Gedankenraum - zu mir selbst finden

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A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Seit etwa einer Woche komme ich an meine Gefühle nicht mehr so richtig ran. Nachdem ich erst meine Gefühle zulassen und weinen konnte, was gleichzeitig viel Kraft kostete und sich gleichzeitig irgendwie heilsam anfühlte, fühlt es sich jetzt seit etwa einer Woche so an, als ob ich kaum Zugang zu meinem Inneren habe.

Gleichzeitig fühlt sich das aber extrem schlecht an. So als würde es jeden Moment in mir explodieren und auch als würde es mich nach unten in die Tiefe zu ziehen.

Die Innenkommunikation ist gerade nicht so wirklich vorhanden. Es ist viel anderes los zur Zeit. Und wenn ich mir dann doch die Zeit nehme, um nach innen zu fühlen, dann schlafe ich sofort ein. Ich glaube es ist eine Mischung aus Überlastung (Müdigkeit) und Überforderung (Selbstschutz, nicht fühlen müssen).

Ich kann wahrscheinlich nur versuchen es erstmal so hinzunehmen und zu sagen, dass es sich auch wieder ändern wird. Gleichzeitig macht die Jahreszeit aber auch Angst, u.a. weil es letztes Jahr um die Zeit so schlimm war, so knapp war.

A.Rhiannon
"Wenn man ins Universum starrt, ist sein Mittelpunkt nur Kälte. Und Leere. Letztendlich sind wir dem Universum egal. Dem Universum und der Zeit. Deswegen dürfen wir einander nicht egal sein."

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A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Diese Woche in der Therapie war es irgendwie auch schwierig für mich. Ich weiß nicht, ob ich irgendwie geswitcht bin oder so. Ich meine ich kann mich schon an alles erinnern. Aber als ich mich als Kind früher beschreiben sollte, da hatte ich mich plötzlich gewundert mit 'Sie' angesprochen zu werden. Es war ein sehr verwirrendes Gefühl und ich brauchte eine Weile, um zu verstehen, dass ich gemeint bin und ich erwachsen bin und immer so angesprochen werde und dass ich mich als Kind damals beschreiben sollte. Keine Ahnung, war irgendwie ein komisches verwirrendes Gefühl.

Trigger



Schlimmer war für mich jedoch, dass sie gefragt hatte, wie wahrscheinlich es denn sei, dass der Junge wirklich grst*rben sei und das ohne als vermisst gemeldet worden zu sein.




Trigger Ende

Als Erwachsene kann ich das einordnen, dass ich heute nicht mehr so die Angst davor zu haben brauche oder so. So eine Art Realitätsabgleich.
Aber wenn ich es damals als extrem echt wahrgenommen habe und es sich für mich so angefühlt hat...
Ja, sie wollte mir bestimmt die T*d*sangst nehmen, aber so rein rational geht das nicht.
Erwartet sie auch nicht. Hat sie sogar gesagt, auch dass wir gegebenenfalls nochmal mit EMDR arbeiten, damit es auch im Gefühl ankommt, dass es vorbei ist.

Im Inneren haben diese Fragen aber ganz viel Chaos ausgelöst. Es war so als würde mir nicht geglaubt werden, als dürfte ich mir selbst nicht glauben. Als würde ich mich nur anstellen, denn so schlimm wie ich es beschreibe kann es nicht gewesen sein. Ich würde mir alles nur einbilden und überdramatisieren.
Es hat sich angefühlt wie früher...

Immerhin kann ich es rational unterscheiden und einordnen. Es hat sich angefühlt wie früher. Aber es ist nicht früher. Und es war auch nicht so gemeint wie früher.
Gleichzeitig ist aber eben Chaos im Innen. Das war vorhin richtig schlimm. Da war so viel Selbsthass und Selbstzerstörungswut. Irgendwie habe ich es geschafft ohne sv.

Stimmen in meinem Kopf, die sagen, dass wir falsch sind.

Es ist so verdammt anstrengend. Und niemand sieht diesen innerlichen Kampf... Immerhin darf es hier stehen...

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Trigger







Oder es war nur Schweinebl*t und ich lüge tatsächlich.

Oder ich wurde eben gut genug ver*rscht.

Und das Zeug, das wir trinken mussten, das war eine Mischung daraus mit noch was anderem.

Also war es vielleicht doch nicht so schlimm.


Aber es fühlt sich so extrem schlimm an... Oder ich übertreibe...

Oder ich kann gerade nicht ausreichend sortieren...
:cry:
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eli

Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von eli »

nur kurz: wir können euch so so gut verstehen. das würde uns total ähnlich gehen. das verwirrt maximal. verstehe auch die frage von ihr nicht...
denn am ende werdet ihr es nie wissen. das ist sch und gemein. weil es eben schlimm war, egal ob es so war oder nicht. das ist ein echt schweres schlimmes thema. tut uns leid.
senden euch viel kraft
eli
LunaSue
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von LunaSue »

Hallo A.Rhiannon,

Der für mich entscheidende Satz ist:
Es fühlt sich so extrem schlimm an.

Das ist der Schlüssel.
Du hast den Schlüssel zu den Gefühlen.
Es ist sehr hart damit konfrontiert zu sein.

Die Frage der Thera verstehe ich so, dass sie dich auffordert den Realitätsabgleich zu erzielen.
OHNE diese Gefühle abzutun.

So, wie es schon vorher geschrieben wurde.
Es ist die perfide Strategie der Täter, die auf dem Prüfstand steht. Nicht du. Nicht deine Gefühle.
Es war und ist so schlimm, wie du es empfindest.
Du bist die Person oder bist auf dem Weg diese Person zu sein, die du seinerzeit gebraucht hättest.
Dazu gehört auf eine gewisse rationale Art die Situation zu betrachten, als Erwachsene Person.
Um deiner verletzten, kindlichen Seele die Stütze sein zu können, die sie braucht.

Was weniger hilfreich ist: als Erwachsene Person den Anspruch an einen Erwachsenen auf dich als Kind zu übertragen.

Das ist deine Aufgabe. Dich das Kind sein zu lassen, das du warst. Dich um das Kind zu kümmern.
Dich als Kind ernst zu nehmen.
Einerseits die Begenung mit dir auf Augenhöhe, besonders dich selber ernst zu nehmen.Verantwortung übernehmen, nicht auf das Kind übertragen.

Du bist und bleibst eine Person, aber es gibt verschiedene Ebenen.

Ich hoffe das hilft dir dabei zu sortieren.

Viele Grüße
LunaSue
Das Leben selbst ist es, das dem Menschen Fragen stellt.
Er hat nicht zu fragen, er ist vielmehr der vom Leben her Befragte,
der dem Leben zu antworten - das Leben zu ver-antworten hat.

Viktor Frankl
Eli

Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Eli »

Hallo
Noch als Ergänzung: es kann aber keinen Realitäts Abgleich geben. Mit welcher Realität denn?
Natürlich gibt es Kinder die nie registriert wurden.
Ich kann umgekehrt fragen: wie geplant kann so eine tat ablaufen? Wer kann wen da steuern?
Man wird die Realität nie heraus finden...
Das ist das Problem und macht es so schwer.
Jedenfalls finde ich die Frage nicht hilfreich weil sie nie zu beantworten sein wird.

Eli
A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Eli, liebe LunaSue,

vielen Dank für eure Antworten. Tut schon alleine gut gelesen zu werden.

Als Erwachsene kann ich es auch rational so sehen, dass nicht ich selbst auf dem Prüfstand stehe, dass es irgendwie hilfreich gemeint war, um der Kleinen in mir die T*d*sangst zu nehmen.
Jedoch hat es auf diese Weise nicht geholfen, sondern eben noch mehr getriggert.
Ich weiß, dass meine Therapeutin nicht meine Glaubwürdigkeit in Frage stellt. Jedoch kann ich besser damit umgehen, wenn es irrelevant bleibt, ob es nun so war oder sich "nur" so angrfühlt hat. Für mich als Kind war es extrem realistisch und sowieso extrem...

Genau, ich glaube auch nicht, dass meine Therapeutin mir diese Gefühle abspricht. Dennoch war die Frage für mich völlig überfordernd. Vor einigen Wochen meinte sie noch, dass es keine Rolle spielen würde, was genau passiert ist und dass es nicht darum gehe die Vergangenheit genau zu rekonstruieren. Es gehe darum mit meinen Gefühlen in der Gegenwart besser umzugehen. Mit solchen Formulierungen kann ich besser umgehen.
Vielleicht schaffe ich es ihr das das nächste Mal so rückzumelden. Nur ist jetzt leider erstmal eine längere Pause. Das ist ungünstig.

Gleichzeitig weiß ich (theoretisch), dass ich als Erwachsene meine inneren Kinder versorgen und deren Gefühle auffangen muss. Jedoch war mir das gestern so gar nicht möglich, weil ich eben nicht im erwachsenen Erleben war. Und ich glaube auch als Erwachsene war es mir erstmal alles zu viel.

Heute bin ich gut "abgelenkt" und mit vielen Erwachsenendingen beschäftigt. Jedoch merke ich immer wieder, dass das alles doch auch viel Kraft kostet und manchmal eben auch überfordernd ist so wie gestern.
Die T*d*sangst und gleichzeitig T*d*ssehnsucht der Kleinen ist eben in uns drin. Da darf es auch mal überfordernd sein. Auch wenn ich (theoretisch) weiß, dass ich damit nicht ständig in Kontakt sein muss, ist es doch noch schwer.
Es wechselt eben auch in das Erleben der Kleinen hinein, ohne dass ich immer die Kontrolle darüber habe.

A.Rhiannon
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A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Heute kann ich wieder schlecht mit den Fragen meiner Therapeutin umgehen... Ein ständiges Auf und Ab. Ich weiß ich muss es mit ihr besprechen. Jedoch ist das erst in ein paar Wochen möglich...

Heute frage ich mich die ganze Zeit für was die Fragen gut sein sollten. Was für ein Realitätsableich für mich als Erwachsene? Ohne die Glaubwürdigkeit von mir als Kind anzuzweifeln?


Trigger






Ich weiß nicht, ob die Kinder damals wirklich get*tet wurden oder ob es nur sehr realistisch so aussah. Z.B. mit Schweinebl*t. (Denn die gestockte dunkle Masse am Boden, in der ich vergew*ltigt wurde hatte nichts mit Halloweenbl*t zu tun.) Wie auch immer, kann trotzdem unecht gewesen sein. Und die blassen lebl*sen Kinder können betäubt gewesen sein.






Trigger Ende



Die Fragen bewirken nur, dass ich mich gedanklich immer wieder damit beschäftige.

Nochmal zum Realitätsabgleich. Sollte mir die Frage als Erwachsene helfen mir als Kind zu sagen, dass es nicht möglich bzw. nicht wahrscheinlich ist, dass so etwas damals wirklich so passieren konnte? Damit ich mich nun sicherer fühle, da ich mit Erwachsenen-Augen nun anders und realistischer draufsehen kann?

Aber ich sehe auch mit meinem Erwachsenen-Augen, dass es durchaus auch so gewesen sein könnte. Nicht muss, aber durchaus könnte.
Und dann kann ich verstehen, dass es sich auf kindlicher Ebene so anfühlt als würde nicht geglaubt werden.
Ich kann als Erwachsene einfach NICHT die Botschaft nach innen geben, dass es doch sehr unwahrscheinlich ist, dass den anderen Kindern das so angetan wurde wie ich es damals wahrgenommen habe.
Ich kann nur nach innen geben, dass ich glaube, dass es sich damals so angefühlt hat, dass es so ausgesehen hat, dass ich nicht weiß, ob es so war oder nicht, dass es aber (so oder so) unglaublich schlimm war und heute Platz sein darf um das auch zu betrauern.

Nur bin ich innerlich gar nicht mehr mit der Trauer beschäftigt, sondern mit dem Gefühl 'beweisen' zu müssen, dass so etwas aber auch möglich gewesen wäre. (Auch wenn ich rational zumindest teilweise weiß, dass das nicht die Intention meiner Therapeutin war, so verrutscht es doch immer wieder und ich fühle mich davon extrem getriggert.)

Heute habe ich dann tatsächlich online nach Vermisstenanzeigen gesucht. Und ich war erschrocken wie unglaublich viele es noch gibt. Ungeklärte Vermisstenfälle oder auch M*rdfälle von sooo vielen Kindern. Auch aus der Zeit damals. Es gibt ganze Verzeichnisse. Und bei einigen führen die Spuren ins P*d*ph*l*nmilieu und in den Kinderh*ndel und Kinderpr*st*t*ti*n. Aber die Spuren verlaufen sich, können nicht nachgewiesen werden.

Ich habe nur Ausschnitte davon gelesen. Mir wurde dann einfach nur noch so schlecht davon. Ich musste dann aufhören und es tut mir nicht gut mich damit zu intensiv zu beschäftigen. Weil es einfach zu nah ist und zu schrecklich - sowieso.
Dennoch kamen mir einzelne Kinder eventuell sogar bekannt vor. Kann natürlich auch aus den Medien damals sein.
Und einen wirklichen Unterschied macht es ja auch nicht.

Mir ist das passiert, was mir passiert ist. Ich habe es so wahrgenommen, wie ich es wahrgenommen habe. Ich habe gefühlt, was ich gefühlt habe. Und ich habe noch heute mit den Auswirkungen zu kämpfen.
Egal wer mir da glaubt oder nicht glaubt. Ich möchte mir selbst glauben. Denn alles andere wäre extrem schädlich...

Und so hilfreich und wohlwollend die Fragen meiner Therapeutin auch gemeint waren, mir Sicherheit in der Gegenwart zu geben, so muss ich die Fragen genauso beantworten: Dass es genauso gut auch so passiert sein könnte.

Ich hoffe, es sortiert sich mit der Zeit, sodass ich besser damit umgehen kann.
Ich hätte mich lieber schrittweise mit meiner Trauer und Wut über das Geschehene damals auseinandergesetzt und diese Gefühle Stück für Stück besser zugelassen anstatt mich damit auseinanderzusetzen, ob es überhaupt möglich war.
Und auch wenn es nicht so gewollt war, hat es doch genau das ausgelöst.

A.Rhiannon




Nachtrag:
Und gleichzeitig glaube ich auch einfach, dass nicht alles erfasst wird. Dass nicht jedes Kind wirklich als vermisst gemeldet wurde oder dass es nicht immer in den Medien war oder dass nicht immer alle nur aus Deutschland kamen. Oder dass teilweise eben auch vertuscht wurde. Oder. Oder. Oder.
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aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
Eli

Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Eli »

Hallo liebe a.rhiannion

Hab dich gelesen und verstehe wie es euch beschäftigt. Habe leider nicht viel neues beizutragen.

Ich finde eben hinter diesen Fragen steht einfach: wenn es Fake war war es nicht so schlimm. Du wurdest eben verarscht. Ob man das intendiert oder nicht das steht dahinter.
Das allein ist ja auch schon ein riesige Kränkung. Natürlich war man als Kind nicht in der Lage das zu durchschauen. Aber eben. Wenn man den Anteilen heute sagen würde vermutlich war es Fake. Was würde das ändern? War es deshalb irgendwie anders im erleben? Nein war es nicht. Noch dazu kommt die Kränkung dass man zu "doof" war das zu erkennen. So was ist ja auch ein Trigger. Eine Kränkung. Und: man darf nicht trauern weil vielleicht war es ja ein Fake...Puuh sehr schwer. Wohin dann aber mit den ganzen Gefühlen?

Und bitte les solche anzeigen nicht mehr. Aber ja sie sind ein Beweis dass es so etwas verdammt nochmal gibt. Diese Kinder führen sicher nicht alle ein Happy erwachsen leben in der Karibik...wohin verschwinden denn die Kinder aus der Flüchtlingskrise von 2015 und jetzt aus der Ukraine? Da sind hunderte einfach weg!

Das ist so schwierig dass die thera nun so lange weg ist. Wünsche dir Kraft beim Sortieren. Vielleicht muss und darf das Thema zwischendurch auch Mal weg gepackt werden.

Eli
A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Eli,

hab ganz lieben Dank für deine Antwort. Ich habe sie gestern schon gelesen und es hat einfach gut getan damit nicht so allein zu sein. Vielen Dank!
Ich finde eben hinter diesen Fragen steht einfach: wenn es Fake war war es nicht so schlimm. Du wurdest eben verarscht. Ob man das intendiert oder nicht das steht dahinter.
Ja stimmt. Das war mir in Worte gefasst noch gar nicht so bewusst. Aber genauso fühlt es sich an. Dass es eben nicht so schlimm war. Das triggert, weil mir das früher ständig genauso gesagt wurde. Sogar auch von meiner Mutter. Insgesamt wurde mir immer wieder das Gefühl gegeben ich würde lügen, mir Sachen ausdenken, ich hätte kein Recht mich so zu fühlen, mir müsse es gut gehen, weil ich alles hätte, Eltern die mich lieben und ich würde mich nur anstellen und undankbar sein.
Das allein ist ja auch schon ein riesige Kränkung. Natürlich war man als Kind nicht in der Lage das zu durchschauen. Aber eben. Wenn man den Anteilen heute sagen würde vermutlich war es Fake. Was würde das ändern? War es deshalb irgendwie anders im erleben? Nein war es nicht. 
Genau, im Erleben damals und in den Gefühlen von damals und von heute ändert es nichts.
Ich meine, wenn ich jetzt als Erwachsene eindeutig erkannt hätte, dass es Fake war, dann hätte ich das auch so beruhigend nach innen geben können. Dann hätte es geholfen. Aber auch mein Gefühl als Erwachsene ist eben so, dass es echt war. Natürlich mit der Möglichkeit im Hinterkopf, dass es auch gut gefaket sein könnte, aber eben nur könnte. Und vom Gefühl her bleibt es aber echt. Und dann mehrmals gefragt zu werden, ob ich es denn wirklich glaube, dass Kinder damals wirklich grst*rben wären und dann später nochmal darauf hinzuweisen, dass das doch aber mit Erwachsenen-Augen heute betrachtet doch wohl kaum/nicht möglich sei, wenn es keine entsprechende Vermisstenanzeigen gab, das fühlt sich so an als würde mir meine Wahrnehmung wieder abgesprochen werden.
Denn meine Wahrnehmung auch mit Erwachsenen-Augen ist einfach eine andere.

Ich als Erwachsene hatte gerade damit begonnen das so für mich/für uns anzunehmen. Und das war es, was innen endlich für ein klein wenig Erleichterung gesorgt hat. Dass da endlich jemand ist, der es glaubt. Dass da endlich jemand ist, der es gesehen hat und glaubt und bleibt und es aus-hält.
Und: man darf nicht trauern weil vielleicht war es ja ein Fake...Puuh sehr schwer. Wohin dann aber mit den ganzen Gefühlen?
Genau, das wäre dann irgendwie nicht mehr möglich. Es fühlt sich so an als wäre das nun irgendwie verboten, als seien mir meine Gefühle und Glaubwürdigkeit abgesprochen worden. Als sei die Trauer nicht erlaubt oder zumindest in dem Maße nicht notwendig, sondern übertrieben.
Für mich kann es aber nur besser werden, wenn ich es voll und ganz für mich annehme und die Gefühle und die Trauer mit der Zeit zulasse.

Ich kann den Wunsch der Therapeutin verstehen, dass es mit Erwachsenen-Augen betrachtet nicht real aussieht, dass es so etwas am besten gar nicht geben kann. Dass mir der Realitätsabgleich dann hilft damit umzugehen, da ich als Erwachsene erkenne, dass es das so nie gab. Dass es insgesamt beruhigender ist mit dem Wissen zu leben, dass es das so nicht geben kann, dass es gefaket war und diese Gefühle verarbeitet werden müssen.

Jedoch passt das so für mich nicht. In meinem Erleben damals war es echt. In meinen Erwachsenen-Augen war es echt. (Natürlich mit dem Wissen, dass es gefaket sein könnte. Aber darauf liegt für mich nicht der Fokus.) Für mich liegt der Fokus darauf mit meinen Gefühlen und meinem Erleben und meinen Erinnerungen heute umgehen zu können. Das alles als ein Teil von mir annehmen zu können, ohne daran zu zerbrechen. Und nur allein dafür muss ich es als echt annehmen, ohne jemals die Gewissheit zu haben, ob es das wirklich war.
Aber alles andere fühlt sich so an als würde ich mich selbst belügen, als würde ich meinen kindlichen Teilen nicht glauben. Und das löst extremes Chaos aus. Von daher weiß ich, dass dieser Weg für mich/ für uns nicht passen würde. Es passt die Akzeptanz, das Annehmen, egal was war.

Finde es nur so anstrengend das nun auch im Außen erkämpfen zu müssen. Denn so fühlt es sich an. Also eigentlich fühlt es sich so an als würde mir sowieso nicht mehr geglaubt werden egal was ich sage oder tue. Als wäre meine Wahrnehmung einfach falsch. Denn so etwas kann es nicht geben. Als sei ich falsch und auch mein Weg der Verarbeitung. Als sei es dann ja kein Wunder, dass es mir teilweise so schlecht geht, wenn ich selbst schuld daran bin an solch falschen Wahrnehmungen festzuhalten. Denn so etwas kann es auf keinen Fall in real geben. Gibt es einfach nicht, hat es nie gegeben. Punkt.

Und das macht mich fertig. :cry:

A.Rhiannon
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Eli

Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Eli »

ach mann, das tut mir echt gerade total leid... als ob du nicht schon genug kämpfen würdest.
ich kann das echt gut nachfühlen.
das ist echt einiges schief gelaufen mit der thera..
was mir noch einfiel als hilfe bis die thera wieder da ist: vielleicht mal das berta telefon anrufen und das erzählen, da jemanden hören, der es nachvollziehen kann und vielleicht nochmal einen guten impuls gibt.

ich glaube da bist du gerade ein bisschen depressiv und generalisierend wenn du sagst es würde dir eh nicht mehr geglaubt. auch das kann ich gut verstehen, hätte ich sicher auch, plus viel wut. :wink: ich glaube aber das lässt sich im gespräch mit der thera klären, dass das so nicht ist.

vielleicht kannst du dieses thera thema ein bisschen wegpacken und wieder näher spüren was die anteile fühlen und sie trösten.
ich sende dir viel kraft dafür
eli
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Eli,

vielen Dank für deine lieben Worte und für deine Antwort. Das bedeutet mir viel. Auch da ich weiß, dass du die Kraft ja auch für dich selbst brauchst.

Danke auch für den Tipp mit dem Berta Telefon. Das kannte ich bisher noch gar nicht. Vielleicht ist das später auch mal eine Idee nachdem die Therapie ausgelaufen ist.
ich glaube da bist du gerade ein bisschen depressiv und generalisierend wenn du sagst es würde dir eh nicht mehr geglaubt.
Ich glaube zumindest ein Teil von mir fühlt sich so. Ich fühle mich zum Glück nicht komplett so. Zeitweise kann ich es wegstecken und mich mit anderem beschäftigen ohne ständig damit in Kontakt zu sein. Vielleicht gelingt mir das ja noch besser.
Gleichzeitig möchte ich es nicht komplett "weg machen", sondern ab und zu hinfühlen und dem Raum geben, weil ich weiß, dass es mich ansonsten sowieso übermannt und ich dann so getriggert bin, dass ich damit gar nicht mehr umgehen kann. Weil ich dann so da reinrutsche und schlecht rauskomme. Meine Wahrnehmung ist dann teilweise auch völlig verschoben und ich stecke in früheren Gefühlen fest.

Gleichzeitig finde ich die Erinnerung daran, dass ich es zumindest zeitweise weg packen kann gut und wichtig. Daran muss ich teilweise noch mehr denken. Gestern ist mir das fast gar nicht gelungen. Danke für die Erinnerung.
vielleicht kannst du dieses thera thema ein bisschen wegpacken und wieder näher spüren was die anteile fühlen und sie trösten.
Denn genau das ist glaube ich wirklich wichtig. Zumindest um nicht permanent damit in Kontakt zu sein.
ich glaube aber das lässt sich im gespräch mit der thera klären, dass das so nicht ist.
Das denke ich auch. Ich kenne sie inzwischen schon recht lange und denke, dass ich das bei ihr ansprechen kann und dass es auch wichtig ist darüber zu sprechen.

Liebe Eli ich wünsche dir auch alles Gute und viel Kraft für alles. Pass gut auf dich auf.

A.Rhiannon
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Aufatmende »

Ich glaube dir. Dass es wahr ist. Ich habe ähnliches erlebt. Ich habe hier geantwortet, aber meine Anmeldung funktioniert leider nicht.
Rückfälle sind Vorfälle!
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von Aufatmende »

Muss mit dem schlechten WLAN hier zusammemhängen
Rückfälle sind Vorfälle!
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Re: Gedankenraum - zu mir selbst finden

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Aufatmende,

hab ganz lieben Dank dafür:
Ich glaube dir. Dass es wahr ist. Ich habe ähnliches erlebt.
Da kommen innerlich so viele Gefühle, ... Erleichterung und Trauer und Schmerz... Aber irgendwie lösend und heilsam. Auch wenn ich es noch nicht so richtig zulassen kann, merke ich, dass es im Innen ankommt und einen Unterschied macht. :cry: Danke.
(Und es tut mir so leid für dich.)






Trigger





Ansonsten habe ich eine schlimme Nacht hinter mir. Immer wieder Träume vom Bl*t und T*d und ich als Kind immer wieder mittendrin. Überall dieses Bl*t und t*te Kinder.

Auch tagsüber kommen immer wieder diese Bilder. Überall Bl*t und so viel.







Trigger Ende


In mir drin höre ich immer wieder das Kinderweinen, hemmungsloses Schluchzen und Schreien. So als würde ein kindlicher Teil in mir immer wieder schreien und weinen. Und ich weiß kaum dieses Kind zu versorgen. Vor allem neben all dem Alltag...

Die Tresorübung hat heute kaum bis gar nicht funktioniert. Es ist zu laut im Innen, das Bedürfnis gesehen zu werden zu groß. Es soll nicht wieder verdrängt und vergessen werden. Und die Botschaft, dass später wieder drauf gesehen werden kann hilft auch nur bedingt oder nicht.

Vielleicht kann ich auch nochmal Helferwesen hinzunehmen. Ich weiß es nicht.

A.Rhiannon
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