Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Hier können Betroffene über ihre Erlebnisse diskutieren.
cheshire_cat
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von cheshire_cat »

silan hat geschrieben: Mo Sep 19, 2022 6:08 pm @chesshire_cat:

Vor allem, wenn eine Mißbrauchsproblematik dahinter steckt, wie ich hier im Forum pauschal mal annehme. Wenn du das nicht willst, läuten bei mir die Alarmglocken. Aber letztendlich hast du dich den Menschen mit denen du arbeitest, deinem Arbeitgeber und dir selbst gegenüber zu verantworten.
Ohne Kontext ist "beweisen" auch etwas verkürzt ausgedrückt: Mir wird gerade unterstellt, ich könnte evtl mal Probleme gehabt haben, und ich soll den Gegenbeweis antreten.
Wieso läuten bei dir da die Alarmglocken, wenn ich das nicht möchte? Ich hab einfach, so arrogant es klingt, besseres zu tun als mich immer wieder auf ein einziges Thema reduzieren zu lassen.
Ich meine, es spielt ja im Grunde keine Rolle, wie viel man erlebt und welchen Weg man hinter sich hat, wenn es jetzt in der Praxis funktioniert, oder? Es ist ja durchaus zulässig, dass jemand kritisch beäugt wird, aber wenn ich mir nichts zu Schulden kommen lasse, hat es niemanden zu interessieren, was in meiner Geschichte vermutet wird.

Natürlich können gewisse Ereignisse dich immer aus der Bahn werfen - aber das gilt ja für Betroffene wie Nicht-Betroffene gleichermaßen. Und wenn's eben schon Stresssituationen gegeben hat, aber ich da gut - sehr viel besser als erwartbar, wenn ich meinen Kollegen als Maßstab anlegen darf - durchgekommen bin, ist das Ergebnis dieser Selbstprüfung 'unbedenklich'.

Mich nervt nur einfach dieser Automatismus - jemand stellt die Vermutung auf, es könnte sein, dass jemand mal Übergriffe erlebt hat, und bevor nicht eine Psychotherapie gemacht wurde, ist diese Person ein Risiko. Punkt. Egal wie die Stressregulation im Alltag tatsächlich aussieht. Die Idee, jemand könnte betroffen sein oder das Thema an sich scheint meinen Kollegen Angst zu machen - und die Bewältigung dieser Angst wird an mich delegiert. Der Fokus von Leuten um mich herum ist komplett eingeengt auf Katastrophenszenarien, was alles schiefgehen könnte, wenn ich mit Leuten arbeite, die vllt etwas anstrengend sind.

Also ich hab nichts gegen Psychotherapie an sich und bin auch offen für positive Antworten. Aber eben für eine Therapie, die von jemandem wirklich gebraucht wird - und die er/sie nicht macht "der Familie zuliebe".
Manche Menschen sind eine Prüfung, manche eine Strafe und ein paar wenige ein Geschenk - aber wer du für mich bist, das entscheide hier immer noch ich.
egalabjetzt unl.

Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von egalabjetzt unl. »

... das ist tagesformabhängig. heute würde ich wütend in die welt brüllen, dass alles alles alles fürn ar*** ist und die dreckstherapie nichts bringt außer schmerz, instabilität und verzweiflung. aber... das ist heute jetzt gerade und würde der wertvollen arbeit, die meine therapeutin da zusammen mit mir macht, nicht gerecht werden.

die aktuelle situation ausblendend ist mein fazit: ich lebe noch. das wollte ich, wusste nur nicht, wie das wirklich gehen kann. ich lebe, und manchmal inzwischen unbeschwert und mit lautem lachen im herzen. ich kann beziehungen aushalten und gestalten (außerhalb meiner ehe), ich kann einen job nachgehen, die massig verantwortung mit sich bringt, ich 'kann' familie. ich kann ganz düstere dinge, schwarze, schwere momente kommen und wieder ziehen lassen. ich bin nicht mehr dauerdepressiv und suizidal. ich schaffe es aktuell ohne psychopharmaka. ich kann manchmal ein bisschen fürsorglich mit mir selbst sein (da ist viel luft nach oben), ich kann manchmal schon gnädiger mit mir selbst sein und muss mich nicht mehr dauerhaft selbsthassen (auch das ist noch sehr ausbaufähig).

wenn ich also nicht gerade einen scheißdreckstag wie heute habe, hat mir therapie in nicht unerheblichem ausmaß lebensqualität geschenkt. ...
und an den scheißtagen ist alles nur mühselig, schmerzvoll und ich habe das gefühl, dass therapie völlig umsonst und vergeudete zeit und rausgeschmissenes geld ist. aber hab verstanden und kann besser akzeptieren, dass es diese schweren tage eben auch geben darf.
cheshire_cat
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von cheshire_cat »

Simone hat geschrieben: So Sep 18, 2022 8:16 pm Hallo Katze,
Was mir Therapie gebracht hat: ich habe die Traumata verarbeiten können, so dass ich heute sagen kann: "Ja, mir wurde xy angetan, aber es und seine Folgen bestimmen nicht mehr mein Leben". Ich habe es geschafft, eine gyn. Untersuchung mit allem drum und dran durchführen zu lassen, was vorher mehrfach gescheitert ist. Ich bin selbstbewusster geworden und kann - auch beruflich, das fiel mir vorher schwer - besser für mich und meine Bedürfnisse einstehen und lasse mir nicht mehr alles gefallen. Ich verletze mich nicht mehr selbst.
Ich bin mit dem Resultat der Therapie absolut zufrieden.
Simone
<3 freut mich.
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Starfighter
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von Starfighter »

Das ist ganz verschieden. Man kann auch früher und heute Therapie machen nicht vergleichen. Ich denke, dass man doch sehr aufpassen muss, mit wem man sich da einlässt und was da gemacht wird. Die Uni Greifswald entwickelt jetzt ein System mit dem ausgewertet wird, ob eine Therapie erfolgreich verläuft, damit es den Patienten nicht nach der Therapie schlechter geht als vorher. Sowas finde ich gut und es ist angebracht. Den Patienten soll es durch eine Therapie besser gehen und nicht danach noch schlechter verfasst sein.
Eli

Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von Eli »

Solche Versuche hat es doch schon viele gegeben... Da wird aber nie berücksichtigt dass es nie die eine Therapie für alle geben wird. Es gibt gewisse Dinge bzw variablen bzw Faktoren in einer Therapie die gut laufen müssen damit die Therapie erfolgreich wird, die sind aber hinlänglich seit Jahrzehnten bekannt.
Der Rest ist individuell.
Solche versuche sehe ich eher als eine Gefahr hin zu einer normierten (kurzzeit-) Therapie die vermeintlich für alle reicht und allen hilft..
Ohne jetzt näheres zu den Projekt zu wissen.

So unterschiedlich wie Menschen sind so unterschiedlich muss auch ihre Therapie sein. Anders wird es nie funktionieren.
Die Psyche ist kein Kniegelenk auch wenn manche das gerne hätten. Inklusive mir manchmal. 8)

Eli
LunaSue
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von LunaSue »

Die Psyche ist kein Kniegelenk auch wenn manche das gerne hätten. Inklusive mir manchmal. 8)
Da hast Du absolut Recht, Eli!

...und selbst ein Kniegelenk ist nicht wie das andere und das erfordert eine gewisse individuelle Herangehensweise.
Aber ist es nicht immer so?
Dass es kein Patentrezept gibt?
Kein Schema?

Darum finde ich es ja so bereichernd, dass hier viele verschiedene Erfahrungen und Ansätze geschildert werden.

Das zeigt die Vielfalt der Möglichkeiten eben auch.

Viele Grüß
LunaSue
Das Leben selbst ist es, das dem Menschen Fragen stellt.
Er hat nicht zu fragen, er ist vielmehr der vom Leben her Befragte,
der dem Leben zu antworten - das Leben zu ver-antworten hat.

Viktor Frankl
Starfighter
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von Starfighter »

Ich sehe das eher so, dass diese Verfahren dazu da sind, die Therapeuten zu überprüfen. Es geht bei diesen Verfahren nicht darum, zu prüfen, ob der Patient was falsch macht oder zu wenig macht, sondern der Therapeut ist der, der in der Schusslinie steht. Und wenn es nicht läuft, wie es soll, dann ist er gehalten, es so zu ändern, dass die Werte sich wieder besssern. Und wenn es nicht besser wird, dann muss er in die Supervision und ist er derjenige, der sich was überlegen muss, gemeinsam mit dem Supervisor, wie das erfolgreicher gemacht werden soll.

Und tatsächlich ist es so, dass deren Messungen ergeben haben, dass sich der Therapieerfolg dadurch steigern lässt und die Therapieabbruch-Rate sinkt. Also von daher geht es sicher nicht darum, dem Patienten was kaputt zu machen, sondern es geht darum, den Therapeuten eine Hilfe an die Hand zu geben, aber sie werden auch mehr in die Verantwortung genommen.

Und das finde ich richtig gut, dass Therapeuten immer mehr nachweisen müssen, dass sie effektiv sind, dass ihre Therapien nebenwirkungsarm bleiben müssen oder andernfalls ihre Kompetenz und ihre Arbeit auf dem Prüfstand steht und nicht die vom Patienten. Das zwingt Therapeuten dazu, sich besser zu bemühen. Das finde ich extrem wichtig. Gute Ware für gutes Geld. Bei mangelhafter Ware: Dreck zurück, Geld zurück. Warum sollen Krankenkassen für Therapien bezahlen, die nichts helfen oder die Kranken noch kränker machen? Das ist doch nicht einzusehen.

Ja, da kommt sehr viel Neuerung und Modernisierung, viel Technik. Ich hoffe, dass mal die ganze Richtlinien-Psychotherapie wegkommt und es wird wie in der Schweiz, wo viel bezahlt wird, wo eklektisch behandelt wird und wo viele andere Therapieformen zugelassen sind, die bei uns nur in der Heilpraktiker-Szene oder bei Privattherapeuten oder Selbstzahlern verfügbar sind.

Mir bringt meine aktuelle Traumatherapie bei einem Privattherapeuten sehr viel, deutliche Besserung.
Zuletzt geändert von Starfighter am So Okt 02, 2022 4:39 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Eli

Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von Eli »

Hallo,
interessante Diskussion. Oberflächlich geschehen gebe ich dir Recht Starfighter.
Das ist Geldverschwendung.
Ich glaube aber es ist leider viel komplexer.
Man kann meiner Meinung nach so etwas komplexes wie eine mehrjährige Therapie nicht einfach so von aussen bewerten.
Was ist denn das Kriterium? Fragebögen des Therapeuten? Videos? Fragebögen vom Patienten?
Wer bewertet was da weshalb nicht gut lief...und wieso darf der diese macht haben?

Ich bleibe da dabei ich finde das gefährlich, auch für Patienten.
Therapie ist ein super intimer Prozess und kein Produkt! Und es ist schrecklich eins daraus zu machen.. neoliberale sch ist das.
In der derzeitigen Situation kommt da nichts gutes bei raus, auch nicht für Patienten.
Es wird immer sch Therapeuten geben und gute. Genau wie es das bei Ärzten Bäckern etc gibt.
Der Beruf ist super hart und ich finde diesen Druck für TherapeutInnen nach irgendwelchen externen Kriterien sich bewerten zu lassen ganz schwierig. So etwas verändert Therapie und zwar oft nicht zum vorteil. Man weiss aus der Arbeitspsychologie etc dass man Menschen unter Druck beschissen arbeiten. Die Millionen Burnouts heutzutage zeigen das wunderbar..so etwas vergessen solche "Forschungen" gerne Mal.

. U.a. nehmen dann Therapeuten oft weniger komplexe Patienten wie uns(!) gar nicht mehr an. Schon Mal darüber nachgedacht was das bedeutet? Schwere Falle bleiben auf der Strecke. Und was bedeutet das dann für schlechte Therapeuten? Für wen schlecht? Bekommen die dann nach 15 Jahren Ausbildung und 50.000 Euro kosten kein Geld mehr oder was? Oder weniger?
Man kann doch nicht Patienten lehren netter mit sich zu sein, gnädig und gleichzeitig einem so gnadenlosen harten system unterliegen. Es geht hier um Menschen auf allen Seiten. Es geht um ganz intime Dinge, auch für TherapeutInnen. Meine thera ist authentisch was man weiss was super wichtig ist für eine gute Therapie. Wäre sie noch so wenn sie wüsste sie wird bewertet?

Das alles wird extrem gestört durch so eine neoliberale Haltung und Taktik. Das Ziel und nutzen sind vollkommen unklar, nur vermeintlich ist es so einfach wie du es oben beschreibst Starfighter
Also mein Rat: wer so was propagiert erstmal sich mit Psychotherapie Forschung beschäftigen und längerfristig überlegen. Es gibt eh zu wenige Therapeuten. So was verschreckt auch viele gute Therapeuten und das zu Recht.
Die brauchen gute Ausbildung Fortbildungen und vor allem gute supervision und gute Lehrtherapie. Das hilft.

Eli
Starfighter
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von Starfighter »

Eli hat geschrieben: So Okt 02, 2022 12:24 am

So unterschiedlich wie Menschen sind so unterschiedlich muss auch ihre Therapie sein. Anders wird es nie funktionieren.
Die Psyche ist kein Kniegelenk auch wenn manche das gerne hätten. Inklusive mir manchmal. 8)

Das mag alles sein.

Aber den Fortschritt wird man in diesem Bereich der Medizin nicht mehr aufhalten können. Die technische Entwicklung, die allgemein da draußen vorwärts geht, dringt in alle Bereiche der Medizin vor. Ich kenne nicht wenige, die im Krankenhaus arbeiten, und was da abgeht an Digitalisierung, ist extrem. Gerade im Gesundheitswesen wird extrem auf Technik gesetzt, weil die Kosten für Medizin wahnsinnig hoch sind und alle Akteure im Gesundheitswesen sehr interessiert sind, die Kosten zu senken. Und für Schäden zahlen oder sich schädigen lassen oder Patienten schädigen ist auch keiner zu haben. Daher haben alle großes Interesse an der Etablierung solcher Methoden. Ich finde es gut. Ich stehe da voll dahinter.

Und gute moderne wissenschaftliche ausgerichtete Therapeuten stehen da auch dahinter. Die haben null Angst vor diesen neuen Entwicklungen, die sehen das als Chance, als hilfreiche Tools und als gutes Instrument für die Patientensicherheit und für ihre eigene Sicherheit beim Behandeln.

Natürlich ist das eine Bedrohung für die Therapeuten, die nicht gut sind und die eben diese Anforderungen nicht packen. Für die sind solche Innovationen in der Medizin der Todfeind. Aber man hat es in den letzten Jahrzehnten sehr gut gesehen, dass diese Form von Verlaufskontrollen dringend notwendig sind, weil Therapeuten und Patienten oft auch noch, sich selbst massiv in die eigene Tasche gelogen haben und sich im Rahmen von Autosuggestion Therapieerfolge eingeredet haben, die faktisch nicht gegegeben waren.

Und dass die Krankenkassen bzw. sonstige Sozialversicherungsträger für solche Behandlungen nicht mehr den Geldbeutel aufmachen wollen und auch nicht sollen steht wohl außer Frage. Mit dem Aufstand betroffener Berufsgruppen ist zu rechnen, aber der wird niedergeschlagen werden. Wer als Profi keine messbaren Therapieerfolge in einer vorbestimmten Zeit abliefern kann, wird aus dem Leistungskatalog der Krankenkasse über kurz oder lang rausfliegen. Und das geschieht denen recht, weil sie den Patienten nicht helfen, sondern ihre Zeit vertun.

Da kommt so viel Neues, dass solchen alteingesessenen Therapeuten Hören und Sehen vergehen wird. Die Behandlung mit Technik. Das ist was, was man hier noch gar nicht kennt. Aber ist voll im Kommen und berechtigt im Kommen. Da wird noch mancher Profi und mancher Patient Bauklötze staunen, was da im Aufmarsch ist. Und das Beste an der Sache ist, dass diese Methoden wirken. Das ist alles kein schlimmer Voodoo und kein böser Zauber, sondern einfach der medizinische Fortschritt. Und den kann man nicht aufhalten und man sollte ihn auch gar nicht aufzuhalten versuchen, denn Forschung wird deshalb gemacht, damit die Medizin sich bestmöglichst um den kranken Menschen kümmern kann. Das ist kein neumodischer, doofer hipper Trend, sondern die medizinische Zukunft, besser gesagt, sogar die Gegenwart. Das ist nicht im Kommen, das ist schon da.
LunaSue
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von LunaSue »

Hallo Zusammen,

Die letzten Beiträge, da schließe ich meinen mit ein,
führen deutlich weg von der Frage, die gestellt wurde.
Bitte an alle dahin zurück zu kehren.

Viele Grüße
LunaSue
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Viktor Frankl
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von Aufatmende »

Dass ich aktuell meine Reha nicht abbrechen muss.
Dass ich dort einer fremden Therapeutin Vorschussvertrauen entgegen bringen kann.
Dass ich ein hohes Maß an Selbstwirksamkeit erlebe.
Dass ich den Körperkontakt mit wechselnden Therapeuten, auch noch männlichen, viele verschiedene Räume und viele Menschen im Speisesaal aushalten.
Dass ich nach einer absoluten Scheißwoche auch Meine Innenpersonen wiedergefunden habe.
Rückfälle sind Vorfälle!
~SteinHart~
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von ~SteinHart~ »

Habe nur überfliegen können.. Zwar alles gelesen, aber schnell und flüchtig. Es fällt mir einfach zu schwer nicht wütend zu werden.. Also wütend, enttäuscht, traurig.. für andere. Weil es bei anderen eben (auch) scheiße lief...

Mir ist aber bei den letzten Beiträgen die "VerlaufsKONTROLLE" im Gedächtnis geblieben. Da kommt großes Feedback, im Inneren.


Ja, Therapie muss individuell sein.
Ja, nicht jeder Thera/Klient Konstellation passt.

Aber, ich finde Supervision, oder noch tiefgreifendere KONTROLLE von außen könnte einige Schäden minimieren.

Wenn ich bedenke was alles in der Hohe Mark auf so vielen Ebenen FALSCH lief. Fachlich falsch. Aber auch zwischenmenschlich.

Es sollte verpflichtend für Behandler und ganze Teams sein, sich damit auseinandersetzen zu müssen wenn etwas schief lief und zwar, VERDAMMT NOCHMAL MIT DEM PATIENTEN, wenn der das will.

Es sollte nicht im Nichts verlaufen, wenn man nicht klagen will, oder kann.



Um aber auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen:

Erste ambulante Therapie brauchte wenig

Erste stationäre Therapie war überschattet von Kripo und Aufdeckung UND hat wohl wenig gebracht, weil nicht traumaspezifisch ausgelegt.
Sie hielt mich aber während der Zeit nach der Aussage am Leben.
Nicht stationär untergebracht hätte ich mich wohl sehr wahrscheinlich suizidiert.

Die stationären Aufenthalt in der Psychiatrie waren Krisenintervention und stabil werden für den Alltag außerhalb der Klinik.

Die Therapie (Verhaltenstherapie) bei Dr. K. hat meine Ressourcen gestärkt, meine Kompetenzen aufrecht erhalten. Mich sowohl am als auch im Leben gehalten.
Sie brachte mir also:
Ausbildung
Fachabi
Studienbeginn
Strafverfolgung des Täters überstehen
sein nicht vor Gericht kommen überstehen
Am Leben zu bleiben

In Kombination mit betreutem Einzelwohnen waren Dr. K und Frau B. die ersten richtig sicheren Bindungspersonen.

Mich nicht umgebracht zu haben brachte mir die Therapie. Es hat aber lange gedauert dass ich dieses als sicher positiv fühlen und denken konnte/kann.


Stationäre Therapie Hohe Mark TRAUMASTATION brachte mir:
Retraumatisierung
Gedächtnislücken
Todesangst
Todessehnsucht
Konkrete Suizidpläne
mich wieder einnässen (mit Mitte dreißig, das muss man sich Mal vorstellen)
Bewusstseinszustände die noch immer gruselig sind
die Gedanken falsch und schlecht zu sein
Vermeiden von notwendigen Medikamenten
Undundund


Scheiße verdammt!


Die jetzige Therapie bei Dr.R geht deutlich tiefer und ist ganz anders als damals bei Dr.K. vielleicht bin ich jetzt auch erst in der Lage das so zu machen...
Verglichen mit dem was ich bei anderen (hier) so herauslese ist es aber eben noch immer oberflächlich...

Es tut gut und so gaaaaanz langsam scheint das Trauma zu beginnen zu heilen. So ein bisschen.

Vorher kam es höchstens aufs Abstellgleis, oder wurde verkapselt, eintresort, weggeschoben, vertagt... Jetzt geht es gaaaaanz zaghaft ans Trauma heran und in das Trauma hinein...

Die Klinik. Die ehemalige von Dr.R tat auch unglaublich gut. Wieder vertrauen fassen.
Die Therapie dort hat mir gebracht:
Wieder den Gedanken zulassen dass Klinik ein sicherer Ort sein kann
Menschen und Institutionen ein wenig zu vertrauen
STABILITÄT



Dr.K machte Supervision... Ich konnte Jahre später lesen wie ihre Gedanken dazu waren, also wie sie sich und ihr Handeln begutachtete. Die Anregungen von außen.
Ich denke das war gut.


Therapie kann viel bringen, aber auch viel zerstören.

Und ich denke dass daran dann alle Beteiligten ihren Teil der Verantwortung tragen.
Die Folgen trägt aber meist der Patient allein.

SH
Die Zeit bewegt sich in eine Richtung, die Erinnerung in eine andere.
(William Gibson)
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von Die.Wolfsfrauen. »

Ein Problem war auch, dass wir "plötzlich" zur "Problemmenschin" wurden...
Vor allem vielleicht, weil die "Probleme" so groß waren, dass sie weder "allein", noch mit wöchentlicher ambulanter Therapie oder Klinikinterventionen aufgefangen werden konnten...
Vielleicht aber auch, weil dann eben in und/ oder durch :?: ambulante Therapie Erinnerungen hoch kamen, die alles gesprengt ham?
Wir wissen es nicht... :roll: :roll: :roll:
Aber "gebracht" hat es uns bisher eben überwiegend vor allem einen unendlich großen Verlust an Lebensqualität auf wirklich allen Ebenen des Lebens... :|
Die.Wolfsfrauen.
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Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von Die.Wolfsfrauen. »

Die.Wolfsfrauen. hat geschrieben: Mi Okt 05, 2022 8:20 pm Ein Problem war auch, dass wir "plötzlich" zur "Problemmenschin" wurden...
Vor allem vielleicht, weil die "Probleme" so groß waren, dass sie weder "allein", noch mit wöchentlicher ambulanter Therapie oder Klinikinterventionen aufgefangen werden konnten...
Vielleicht aber auch, weil dann eben in und/ oder durch :?: ambulante Therapie Erinnerungen hoch kamen, die alles gesprengt ham?
Wir wissen es nicht... :roll: :roll: :roll:
Aber "gebracht" hat es uns bisher eben überwiegend vor allem einen unendlich großen Verlust an Lebensqualität auf wirklich allen Ebenen des Lebens... :|
"Erkennis" daraus für uns ist?

Evtl. dass an "Therapie" zu sorglos rangegangen wird- und zwar von beiden Seiten!!!
Aus dem "Ist ja nur drüber reden", kann anscheinend gerade bei frühkindlichen unbewussten Traumatas...
aus einer "glücklichen Menschin" offensichtlich eine Art "Wrack" werden...

:arrow: siehe oben :roll: :|
Eli

Re: Mal ehrlich: was hat Therapie euch gebracht?

Beitrag von Eli »

Hallo

Ja das kann auf jeden Fall passieren Wolfsfrauen. Da gebe ich euch Recht. Auch mit dem naiv dran gehen. Besonders von Therapeuten die nicht spezialisiert sind und sich erst Recht nicht "damit" auskennen.
Bei mir war es allerdings so dass ich wusste wenn ich keine Therapie mache und es hoch hole dann bringe ich mich auch um...das war ganz klar ohne dass ich wusste weshalb. Und hatte immerhin körperlich ne Krebs Vorstufe also da sagt der Körper ja auch: es reicht.
Und ich glaube irgendwann(!) kommt das bei jedem Menschen der so krasse Erinnerungen trägt und auch mehr als Erinnerungen..wenn ihr versteht. Oh mit oder ohne Therapie.
Das soll keine Verteidigung sein.
Es braucht einfach Therapeuten die gut mit dis etc arbeiten können ohne dass die Leute total zum Wrack werden. Das ist schwer aber möglich glaube ich. Nur das sind eben sehr sehr wenige die das können.

Eli
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