Das ist zumindest das langfristige Ziel, auf das es hinausläuft. Auf das, es hinauslaufen muss, um langfristig damit klarzukommen.Kannst Du eine Mami für diese Kleine sein?
In Ansätzen schaffe ich das auch schon. Also es gibt zumeist einzelne Momente, in denen mir das gelingt.
Momente, in denen ich für die Kleine da bin, zuhöre und tröste, sogar in den Arm nehmen und sie halten kann und darf.
Da ist inzwischen zumindest schon mehr Vertrauen da, als noch vor ein paar Jahren als sie Erwachsenen generell überhaupt nicht vertraut hat, auch mir nicht.
Ich schaffe es ab und zu ihr etwas aus der Gegenwart zu zeigen oder ihr auch ab und zu in der Gegenwart bewusst Zeit für Kinderdinge einzuräumen. Ich lese jeden Abend eine Geschichte vor. Ab und zu spielen wir etwas zusammen oder so.
Ich glaube, dass das schon mal ein guter Anfang und insgesamt auch wirklich wichtig ist.
Gleichzeitig spüre ich aber auch, dass es zusätzlich dazu auch darum geht, Gefühle zuzulassen, anzunehmen, zu würdigen.
Also für die Kleine fühlt sich vieles aus der Vergangenheit noch richtig schlimm an.
Eventuell Trigger
Zuerst war es möglich die anderen Kinder und deren Schmerz bzw. Verlust zu betrauern. Und dann war / ist es nun anschließend in Ansätzen möglich den eigenen Schmerz der Kleinen zu beginnen zu betrauern.
Das ist nochmal auf einer anderen Ebene und auf eine andere Art sehr schmerzhaft, weil da die Erkenntnis mit rein kommt, nicht an dem Leid der anderen Kinder schuld gewesen zu sein.
Das wiederum löst jedoch so eine komplette Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein und komplette Überforderung aus. Das ist nur schwer auszuhalten.
Hinzu kommt der Wunsch nach Schutz, nach Sicherheit und Geborgenheit in einer Familie.
Der Wunsch und die Sehnsucht nach der Mama. Und dann gleichzeitig die so sehr schmerzhafte Erkenntnis, dass diese aber nicht hilft, es nie getan hat. Sogar noch schlimmer, dass diese viel zusätzliches Leid verursacht hat und für dieses ganz schlimme Leid, für die lebensbedrohlichen Situationen sogar mit verantwortlich war, zumindest nichts annähernd dagegen unternommen hat, sondern der Kleinen dafür noch die Schuld gegeben hat, sie als undankbar beschimpft und sie deswegen verprügelt hat.
Zusätzlich hat sie ihr das Gefühl gegeben unerwünscht, unnormal und eklig zu sein. Denn kuscheln oder eine liebevolle Umarmung oder Trost, das was die Kleine von ihr wollte und dachte so dringend von einer Mama zu brauchen, da hat diese aber erklärt, dass Kinder so etwas nicht mehr brauchen, dass dieser Wunsch, dieses Bedürfnis der Kleinen nicht angemessen ist.
Ja, und gleichzeitig gab es auch kurze schöne Momente. Diese konnten nur jederzeit plötzlich umschlagen. Deswegen musste die Kleine immer sehr achtsam und immer darauf gefasst sein, dass aus einem schönen Moment, in dem herzhaft gelacht wurde, ganz plötzlich ein schlimmer Moment mit Tränen werden konnte.
Und gleichzeitig wünschte die Kleine sich an den schlimmsten Orten, wo ihr Leben auf dem Spiel stand, wo so viele Qu*len und F*lter immer wieder erlebt wurden, wo das Allerschlimmste immer wieder geschah... dort wünschte die Kleine sich ihre Mama zum Schutz. Eine so so so große Sehnsucht. Und gleichzeitig immer wieder die Enttäuschung, dass die Mama nicht schützt.
Dass man der Mama noch nicht einmal vertrauen kann. Denn sollte die Kleine Trost suchen, wird stattdessen von der Mama bestraft. Schlimmer noch, wurde die Kleine doch jederzeit von Zuhause aus an die schlimmen Orte ausgeliefert. Nicht als Kind, nicht als Mensch, sondern als Ding, ohne Bedürfnisse, ohne eigene Gefühle, gemacht, um Wünsche und Bedürfnisse anderer zu erfüllen, gemacht um zu funktionieren, bedingungslos.
Trigger Ende
Nun kommt also die Ebene der Gefühle dazu. Und das sehe ich als riesigen Fortschritt. Nach so langer Zeit traut die Kleine sich diese Gefühle zu zeigen, indem sie traurig und verzweifelt über die Situation mit der Mama ist.
Und ich glaube, da ist es wichtig dieses Gefühl nicht "einfach nur" wegmachen zu wollen. Sich darum kümmern, damit es weg ist und nicht mehr gefühlt werden muss. Denn das wäre in gewisser Weise zu ähnlich zu damals, als diese Gefühle nicht da sein durften.
Ich glaube es geht auch darum, diese Gefühle zu fühlen, zu erlauben, als durchaus angemessenen Schmerz anzuerkennen. Und gleichzeitig geht es schon auch darum, der Kleinen das Gefühl zu geben, das tragen zu können, ohne sich darin zu verlieren.
Aber genau das fällt mir teilweise noch schwer. Ich möchte für die Kleine da sein und es tragen.
Gleichzeitig passiert es, dass mich die Gefühle auf mehreren Ebenen überrennen und ich dann eben doch zu der Kleinen werde. Und wenn das passiert, kann ich sie natürlich nicht gleichzeitig als Erwachsene halten und trösten und als Mutterfigur für sie da sein. Dann fühlt sie sich ja wieder allein gelassen, was wiederum die Gefühle und Erfahrungen von damals bestärkt.
Es gibt wie gesagt auch Momente, in denen es mir bereits gelingt.
Jedoch ist es auch so, dass ich mich teilweise darin verliere, mich dann selbst hilflos und ausgeliefert fühle. Weil ich oft genug zu dem kleinen Mädchen von damals werde. Und dann kann ich wie gesagt nicht gleichzeitig helfen und für sie/ mich da sein.
Manchmal versuche ich es zumindest im Nachhinein mit ihr nachzubesprechen, zu erklären, mein Mitgefühl im Nachhinein zu zeigen.
Oft ist es aber auch für mich als Erwachsene extrem kräftezehrend und wirkt sich oft genug auch auf Körperebene aus. Dann versuche ich neben Alltag und Funktionen im Alltag (was ich für mich auf gewisser Ebene auch extrem wichtig finde) mir oder uns auch etwas Gutes zu tun (wenn möglich in der Freizeit in der Natur zu sein).
Ja, aber es passiert trotzdem, dass ich in das Kindliche reinrutsche und mir dann eben nicht immer selbst einer Mutterfigur sein kann.
Vielleicht hat hier ja noch jemand (oder gerne auch mehrere) Ideen, Gedanken, Tipps dazu? Oder zu anderen oder ähnlichen Dingen?
Oder ihr habt eigene Erfahrungen damit oder Anderem oder Ähnlichem gemacht?
A.Rhiannon
Nachtrag:
Und ich finde es tatsächlich auch schwer mich diesen Gefühlen zuzuwenden und diese nicht weiterhin wegzudrängen. Wobei sich das Wegdrängen auch oder umso mehr auf der Körperebene äußert.