. Also dort Leuten mit komplexer PTBS folgen. Viele haben viele hilfreiche Tipps und viel Ermutigung parat.

Alles gute dir
Eli

[Besucherin]

Hallo,

manchmal hilft es auch schon in ein dickes Kissen zu boxen, es zu quetschen oder würgen und ein Kissen hast du bestimmt auch daheim.
Notfalls zwei Kissen übereinander.
So ein Kissen eignet sich auch super zum Wut hinein schreien, dämpft wunderbar die Lautstärke.


LG