Zusammenwachsen

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elefantenkind
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von elefantenkind »

Wie lieb, dass ihr mir hier immer noch schreibt, liebe Isa, liebe Maya und liebe A.Rhiannon.

Der Selbstwert ist gerade so im Keller, dass ich mich für meine Existenz entschuldigen möchte. Nur noch verstecken und unsichtbar machen...

Von allem überfordert. Die (inneren) Kinder kommen raus und fangen Streit an oder zu weinen, und das am hellichten Tag. Zum Glück war meine Tochter nicht da, ich habe doch immer sehr das Bedürfnis, sie zu schützen.

Ja, eigentlich freu ich mich über die Hochzeit und das Fest und dass meine Beziehung so gut und stabil und schön und liebevoll ist. Uneigentllich geht hier gerade nur noch das Minimalprogramm und ich verzweifel an dieser emotionalen Erschöpfung. Wirklich, diese Gefühle zu haben oder auch, sie zu unterdrücken, das ist so anstrengend, als würde ich 24stunden arbeiten und das immer wieder mit nur kurzen Pausen.

Ich weiß gerade nicht mehr, wie ich entspannen und für mich sorgen kann, die bloße Existenz strengt an, selbst mir was zu trinken zu nehmen ist zu viel.

Da merke ich wieder, wie wenig "normal" ich bin, wir sehr dieses verdammte Kacktrauma mein Leben, mein Sein, belastet und Energien zieht und zieht und zieht. Jeder Stress wird für mich zur existentiellen Frage. Vergessen, dass ich mich Ende letzten Jahres so gut fühlen konnte, wenn ich darüber hier nicht gelesen hätte, wäre es mir völlig unbekannt.

Ich glaube, ich bin wütend.
Wütend auf meinen widerlichen kranken Onkel, wütend auf meine armselige hilflose Mutter, wütend auf meine kalte abweisende Schwester, wütend auf meinen anwesenden Vater. Wütend wütend WÜTEND :evil: :evil: :evil: :twisted: :twisted: :twisted: :evil: :evil: :evil: :evil:
Izzy

Re: Zusammenwachsen

Beitrag von Izzy »

Zu Recht bist du wütend und da gehört die Wut auch an genau an die richtige Stelle.
Nicht deine Existenz in Frage stellen, du bist genauso gut wie du bist. Und manchmal geht eben nur noch Minimalprogramm und allein das ist schon ein Riesenkraftakt.

Wenn du magst, reich ich dir mal die Hand und lass dir ein paar Kraftwünsche hier. Ich hoffe am Wochenende ist wieder etwas Erholung möglich.
Alles Liebe!
A.Rhiannon
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Elefantenmädchen,

ich finde auch, dass deine Wut völlig in Ordnung und gut ist. Vielleicht kannst du daraus auch Energie ziehen und freisetzen.

Ansonsten kenne ich das mit der Anstrengung auch, dass es manchmal so schwer ist und nichts anderes zu gehen scheint.
Irgendwann wird es wieder besser werden. Und es ist doch auch gut zu wissen, dass es schon Phasen gab, in denen es besser war.

Ich wünsche dir auch, dass du dir am Wochenende etwas Gutes tun und vielleicht etwas zur Ruhe kommen kannst.

Alles Liebe,
A.Rhiannon
"Wenn man ins Universum starrt, ist sein Mittelpunkt nur Kälte. Und Leere. Letztendlich sind wir dem Universum egal. Dem Universum und der Zeit. Deswegen dürfen wir einander nicht egal sein."

aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
Sonnenkind

Re: Zusammenwachsen

Beitrag von Sonnenkind »

Hallo Elefantenkind

habe dich gelesen, und viele Parallelen entdeckt. Auch bei mir gibt`s eine Schwester, die sich auf Täterseite gestellt hat ("ich bin christlich genug, etwas zu vergeben, das so lange her ist. Das solltest du auch, und vor allem darüber schweigen!"). Das tut mir so weh.
Und deine Worte am Anfang des Threads
"Eine weint.
Eine hasst mich
Ich hasse meine Mutter.
Eine jammert, dass sie mama lieb hat."
haben mich so berührt.
Mich würd interessieren, wie`s dir geht?
elefantenkind
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von elefantenkind »

Liebe Sonnenkind,
Danke für deine Worte und dass du mich gelesen hast. Was deine Schwester sagt, ist krass und wenn ich es so von außen in einer anderen Geschichte lese, kommt ganz klar ein "geht überhaupt nicht" in mir auf.

Mir geht es leider nicht so gut, ich habe die ganze zeit mit dem Gefühl gelebt, dass die ganzen Gefühle ob mir feststecken und ich mich wie tot fühle. So ne "kritischen Gefühle" darf ich nicht haben...
elefantenkind
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von elefantenkind »

Ich möchte manchmal diese Unsichtbarkeit verlassen. Ich will mal den Menschen um mich herum sagen, was mich wirklich beschäftigt. Nicht, dass ich zwei Tage krank war, weil ich das Gefühl hatte, was auszubrüten. Nein, ich will mal sagen, ach, ich habe eine ptbs, ich habe ein schlimmes Trauma, durch meine Kindheit. Ich bin sexuell mißbraucht worden und auch vernachlässigt worden und die Folgen machen mir immer noch so zu schaffen. Da musste ich einfach mal einen Tag im Bett liegen und schlafen. Weil ich der für euch normalen Belastung im Alltag so schlecht stand halten kann.
Es erschöpft mich auch so sehr, so viel von inneren Stimmen zu hören, die mich schlecht machen, meine Entscheidungen kritisieren, mein ganzes Sein kritisieren. Nichts geht für mich einfach.
Und durch das Familienfest sind wieder Themen auf dem Tisch, die sind für mich kaum zu tragen
Zu schwer. Erinnerung an den mb kommen hoch, an die Gefühle von damals. Alles sehr sehr anstrengend und schmerzhaft.
Wollte ich nur mal gesagt haben. Weil ich glaube, dass du mich und meine Situation völlig falsch einschätzt.
elefantenkind
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von elefantenkind »

Ich möchte so gerne Verständnis und Hilfe und Unterstützung bekommen.
A.Rhiannon
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Elefantenmädchen,

den Wunsch, den du beschreibst, kann ich sehr gut nachvollziehen. Es ging mir lange Zeit auch so. Dann habe ich einige Menschen gefunden, mit denen ich offen darüber reden kann. Nicht immer ist es passend, doch aber möglich, wenn es für mich wirklich wichtig ist. Es fing mit meinem Partner an, dann konnte ich sehr engen Freunden davon erzählen und mit der Zeit irgendwie offener damit umgehen. Das heißt natürlich nicht, dass ich jedem davon erzähle, sondern eben ausgewählten Personen, bei denen ich mich wohlfühle und denen ich vertraue.
Und so konnte ich auch schon gute Unterstützung erfahren. Manchmal braucht es auch "nur" ein Ohr und etwas Mitgefühl.

Ich wünsche dir, dass du solche positiven Erfahrungen auch machen darfst.

Alles Liebe,
A.Rhiannon
"Wenn man ins Universum starrt, ist sein Mittelpunkt nur Kälte. Und Leere. Letztendlich sind wir dem Universum egal. Dem Universum und der Zeit. Deswegen dürfen wir einander nicht egal sein."

aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
elefantenkind
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von elefantenkind »

Im Grunde krieche ich gerade auf allen vieren.
Gestern ist was passiert, was mich so schlimm getriggert hat wie seit Jahren nicht mehr.

Das erschöpft mich so. Und ich merke, dass ich keinen Kontakt nach innen herstellen kann. Ich wünschte, ich hätte noch Begleitung, aber Therapie ist schon lange zuende und Beratung auch.

Ich habe mal noch eine Frage. Auslöser meiner dritten Therapie war eine Op, die zu einer ptbs geführt hat. Also war das Thema eigentlich nicht die sexuelle Gewalt, die ich in meiner Kindheit erlebt habe. Jedenfalls nicht vordergründig.
Nun muss ich vermutlich zu einem MRT, wegen einer "Raumforderung" und genau so hat damals die Krankengeschichte angefangen, die zu der akuten ptbs geführt hat.

Mir hat sich in der Therapie schon geklärt, in welchem Zusammenhang das stand. Themen wie Ohnmachterlebnisse, Hilflosigkeit und auch Narkose. All das konnte ich psychisch nicht verarbeiten. Ich habe auch darüber nachgedacht, ob es "nur" meine Vorgeschichte war oder ob ein zusätzliches Trauma dazu kam, und zwar, ob ich während der Op erwacht bin? Und mich aber nicht richtig daran erinnere, weil ich es abgespalten habe?
Es ist so, dass ich durch Zufall mal auf einen Artikel zu dem Thema gestoßen bin und direkt angefangen habe zu weinen und Angstzustände zu bekommen. Ich kann mich aber nicht richtig erinnern.
Nur, dass ich mich hinterher nicht mehr wie vorher gefühlt habe. Sondern als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Als wäre ich nicht mehr ich selbst.
Kennt das jemand von euch?

Auf der anderen Seite gibt es ja die hm, Erinnerung /Körpererinnerung / Theorie, dass ich von dem Täter Medikamente bekommen habe, die mich willenlos gemacht haben. Vielleicht reicht das ja auch, um eine Narkose als retraumatisierend zu erleben?
Wenn ich das schreibe, kommt der Widerspruch, dass ich weitere zwei Jahre davor auch eine Narkose erhalten habe, die ich völlig unbeschadet überstanden habe.

Das ist ein total schweres Thema für mich. Gestern, als ich vom Arzt kam, habe ich gemerkt, wie ich in diese Zustände einfach wieder reinrutsche. Panik. Todesangst. Weinen. Hilflosigkeit. Mama anrufen. Stimmen innen. Diskussionen. Und diese unterschiedlichen Gefühle und Gedanken und Meinungen, das macht mich völlig fertig. Von Todesangst bis "du Jammerlappen, du Hypochonder" ist alles dabei.

Ja, in der Theorie weiß ich, dass das innere Kinder und Kritiker sind, in der Praxis macht es mich aber einfach müde und fertig und überfordert mich :shock: .
A.Rhiannon
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Elefantenmädchen,

es tut mir sehr leid, dass es dir momentan nicht gut geht.

Das Einzige, was ich zur Narkose aus eigener Erfahrung sagen kann ist, dass ich das als Jugendliche auch schon ganz schlimm fand. Nach dem Aufwachen habe ich geweint und habe mich kaum beruhigen lassen. Ich konnte es mir damals selbst nicht erklären. Es hat sich einfach irgendwie hilflos und ausgeliefert angefühlt, was dann wieder zum Missbrauch passen könnte.

Ich weiß nun nicht wie es bei dir war. Vielleicht kommt da auch mehreres zusammen hoch, vom Missbrauch und von der einen letzten Narkose. Vielleicht hilft das Nach-Innen-Hören, was da damals war.

Wichtig ist ja, dass du die Untersuchung/ OP, die nun in der Gegenwart ansteht, gut hinbekommst. Also, dass du dich dabei möglichst sicher und gut aufgehoben fühlen kannst.
Was für Möglichkeiten gibt es, die dir dabei helfen könnten?
Kannst du vorher mit dem Krankenhaus über deine Ängste (Narkose und Missbrauch) reden?
Kannst du dich ausführlich über die Narkose und den Eingriff beraten lassen, auch welche Schutzmaßnahmen etc. es geben könnte?
Gäbe es die Möglichkeit, dass dich eine Person deines Vertrauens (z.B. dein Freund) zur Beratung, zur OP (falls sowas überhaupt möglich ist) und beim Aufwachen begleitet?
Was kannst du vorher noch unternehmen, um deine inneren Kinder zu beruihgen (OP kindgerecht erklären, an einen sicheren Ort bringen etc.)?

Ich wünsche dir alles Gute und schicke dir ein großes Kraftpaket,
A.Rhiannon
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aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
elefantenkind
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von elefantenkind »

Danke für deine Nachricht, liebe A.Rhiannon
Im Moment bin ich ja noch von einer op entfernt, ich hoffe weit entfernt. Erst mal nur MRT Termin vereinbaren. Habe mit einer Freundin heute darüber gesprochen, die sagte ich solle das jetzt machen lassen und nur in kleinen Schritten denken.
Ein MRT heißt ja nicht automatisch op, es kann ja auch herauskommen, dass man einfach abwartet und weiter beobachtet. Dieser Tumor ist ja in den letzten fünf Jahren nicht gewachsen, da gibt es regelmäßige Ultraschallbilder.

Also versuche ich nach innen zu kommunizieren, dass es nur um eine Untersuchung geht, die nicht heißt, dass es danach zu noch mehr kommt. Und wenn es so ist, dann werden wir uns dann darum kümmern. Puh.

Komisch fühlt sich auch an, dass jetzt direkt wieder Innenstimmen melden, aber so ist das eben bei großem emotionalen Stress und ich muss versuchen, die Kritiker zum Schweigen zu bringen, die daraus machen, dass ich "einen an der klatsche" habe und das ignorieren soll.
Izzy

Re: Zusammenwachsen

Beitrag von Izzy »

Liebe Elefantenmädchen

tut mir leid, dass es dir gerad so schlecht geht und ganz verständlich, dass das alles so triggert.
Ich wünschte, ich hätte noch Begleitung, aber Therapie ist schon lange zuende und Beratung auch.
Gibt es denn keine Möglichkeit für Zwischentermine? Therapeuten können ja 3 Gespräche im Quartal abrechnen oder stünde die Beratung vielleicht auch zwischendurch zur Verfügung? Mit unseren Geschichten ist es eben so, dass alle neuen Situationen eben neue Schwierigkeiten mitbringen, neue Krisen ausgelöst werden und es da auch eine gute Fürsorge ist, Unterstützung zu haben.

Klingt so als vermischt sich da auch viel an Ängsten, Angst, dass wieder etwas wie die letze PTBS entsteht, Angst vor etwas das während einer Untersuchung entsteht, Angst vor Triggern und der Reaktion..dann noch das Thema Gesundheit allgemein und da steht ja auch ein Ergebnis am Ende. Kein Wunder, dass das Chaos ausbricht :(
Und ich hätte auch erstmal an Hilflosigkeit gedacht als Überschrift, und Gefühle sind ja auch Trigger. Hilflosigkeit an sich löst ja auch viel aus. Und wenn du ja nicht weißt, was da war ..dann ist es ja auch schwierig , dass dann vorherzusehen. Ist es komplett abgespalten, was da war und soviel ausgelöst hat?

Und ja, Theorie und Praxis sind eben wirklich immer zweierlei und das eine stößt ja das andere an ..der Kritiker löst dann auch wieder Hilflosigkeit, Versagensgefühle etc. aus und dann steht wieder ein Kindanteil da und dann wirbelt es durcheinander.

Und klingt gut, dass du es nach innen kommuniziert, dass es erstmal "nur" eine Untersuchung ist..vielleicht wissen dass manche innen einfach nicht. Und das was A. Rhiannon schreibt, in die Richtung hätte ich auch gedacht. Etwas zur Beruhigung mit nehmen ..einen guten Ort für junge , verängstigte Anteile während des MRTs. Und gibts für die Erwachsene Beruhigung? Jemand der/die mitkommen kann? Sich danach gut kümmern kann?

Wünsch dir viel Kraft für die Zeit und wünsche dir, dass es mit dem MRT erledigt ist und sich dort gute Nachrichten zeigen.
Alles Liebe, Isa
A.Rhiannon
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Elefantenmädchen,

diesem Wunsch von Isa schließe ich mich natürlich an:
Wünsch dir viel Kraft für die Zeit und wünsche dir, dass es mit dem MRT erledigt ist und sich dort gute Nachrichten zeigen.
Wie geht es dir denn ansonsten mit den Hochzeitsvorbereitungen, kannst du das inzwischen als positive Energie nutzen? (Nur, wenn du darauf antworten möchtest.)

Alles Liebe für dich und ganz viel Kraft,
A.Rhiannon
"Wenn man ins Universum starrt, ist sein Mittelpunkt nur Kälte. Und Leere. Letztendlich sind wir dem Universum egal. Dem Universum und der Zeit. Deswegen dürfen wir einander nicht egal sein."

aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
elefantenkind
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von elefantenkind »

Ich bin noch hier und lese bei euch auch, aber schreiben geht schlecht, von Sprachlosigkeit geschlagen.
Maya
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Re: Zusammenwachsen

Beitrag von Maya »

Dann lass ich mal liebe Grüße bei dir!
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