Wieso jetzt???

Hier können Betroffene über ihre Erlebnisse diskutieren.
Emmi
Beiträge: 2
Registriert: So Feb 26, 2023 10:23 pm

Wieso jetzt???

Beitrag von Emmi »

Hallo,

Ich bin neu hier und momentan sehr verzweifelt!
Ich bin seit 1 1/2 Jahren in Therapie weil durch einen enormen Trigger mein Trauma wie eine große Welle über mich stürzte, das ich über Jahre erfolgreich verdrängen konnte! Niemals hätte ich gedacht, das mich meine Vergangenheit nochmal so einholen wird - es war einfach alles weg! Und das war gut so! Ich bin aus der Stadt raus, habe einen Job gefunden, dort mittlerweile meinen Mann mit dem ich zwei entzückende Kinder habe! Alles schien so perfekt! Zu allen den Kontakt gebrochen und nur ich und meine kleine heile Familie!
Doch dann kam 14 Jahre später der totale Flashback - Panik Attacken, Albträume, Schlaflosigkeit und zu allen Zeiten Flashbacks!
Warum gerade Jetzt wo doch alles so perfekt war und ich mich als „normalen“ Menschen fühlen konnte!?
Ich habe zwei Kinder für die ich mit voller Liebe da sein möchte, doch meine ptbs raubt mir so viel Energie und Kraft! Ich habe Angst, soviel Angst nicht die Mutter sein zu können die ich sein möchte!

Achtung Trigger!!!

Hier etwas meiner Geschichte!
Ich wurde das erste mal mit 13 von meinem St…Vater s…missbraucht. Schon beim ersten Mal wurde mir bewusst, durch seine Äußerung, das meine Mutter in Kenntnis davon ist.
Zuerst war ich unsicher doch schnell musste ich erfahren, durch öffnen der Zimmertür, das meine Mutter es wusste, unterstützte und später sogar ihm half Situationen zu arrangieren! Denn später kam irgendein „Freund“ von ihm dazu - diese Partys fanden dann aber nicht mehr zu Hause statt! Denn ich hatte auch noch zwei kleinere Geschwister, die seine leiblichen Kinder waren!
Mit 14 Jahren habe ich dann einen Suizdversuch unternommen, der nach einer Woche Koma (zum Glück wenn ich an meine Kinder denke) nicht funktioniert hat! Ich wollte raus, weg von allem und vor allem weg von mir! Der Ekel, der Selbsthass, die Vorwürfe mich irgendwann nicht mehr gewehrt zu haben - von all dem wollte ich einfach nur weg! Ich hatte auch niemanden, da meine „Familie“ wie ein schwarzer Packt immer zusammen hielt! Nach außen immer den hoch angesehenen Schein waren!
Danach wurde es eigentlich nur noch schlimmer! Bis ich 18 Jahre war, fanden abscheuliche und unaussprechliche Dinge statt! Ich kann nicht auf alles eingehen. Ansonsten kommt die Diss. und ich bin raus.
Ich wurde mit 17 Schwanger ( von Ihm oder seinen Freund weiß ich nicht). Meine Mutter erzählte beim Beratungsgespräch zur Abtreibung belächelnd wie unvorsichtig ich doch mit meinem Freund war. Bis dahin hatten sie mich so gebrochen, das ich nichts mehr von mir gab und still bejahend allem zustimmte was meine Mutter so sagte!
Wenn ich nicht funktionierte, bekam ich von ihr die Wut zu spüren!
Der Fötus wurde entfernt!
Mit 18 Jahren schaffte ich den Sprung - ich machte eine Anzeige und zog zu meinem leiblichen Vater. Meine kleine Schwester zurück zu lassen war zu dem Zeitpunkt das Schwerste für mich! Ich habe immer nur für sie gebetet und gehofft, das sie nicht zu seinem Opfer wird nur weil ich weg bin!
Natürlich verlief die Anzeige im Nichts, dazu war der Kreis der Verbündeten zu stark. Und wie nicht anders zu erwarten verlief es bei meinem Vater und meiner Stiefmutter auch nicht gut! Nach ganzen 2 Monaten wollten die mich schon wieder los werden. Zugegeben ich war schwer gestört - heute würde ich sagen traumatisiert!
Nach 3 Jahren - mir ist mein Leben egal - viel Alkohol und selbst gefährdetem Verhalten - machte ich einen Cut! Ich versuchte all mein vorheriges Leben zu vergessen und begann eine Ausbildung! Natürlich klappte es nicht auf Anhieb - aber es klappte nach Beerdigung der Ausbildung! Ich zog endlich raus aus der Stadt, war allein für mich und erfuhr Anerkennung in meinem Job! Ab da kannte ich mein altes Leben nicht mehr! Ich wurde Stärker und spielte das nicht vorhandene Selbstvertrauen so gut, das keiner merkte wie klein ich war!
Dort lernte ich auch meinen jetzigen Mann kennen! Ich konnte Nähe zulassen, lernte Vertrauen und alles war so wie ich geglaubt habe, das Beziehungen funktionieren!
Doch vor 1 1/2 Jahren kam durch ein Wiederauftreten meiner Erkrankung (Epilepsie) ein Flashback sondergleichen! Eine Neurologin sagte mir, ich müsste dauerhaft Medikamente nehmen! Die ersten zwei Tage gingen noch! Doch dann Boom Zack - Ich hatte meinen Suizid mit Medikamenten gegen meine damaligen Absancen gemacht und plötzlich war alles wieder da!

Ich habe eine gute Therapeutin und eine gute Hausärztin die mich sehr unterstützen - doch ich habe so Angst! Angst vor dem was ich an Bildern sehe, vor den Diss., vor den Albträumen und vor allem nicht mit aller Liebe für meine Kinder da sein zu können , weil all die Dinge so unendlich viel Kraft rauben!

Ich will wieder mein Leben Zurück, das ich mir allein aufgebaut habe! Meine Therapeutin ist erstaunt wie ich das geschafft habe und meint das dieses vergessen und verdrängen mir das Leben gerettet hat.
Aber jetzt funktioniert das wegdrängen der Bilder und Gefühle nicht mehr! Alles ist da als wenn ich jetzt noch 13 wäre! Ich schwimme in meinen Gefühlen und hab so große Angst keine gute Mama mehr sein zu können!

Ich musste jetzt einfach mal schreiben! Vielleicht kann das ja ein zusätzlicher Weg werden irgendwie damit umzugehen!

Danke fürs zuhören,

Emmi
Bugs
Beiträge: 233
Registriert: Do Jul 06, 2017 2:56 pm

Re: Wieso jetzt???

Beitrag von Bugs »

Wieso überhaupt?
Still unsigned
Eli

Re: Wieso jetzt???

Beitrag von Eli »

Hallo liebe Emmi

Deine Geschichte diese fünf Jahre klingen unfassbar schrecklich. Es tut mir sehr leid dass dir das passiert ist.
Aber super dass du die Therapeutin hast. Kennt sie sich gut mit Trauma aus? Lernst du dich zu beruhigen und zu stabilisieren?

Es kommt gerade jetzt weil es immer irgendwann kommt. Spätestens wenn deine Kinder dreizehn werden wäre es wahrscheinlich gekommen. Deine Psyche weiss wann es raus muss und raus kann. Weil es nicht mehr anders geht. Das ist wie ein Tumor der in einem ist. Der macht irgendwann auch schmerzen.

Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich bin sicher du bist eine gute Mama kennst du winnicott? Der sprach mal von der hinreichend guten Mutter. Und das ist auch wissenschaftlich bestätigt. Niemand muss perfekt sein und perfekt auf alle Bedürfnisse eingehen. Du machst das sicher gut.
Je nachdem wie alt die Kinder sind kannst du auch sagen der Mama geht es heute nicht so gut aber das liegt nicht an euch und ich kümmer mich darum dass es der Mama besser geht. Und ihr müsst nichts tun damit es der Mama besser geht. Weil spüren werden sie das eh.

Wegen der Dissoziationen...lernst du Methoden um besser damit umzugehen?

Ich wünsch dir alles Liebe und wenn du noch Fragen hast oder was erzählen magst tu das bitte.
Eli
Kathi89

Re: Wieso jetzt???

Beitrag von Kathi89 »

Hallo Emmi,

was du erlebt hast klingt wirklich schrecklich und tut mir total leid für dich. Es ist unfassbar schwer, wenn man von der eigenen Familie so ausgenutzt wird. Man hat so ein Urvertrauen und das wird einem einfach genommen. Der sichere Ort verschwindet. Ich habe Ähnliches erlebt und habe heute mit den gleichen Themen zu kämpfen. Ich habe drei kleine Kinder und habe das Gefühl total zu versagen, weil ich nicht für sie da sein kann wie früher, wie ich es gerne hätte, da ich völlig antriebs- und kraftlos bin und dieses eklige, schlimme Gefühl einfach nur abschütteln möchte.
Meine Therapeutin meinte, es wird immer ein auf und ab geben. Das Ziel ist es irgendwie damit zu leben, eine Balance zu schaffen zwischen dem normalen alltäglichen Leben und der Verarbeitung der Vergangenheit. Je mehr Verständnis wir für unsere schlechten Tage haben und diese einfach mal akzeptieren und vorallem ihnen auch den Raum dafür geben, desto erträglicher wird es. Es klappt bei mir leider auch nicht immer, aber ich bleibe dran und hoffe, dass es immer besser wird.

Ich hoffe, dass du einen Weg findest damit umzugehen, es lernst zu akzeptieren und deinen Gefühlen auch eine Art Berechtigung gibts.

Kannst mir gerne auch privat schreiben wenn du möchtest,

Liebe Grüße
Pianolullaby
Beiträge: 125
Registriert: Mo Mär 14, 2022 8:07 pm

Re: Wieso jetzt???

Beitrag von Pianolullaby »

Hmm, was mir noch aufgefallen ist.
Du hast das Wort Diss benutzt. Wofür benutzt Du es, als Abkürzung für Dissoziationen, dann bitte kürze mit Disso ab.
Weil die DIS ist eine eigenständige Diagnose, nämlich der Dissoziativen Identität Störung, ehemals multiple Persönlichkeit.
Dies ist unheimlich verwirrend.

Danke Dir erstmal dafür

Zum anderen. Flashbacks lassen sich nicht kontrollieren, und auch nicht bestimmen wann sie auftreten. In der Regel ist es so, dass es genau dann an der Zeit ist, sich der Dinge gewahr zu werden. Eben hinschauen zu müssen, und Du jetzt die Stärke besitzt, dies auch zu tun.
Es gibt eben einen Grund warum gerade jetzt. Der kann nicht hinausgezögert oder sonst was werden. Sie kommen dann wenn es an der Zeit ist, hinzuschauen.
Emmi
Beiträge: 2
Registriert: So Feb 26, 2023 10:23 pm

Re: Wieso jetzt???

Beitrag von Emmi »

Hi,
Ich bin euch sehr Dankbar für eure Antworten - irgendwie tut es gut zu wissen das man nicht alleine ist!
@Eli - das mit dem Tumor ist ein guter Vergleich, ich wünschte nur es würde nicht so weh tun.
Meine Therapeutin unterstützt mich gut und kennt sich mit Traumata aus.
Leider kenne ich noch nicht all meine Trigger - bei denen die ich kenne, kann ich mal mehr mal weniger gut mit den Dissoziationen umgehen. Aber manchmal erwischt es mich von jetzt auf gleich und dann kann ich nicht mehr gegensteuern. Vor allem wenn ich plötzlich nicht mehr laufen kann und meine Beine mir nicht mehr gehorchen - echt gruselig! Mich zu stabilisieren fällt dann sehr schwer!
Und Ja meine Kinder spüren, das manchmal nicht alles so rosig ist - Ich versuche Ihnen zu erklären, so wie du es auch geschrieben hast, das es manchmal Tage gibt an denen es einem nicht so gut geht. Meine Töchter sind 7 und 9 Jahre. Weil es bei Ihnen auch solche Tage gibt ;) können sie es verstehen!
Doch es macht mich fertig, das sie mich so sehen müssen! Dann kommen all die Zweifel, ob ich es schaffen kann, ob sie nicht etwas besseres verdient haben!
Meine Kinder sind alles für mich und ich möchte alles für sie geben können!

Danke fürs lesen und die liebe Antwort!

@Kathi89
Danke für deine Antwort! Ich kann dein geschriebenes gut verstehen und es tut auch mir Leid, das du solche Erfahrungen machen musstest!
Es ist sehr schwer zu begreifen, eigentlich gar nicht (vor allem weil ich jetzt selber Muttergefühle kenne) was meine „Familie“ getan hat. Was meine Mutter zu ließ, was alles gedeckt werden konnte! 5 Jahre Hölle und sie dürfen ihr Leben einfach so unbeschwert weiter Leben!
Und ich muss versuchen, kämpfen und hoffen das ich nicht unter gehe, sie nicht gewinnen lasse!
Wie du schon schreibst - man hat das Gefühl völlig zu versagen! Vor zwei Jahren konnte ich sehr unbeschwert viel mit meinen Kindern unternehmen, lachen und einfach fröhlich sein!
Heute muss ich immer abwägen was geht und was nicht! Ich kann mich nicht in große Menschen Mengen begeben, nicht mit Ihnen Schwimmen gehen, will immer lieber in meinen sicheren vier Wänden bleiben - Meine Kinder wollen was erleben und das ist ganz wunderbar - das Problem, ich kann es Ihnen nicht geben, nicht ermöglichen! Es kostet so viel Kraft wenn ich mit Ihnen irgendwo hin gehe - was auch Ihnen Spaß macht ;), das ich mich für mich schäme! Alle Selbstzweifel und Selbstvorwürfe sind wieder da! Ich will mit Ihnen alles machen können was sie wollen und nicht mit Panikattacken und Co. Kämpfen müssen! Das haben sie nicht verdient!
Ich versuche jeden Tag mein bestes zu geben und hoffe es wird mit Hilfe meiner Therapeutin irgendwann besser!

Ich wünsche alles liebe und Danke fürs lesen - Ich fühl mich nicht mehr so vollkommen verloren!
Antworten