Stabilisierungstechniken

Hier können Betroffene über ihre Erlebnisse diskutieren.
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

Jetzt wieder etwas, das mehr Arbeit erfordert, aber wichtig sein könnte. Ausgehend von der Frage, wie ihr mit den Personen in eurem Umfeld umgeht, kann es vielleicht sein, dass da verschiedene Schwierigkeiten im sozialen Verhalten auftauchen, die für euch subjektiv lebenswichtig sind - für andere aber nicht nachvollziehbar. Hier gehe ich mal in die Richtung des Gegenmilieus. Kennt ihr diese Sehnsüchte? Kommt euch das bekannt vor? Würde euch das gut tun?
Reparenting (Anfänger-Mittelstufe) *t?*
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Reparenting (englisch parents – Eltern; re- – wieder-) bzw. Neubeelterung ist ein Begriff aus der Psychotherapie und wesentlicher Bestandteil der therapeutischen Beziehung. Es beschreibt eine therapeutische Haltung, die dem Patienten gezielt nachträgliche, elterliche Fürsorge zukommen lässt, welche innerhalb des Rahmens einer therapeutischen Beziehung angemessen ist.[1]

Die Bezeichnung Reparenting ist eingedeutscht und als Bezeichnung für diese therapeutische Intervention am geläufigsten, seltener wird sie als Neu- oder Wiederbeelterung oder als Nachnährung bezeichnet. Sie entspricht dem „korrigierenden emotionalen Erleben“, welches 1946 von Alexander & French konzipiert wurde.

Reparenting wird eingesetzt bei der Behandlung von Traumata sowie bei psychischen Störungen und psychischen Konflikten, die in mangelnder Einfühlung/Empathie und unangemessener Zuwendung der Eltern und wichtiger Bezugspersonen ihren Ursprung finden. Es ist wesentlicher Anteil jeder therapeutischen Beziehung und wird beispielsweise in der Schematherapie, Hypnotherapie, Integrativen Therapie oder Transaktionsanalyse stark gewichtet.

In den frühen und späteren Phasen menschlicher Entwicklung bilden sich innere Haltungen heraus, die bei ungünstigem Verlauf zur Entstehung neurotischer Konflikte und neurotischer Störungen führen. Mentzos nennt dies 1982 übereinander liegende Schichten von Abwehrsystemen, die den sogenannten „Zentralen Konflikt“ verdecken, wobei diese Abwehrsysteme häufig zu einem Problem werden. Die grundlegenden Konflikte, welche zur notwendigen Entwicklung dieser problematischen Abwehrmechanismen führten, sollen in einer Psychotherapie wiederbelebt werden, um verarbeitet werden zu können. Die schädigende Wirkung der verinnerlichten elterlichen Bilder/Repräsentanzen kann mittels einer korrektiven Atmosphäre zwischenmenschlichen Kontaktes verändert werden, wobei das Reparenting eine mögliche Herangehensweise darstellt.

Bei der Behandlung von Defiziten stellt das Reparenting jene Beziehungsqualitäten zur Verfügung, die zur Ausbildung einer starken Persönlichkeitsstruktur notwendig gewesen wären. Der Therapeut hat die Aufgabe, das zu verkörpern, was vorher gefehlt hat. Die verantwortungsvolle Einschätzung der Grenzen des Reparenting ist Aufgabe des Therapeuten. Alle Formen der Zuwendung in Worten, Blicken oder Berührungen müssen innerhalb des therapeutischen Rahmens liegen und dürfen keinerlei missbräuchlichen Charakter annehmen. Es sind immer therapeutische, elterlich gefärbte Zuwendungen, die nicht egoistische Wünsche des Therapeuten befriedigen dürfen und ebenso eventuelle missbräuchliche Wünsche des Patienten ausgrenzen müssen. Dies ist speziell beim Reparenting in körper- und berührungsorientierten Psychotherapien, die ein großes Maß an Nähe voraussetzen, von wesentlicher berufsethischer Bedeutung.

Reparenting bei speziellen Problemlagen/(Frühe maladaptive Schemata) am Beispiel der Schematherapie nach Jeffrey E. Young: Damit das Reparenting wirksam werden kann, muss es genau an die Problematik des Patienten angepasst werden. Wichtig ist dabei die Berücksichtigung des jeweiligen Modus, in dem sich der Patient gerade befindet, wann er den Modus wechselt und ob mehrere Schemata parallel wirksam sind.

Verlassenheit/Instabilität
:arrow: Der Therapeut bietet Stabilität und Struktur und unterstützt den Patienten dabei, stabile Beziehungen im Alltagsleben zu finden. Den Befürchtungen des Patienten, mit hoher Wahrscheinlichkeit verlassen zu werden, setzt er eine realistische Einschätzung entgegen. Der Patient soll lernen, vorübergehende Trennungen zu akzeptieren, ohne sich zu verschließen oder sich selbstzerstörerisch zu verhalten.

Misstrauen / Missbrauch
:arrow: Der Therapeut verhält sich vertrauenswürdig und aufrichtig und spricht den Patienten auf eventuelle negative Gefühle oder Erwartungen dem Therapeuten gegenüber an.

Emotionale Entbehrung
:arrow: Der Therapeut schafft eine Atmosphäre emotionaler Wärme, Empathie und bemühten Helfens. Er verdeutlicht die Rechte des Patienten auf emotionale Bedürfnisse und deren Befriedigung, und ermutigt den Patienten, um die jeweils gebrauchte emotionale Zuwendung zu bitten. Er unterstützt den Patienten dabei, Gefühle der Entbehrung auszudrücken, ohne aggressiv zu werden oder sich in Schweigen zurückzuziehen. Der Patient soll lernen, Entbehrungen zu ertragen und die eigene Unvollkommenheit zu akzeptieren.

Unzulänglichkeit / Scham
:arrow: Der Therapeut demonstriert Akzeptanz und nicht-urteilendes Verhalten gegenüber dem Patienten. Er unterstreicht, wie wichtig das Wohl des Patienten unabhängig von seinen Mängeln ist, und macht dem Patienten aufrichtige Komplimente, die der Realität entsprechen. Der Therapeut steht selbst zur eigenen Unvollkommenheit und kann persönliche Schwächen zugeben.

Soziale Isolierung/Entfremdung
:arrow: Der Therapeut führt vor, inwieweit sich die Persönlichkeiten von Patient und Therapeut ähneln und in welchen Punkten sie sich unterscheiden, und verdeutlicht, dass trotzdem eine fruchtbare Kommunikation möglich ist.

Abhängigkeit / Inkompetenz
:arrow: Der Therapeut wehrt die Versuche des Patienten ab, sich vom Therapeuten abhängig zu machen. Er fordert selbstständige Entscheidungen, lobt aber auch explizit Fortschritte und gute Einschätzungen des Patienten.

Anfälligkeit für Schädigungen oder Krankheiten
:arrow: Der Patient soll lernen, sich von allgemeinen Ängsten und Gefahrenvorstellungen zu lösen. Der Therapeut bringt sein Vertrauen zum Ausdruck, dass der Patient in der Lage sein wird, angsterzeugende Situationen sowie gefürchtete Erkrankungen zu bewältigen.

Verstrickung / Unterentwickeltes Selbst
:arrow: Der Therapeut setzt eindeutige Grenzen, die ein angemessenes Verhältnis von Nähe und Distanz ermöglichen. Er unterstützt den Patienten darin, ein Empfinden für die eigene Unabhängigkeit zu entwickeln.

Unterwerfung
:arrow: Der Therapeut bezieht den Patienten in viele Entscheidungen bei der Gestaltung des Therapieplans mit ein, wobei das Verhalten des Therapeuten möglichst wenig direktiv ist. Der Therapeut weist den Patienten auf eventuelles ehrerbietiges oder rebellisches Verhalten hin und fördert ihn dabei, den eigenen Ärger angemessen auszudrücken. Der Patient soll lernen, eigene, unabhängige Entscheidungen zu treffen.

Selbstaufopferung
:arrow: Der Therapeut unterstützt den Patienten dabei, sich selbst angemessene Grenzen zu setzen und sich für eigene Rechte und die Erfüllung eigener Bedürfnisse einzusetzen.

Negativität / Pessimismus
:arrow: In konkreten Fragen vermeidet es der Therapeut, der negativen Einschätzung des Patienten eine eigene positive Einschätzung entgegenzusetzen. Vielmehr fordert der den Patienten auf, sich nacheinander selbst in beide Rollen hinein zu versetzen. Ansonsten demonstriert der Therapeut einen gesunden Optimismus.

Emotionale Gehemmtheit
:arrow: Der Therapeut ermutigt den Patienten zum spontanen Ausdruck von Gefühlen in der Sitzung und zeigt den angemessenen Ausdruck eigener Affekte.

Streben nach Zustimmung und Anerkennung
:arrow: Der Therapeut hebt das Kern-Selbst des Patienten hervor und unterstützt den Patienten durch Wohlwollen und Wertschätzung. Der Patient soll lernen, sich von oberflächlichen Kriterien wie Status, äußerer Erscheinung oder Reichtum zu lösen.


Das Konzept der „Nachnährung“ als Alternative zu Freuds eher versagender Nacherziehung stellte Sándor Ferenczi 1931 zu Freuds 75. Geburtstag in Wien vor. Nach seiner Theorie sei es nicht die Übertragung, sondern das „Gegenmilieu“, das die Heilung bringe. Anstatt der nötigen Zuwendung und Geborgenheit erlebten viele Neurotiker eine Mischung aus Strenge und Sexualisierung in der Kindheit. Ferenczi: „Solche Neurotiker müßte man förmlich adoptieren und erstmalig der Segnungen einer normalen Kinderstube teilhaftig werden lassen."

Die „Nachbeelterung“ als therapeutische Strategie ist eine schwierige Gratwanderung, weil ein wirklicher Ersatz für die frühen und unbefriedigenden Eltern- und Beziehungserfahrungen nicht möglich ist. Die vergangene reale Lebens- und Entwicklungsgeschichte des einzelnen Menschen ist nicht veränderbar, jedoch die Auswirkungen, die sie auf seine heute möglichen Beziehungen hat.

Quelle: wikipedia.de
Pada und paea, wie immer. Vielleicht geht euch beim Lesen ein Licht auf, was ihr eigentlich von einigen eurer Mitmenschen unbewusst erwartet.

Für wen Therapie mit Reparenting-Inhalten angezeigt ist, den wird das beim Lesen automatisch ansprechen. Einige Therapeuten mit Schematherapie wenden dieses Verfahren an. Hier ist ein verantwortungsvoller Umgang mit persönlichen Grenzen in der Therapie für beide Personen sehr wichtig. Der Schluss der Therapie sollte in einer Stärkung der autonomen, erwachsenen Anteile der Persönlichkeit bestehen, die ein eigenständiges Leben möglich werden lässt.

Gruß,

Lo
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

Tada, ich bin nicht perfekt und kann den Beitrag auch nicht mehr nachträglich ändern, also hier die wichtige (!) Anmerkung zum Johanniskraut, die mich per PN erreichte:
...
Habe eine Anmerkung zu dem Beitrag über Johanniskraut:
Leider scheint da den Seiten ein Fehler passiert zu sein: Johanniskraut hat sehr viele Wechselwirkungen mit unterschiedlichen Medikamenten, da es durch Johanniskraut zu einem verstärkten Abbau von Medikamenten kommen kann.
Medikamente können durch die Einnahme von Johanniskraut unwirksam werden (!), dazu gehören unter anderem die Pille oder auch Medikamente zur Immunsupression nach Transplantation.

Vielen Dank dir und alles Gute! :)
Das war tatsächlich so auf mehreren Websiten angegeben. Immer mal gut, wenn man das gegenprüfen kann... :roll: Vielen Dank!

Lo
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

Mal wieder Apotheken (Anfänger-Profis)


Manchmal kommt man auf die einfachsten Dinge nicht: Mal wieder bei einer Apotheke vorbei gehen ist eines davon, wenn man gern alles selbst und für sich und allein regeln will/muss. :roll: Apotheken verkaufen Medikamente und mehr, und noch wichtiger: Sie beraten auch zu Wechselwirkungen von Medikamenten und Nebenwirkungen.

Manche Apotheken haben einen Notdienst, der nachts erreichbar ist. Dafür schläft dann teilweise tatsächlich ein Apotheker in der Apotheke auf einem extra Bett (hab ich zumindest so gesehen) und wartet auf Notfallpatienten. Am Apothekenschild ist eine Notfallklingel angebracht, die ihr betätigen könnt, wenn euch nachts ein wichtiges Medikament fehlt oder gerade gar nichts mehr geht. Welche Apotheken das in eurer Nähe sind, könnt ihr z. B. hier nachlesen:

www.apotheken.de

Wer sich gerade nicht krank fühlt, kann die Apotheke für einen kleinen Wellness-Besuch nutzen. Einige Apotheken verkaufen auch individuell zusammengestellte Bachblüten-Essenzen (mit und ohne Alkohol) oder Lavendelblüten. Viele haben zudem ein Kosmetiksortiment aufgebaut. Und Hustenbonbons gibt's dort auch. Und gelatinefreie Gummibärchen. Oder Lakritze. Viele Tees für alles Mögliche (Ich bin gerade bei Husten- und Bronchialtee angekommen...). Badezusätze. Je nach Angebot.

Der Besuch bei einer Apotheke ersetzt natürlich keinen Arztbesuch und keine Therapie. Aber vielleicht könnt ihr dadurch ein paar Berührungsängste abbauen.
darkk

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von darkk »

Sehr gut, vielen Dank :)
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

Bibliotheken und Literatur (Anfänger - Profis)
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Besitzt eure Stadt eine Bibliothek? Ja? Sehr gut. Ich liebe Bibliotheken. Man kann mit vergleichsweise geringem Aufwand an eine Menge Informationen kommen. Aus allen möglichen Themenbereichen. Bibliotheken können aber noch mehr: Sie sind oft auch ein Ort, an dem es etwas stiller ist als draußen. Und bieten so einen Ort, an dem die Nerven ein wenig zur Ruhe kommen können. Sie können also zu einem sicheren Ort werden. Man kann stundenlang dort bleiben und lesen... in allen Büchern, die einen interessieren. Spannende Romane, Fantasyliteratur und Science Fiction zum Davonträumen, Kunst, Handarbeitstechniken, Computer, Musik... alles da. Einige Bibliotheken haben auch ein Café angegliedert. Die entstehende Jahresgebühr ist vergleichsweise gering.

Natürlich gibt es mehr Bücher, als man denken kann, auch für unsere Themengebiete. Hier also meine Literaturtipps.

Anfänger

Alles, was euch anspricht und stabilisiert. Folgt euren eigenen Interessengebieten, schaut, was interessant, was langweilig ist.

- Ich habe z. B. früher gern Fantasy gelesen. Empfehlung: Marion Zimmer Bradleys "Schwester"-Geschichtensammlungen. Unter Titeln wie "Schwertschwester" oder "Windschwester" hat sie Fantasygeschichten zusammengetragen, in denen selbstbewusste, kluge, gewitzte, zaubernde, abenteuerlustige und gefährliche Frauen im Mittelpunkt stehen.
- Science Fiction: Star Trek, anyone? Ansonsten sind die Klassiker-Bücher von Jules Verne wie "Reise zum Mittelpunkt der Erde" oder "20.000 Meilen unter dem Meer" lesenswert. Einfach mal schmökern.
- Kinderbücher: Aber immer. Alles, was Spaß macht. Tipp: Märchen von Astrid Lindgren. Und Pippi Langstrumpf.
- Kunst: Claude Monet, Edgar Degas, Mark Rothko und, wer etwas mutiger ist, Frida Kahlo.
- Lyrik: Ingeborg Bachmann, Hilde Domin, Paul Celan und Rainer Maria Rilke. Gibt aber noch viel mehr. Auch japanische Haikus sind wunderschöne Miniaturen.

Sachbücher: Alles, was euch interessiert.

Mittelstufe

Hier würde ich alles hintun, was eine Annäherung an das Thema und verwandte Themengebiete erlaubt. Kleine Trigger sind also möglich, hier wie immer gilt: Passt auf euch auf. Was nicht passt, wird eben zur Seite gelegt. Eine grundlegende Änderung bräuchte wahrscheinlich mehr Input, aber hier kann eine Annäherung an euch selbst stattfinden.

- Clarissa Pinkola-Estéz, "Die Frau, die im Mondlicht aß". Märchen gegen Essstörungen und andere Süchte.

- Matthieu Ricard: "Glück". Ein französischer buddhistischer Mönch führt in die Welt der Meditation ein. Tipp: Meditationen sind oft ein Königsweg zum Unterbewusstsein, es kann sein, dass da schnell etwas bei euch hoch kommt. Besser erstmal nur die Übungen lesen und sie sich vorstellen, lediglich die Gedanken unterhalten. Diese kleinen Schritte helfen oft auch schon.

- Jon Kabat-Zinn: "Achtsamkeit für Anfänger". Geht in eine ähnliche Richtung.

- "Sehen und gesehen werden". Über unseren Wunsch nach Beachtung. Hilft fürs eigene Selbstwertgefühl, ein kleines Coaching.

- Louise Hay: Eigentlich alles. Sie arbeitet mit positiven Affirmationen. Empfehlung einer früheren Therapeutin. Immer ein kleiner Impuls für den Tag.
Zuletzt geändert von Lorelei am Mi Feb 03, 2016 11:19 am, insgesamt 8-mal geändert.
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

Fortgeschrittene

- Bass/Davis: Trotz allem. Nach wie vor ein Standardwerk. ich muss beim Lesen immer wieder Erfahrungsberichte überspringen, die triggern, aber das zeigt auch, dass man mit den Dingen, die passiert sind, nicht allein ist. Für mich hat es viele Dinge erklärt und nachvollziehbar gemacht.

- Peter Levine: Trauma überwinden.
Hat mir meine neue Therapeutin empfohlen. Ich bin gespannt.

- Swami Sivananda: Die Kraft der Gedanken. Weisheit aus dem Yoga, das vor allem für die Steuerung der Gedanken hilfreich sein kann. Matthieu Ricard zur Vorbereitung lesen kann hilfreich sein, kulturelle Unterschiede zu überbrücken. Nicht zu viel auf einmal lesen, denn die Worte selber sind voll von Gedankenanstößen und nicht-rationalem Wissen. Schön für tägliche Inspiration. Auch gut als Ergänzung für Yogastunden.


Profis:

Selber schreiben. Warum nicht?
starofhope

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von starofhope »

danke, lorelei für deine ganzen Inputs.
habe vor jahren Peter Levine gelesen, finde seinen Ansatz durchaus interessant. wieviel der körper mit traumaspuren zu tun hat, können wir nur allzu oft im alltag merken (in triggersituationen etc.) finde es wichtig, den aspekt bei allen sonstigen imaginativen techniken etc. nicht aus dem blick zu verlieren.
unterwegsimleben

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von unterwegsimleben »

Hallo Lorelei,

deine Beiträge hier sind toll und haben dazu geführt, dass ich eine unglaublich schöne Erfahrung gemacht habe.
Ich habe mich an die Shiatsu-schule gewendet, die du hier mit einem Beitrag über Shiatsu für Traumapatienten verlinkt hast.
Dort erhalte ich Shiatsu-Behandlungen, in denen ich mich so angenommen und geborgen fühle, in denen ich mein inneres, zutiefst verletztes Kind mit mir und meinem Körper verbinden kann und dem ich die heilende Energie zukommen lassen kann. Mein innerer sicherer Ort ist seitdem farbenfroh geworden, dort gibt es Blumen und Schmetterlinge :D

Es gibt mir Kraft und löst mich innerlich, danach kann ich gut schlafen. Es ist einfach wunderbar.
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

:D :D :D Yippieh!!! Allein dafür hat sich die ganze Arbeit gelohnt! Wie schön!!! :) Ist grade mein bestes Ostergeschenk! Juhuuuuu! *Blumenrumwerf*
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

Dekorative Kosmetik (Anfänger-Profis)

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Was ist eure erste Reaktion auf den Titel gewesen? "Was hat das denn hier zu suchen, das mach ich niemals!" oder "Mach ich doch jeden Tag, was soll das damit zu tun haben?" Eine ganze Menge, wenn man mal die Aufmerksamkeit darauf lenkt. :roll: Eure erste Reaktion gibt euch einen Hinweis darauf, wie ihr mit dekorativer Kosmetik umgeht, wie eure Einstellung im Moment dazu ist. Dementsprechend staffele ich mal wieder von Anfänger bis Profis, und auch da kann sich eure Einstellung immer mal wieder ändern, auch von Tag zu Tag. Jede dieser Einstellungen ist normal und in unserer Gesellschaft akzeptiert. Es gibt kein richtig oder falsch, es sei denn, etwas fühlt sich für euch nicht stimmig und authentisch an. Wenn ihr das Gefühl habt, dass euch eine Veränderung gerade gut tun könnte, dann habe ich ein paar Ideen für euch.

Anfänger und Puristen: Kein Make-up

Früher habe ich immer gedacht, dass jeder Mensch in unserer Gesellschaft sich so anziehen und kleiden können sollte, wie er oder sie es für richtig hält, und trotzdem akzeptiert wird. Meine No-Makeup-Politik war für mich ein Ausdruck von Freiheit. Ich musste mich keinen modischen Diktaten unterwerfen, sondern konnte einfach nur ich selbst sein, unverstellt, ich selbst. Zudem spart es Geld. Maximal eine Hautcreme oder Pflege war erlaubt, um die Haut einigermaßen gesund und sauber zu erhalten. Das war's dann aber auch.
Wenn ihr zum Typ gehört, der ungeschminkt nie das Haus verlässt, obwohl ihr keinen Beruf vor der Kamera habt, und der sich ohne Makeup seltsam vorkommt, dann lade ich euch mal ein, das Experiment zu machen: Versucht es mal komplett ohne Makeup auf die Straße zu gehen. Beobachtet die Reaktionen der Leute. Und euch selbst. Wie verändert sich das Gefühl? Verändert sich überhaupt etwas? Oder ist es eine kleine Revolution, mal authentisch sein zu dürfen? Dann genießt es. :)

Mittelstufe: Nur das Nötigste

Eure Makeup Routine ist auf ein Minimum begrenzt, vielleicht ein oder zwei Produkte, und das war's? Mascara, wenn's hoch kommt? Vielleicht ist es für Anfänger und Puristen schon ein ganz neues Gefühl, dekorative Kosmetik neu auszuprobieren. Ihr müsst nicht sofort das Komplettpaket probieren, ein Produkt, das euch ansprechen könnte oder gerade interessiert, genügt. Manchmal kann man auch Proben vorher testen oder sich beraten lassen, dann schaut mal, ob das etwas für euch ist oder gar nicht geht oder ob ihr euch einfach daran gewöhnen müsst, etwas anders zu machen als sonst, es aber ansonsten eine willkommene Verbesserung darstellt. Auch kleine Veränderungen können schon etwas bei euch bewirken, zum Beispiel mal eine andere Farbe beim immer gleichen Lidschatten auszuprobieren, auf eine andere Marke umzuschwenken, oder dasselbe Produkt ganz anders zu verwenden (Lidstrich!). Ich hatte einmal einen neuen, besonders pflegenden Lippenstift ausprobiert,was etwas ganz Neues für mich war, und ich fühlte mich damit sage und schreibe angezogener. Vollständiger, kompletter in meinem Outfit und in mir selbst. Interessante Erfahrung.

Wenn ihr stattdessen eure Makeup Menge reduzieren wollt, euch aber (noch) nicht an den Puristenlook traut, ist das hier eine gute Zwischenlösung.

Fortgeschrittene: Tagesmakeup

Vollständiges, aber dezentes Makeup soll eure Persönlichkeit nicht zudecken, sondern euch so professionell oder gepflegt erscheinen lassen, wie es der Job verlangt oder wie ihr euch selber gerne sehen würdet? Dann ist das dezente Tagesmakeup die richtige Wahl. Hier gehört eine Pflegecreme, Grundierung/Foundation, Mascara und bei Bedarf etwas Rouge zur Grundausstattung. Die könnt ihr dann noch um diverse Kleinigkeiten ergänzen. Wer sich unsicher ist, was zum eigenen Typ passt, kann sich beraten lassen oder selbst ausprobieren. Hier kommt eure Persönlichkeit stärker zum Ausdruck: Wollt ihr zarte und matt schimmernde Farben wählen oder lieber etwas Witziges wie pinken oder grünen Mascara? Lieber dramatisch mit stark betonten Augen oder lieber elfenhaft und ätherisch mit Pastellfarben? Ihr habt die Wahl. Wenn euer Gesicht eine Leinwand wäre, wie sollte das Bild darauf aussehen, damit es euch gefällt? Ganz wichtig: Trotz aller Beratung nicht vorschreiben lassen, wie ihr euch entscheidet. Die Entscheidung, welches Produkt ihr verwendet oder nicht, liegt letztendlich immer bei euch.

Dazu gehört auch der bewusste Umgang mit Umweltthemen und der eigenen Gesundheit. Vielleicht entdeckt ihr ja, dass ihr gegen Tierversuche seid? Dass ihr möglichst wenig Chemie in euren Kosmetika haben wollt? Oder dass euch fairer Handel wichtig ist? Vielleicht wollt ihr auch bestimmte globale Konzerne boykottieren? Das kann ebenso zu ganz anderen Kaufentscheidungen führen, die wiederum beeinflussen, welche Artikel stärker nachgefragt werden.

Profis: Abendmakeup, Bühnenmakeup

Dezent ist nicht genug? Ihr steht vor der Herausforderung, euch mal richtig in den Mittelpunkt zu stellen, und habt keine Ahnung, wie ihr das anstellen sollt? Fotoshooting, Hochzeit, erstes Date, oder Abschlussball stehen an und ihr wisst nicht, was ihr tun sollt? Spätestens jetzt ist es Zeit für eine ausgiebige Beratung. Es gibt zudem etliche Schminkvideos auf youtube, die euch inspirieren können, einen bestimmten Stil zu erreichen, wenn z. B. eine 20er Jahre Party geplant ist. Alternativ könnt ihr euch auch in einer Drogerie oder einem Theater schminken lassen. Es kann Spaß machen, sich zu verkleiden und den eigenen Look zu verändern. Wichtig ist nur: Er sollte zu euch passen und eure Entscheidung sein. Smokey eyes ausprobieren? Glitzer im Haar? Den richtig knalligen Lipgloss? Probiert's aus und schaut euch im Spiegel an, was das mit euch macht. Make-up-Entferner nicht vergessen!

Wenn ihr eher zu den Puristen gehört, wird euch diese Menge an Farbe und der zugehörige Aufwand erst einmal fremd und ungewohnt vorkommen. Wieder: Macht nichts, was nicht zu euch gehört. Ihr sollt euch an eurem besonderen Abend wohl fühlen, das ist das Wichtigste. Wenn euch Makeup dabei hilft, wunderbar. Wenn nicht, genügt euer bezauberndstes Lächeln. :)

Warum überhaupt eine Veränderung? Das hängt ganz von euch ab.
Makeup kann bedeuten: Ich möchte professionell aussehen. Ich möchte mich wohl fühlen in meiner Haut. Ich will gut aussehen auf meinen Passbildern. Ich möchte auf der Bühne oder beim Kindergeburtstag oder Fasching einen bestimmten Charakter darstellen, der sich bestimmt so schminken würde (hier hilft ein Maskenbildner bei der Entscheidung). Ich möchte mal was ganz Neues ausprobieren. Ich möchte, dass sich meine innere Entwicklung auch im Äußeren widerspiegelt. Ich bin Fan von einem bestimmten Filmstar oder einer Anime-Figur und möchte heute mal so ähnlich aussehen, wie das geht (Stichwort: Cosplay). Ich möchte selbstbewusster wirken. Ich will ausprobieren, wie es ist, sich etwas weiblicher zu zeigen. Klingt da etwas mit bei euch? Dann ist die Richtung: Eher mehr Makeup ausprobieren. Sehen, fühlen und spüren, dass es interessant sein kann. Sich selbst damit umarmen.

Makeup kann auch bedeuten: Ich verstecke mich. Niemand soll hinter meine Fassade sehen. Ich bin perfekt. Niemand kann mir was anhaben. Ich schminke mich, weil ich gelernt habe, dass ich so mehr Aufmerksamkeit bekomme. Alles soll bleiben wie immer. Ich denke nicht mehr über mein Aussehen nach, das hier hat mal funktioniert, ich bin dabei geblieben, warum sollte ich etwas daran ändern? Ich möchte andere Leute nicht mit meinem unverstellten Selbst erschrecken oder verprellen. Ich möchte mich nicht so spüren, wie ich wirklich bin.
Dann ist die Richtung: Eher weniger Makeup ausprobieren. Sehen, fühlen und spüren, dass es auch ohne geht. Sich selbst damit umarmen.

Viel Spaß beim Ausprobieren! :)
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

Take a kneel (Anfänger-Fortgeschrittene)

Ich beschäftige mich mal wieder mit Erdungsübungen. Es gibt einige Haltungen, die ihr einnehmen könnt, um euch wieder runter zu bringen. Ich probiere gerade selber noch aus, aber eine davon ist: Ein Knie an den Boden zu bringen und den Kopf zu senken.

Der Tipp kommt aus einem Film mit Will und Jaden Smith, in dem Jaden Smith einen jungen Ranger in Ausbildung spielt. In dieser Science Fiction Version der Zukunft ist die menschenleere Erde ein gefährlicher Ort, gerade weil es viele unberechenbare Tiere und andere Kreaturen gibt. Der Nachwuchsranger fühlt sich sichtlich überfordert, aber er hat Funkkontakt zu seinem erfahrenen Ranger, der ihm den schlichten Rat gibt, auf die Knie zu gehen, um sich zu beruhigen. Das hilft ihm dabei, seine Gedanken zu ordnen und den nächsten Schritt zu planen.

Warum? Der Kontakt zur Erde ist deutlich größer. Die Haltung selbst verleiht mehr Stabilität und führt zu einer langsameren Atmung, was das Nervensystem beruhigt. Wer es also gewohnt ist, seine Fluchtreaktion übers Laufen abzubauen, kann diese Haltung zum Ende einnehmen und damit den Zyklus abschließen.

Zusätzlich kann eine Affirmation (z.B.“Ich bin mit der Erde verbunden, die Erde trägt mich und gibt mir Halt und Kraft“), ein Mantra (z.B. das Ganesha-Mantra “Om Gam Ganapatayeh Namaha“) oder eine andere Formulierung, die euch Sicherheit gibt, damit verbunden werden. Je öfter ihr euer persönliches kleines Ritual ausführt, desto besser und schneller wirkt es.

Variationen sind immer möglich. Wenn euch eine andere Haltung mehr zusagt, dann nehmt diese. Auf jeden Fall ist der Kontakt zur Erde wichtig, wie auch immer ihr ihn aufnehmen möchtet. Das kann eine kraftvolle Haltung wie der “Held“ sein, oder eine Haltung, die euch ein Gefühl von Geborgenheit vermittelt, wie alles, was eure Arme und Beine so klein zusammenfaltet wie möglich ;). Probiert aus, was für euch am besten passt, und möge auch dies einer eurer Rettungsanker werden, wenn gerade wieder alles zu viel wird. Paea, Lo
Waldkatze
Beiträge: 2510
Registriert: Mi Sep 26, 2012 9:54 pm

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Waldkatze »

À propos Bodenkontakt:
Bequeme, flache Schuhe mit rutschfesten Sohlen geben mir - wörtlich und im übertragenen Sinn - gute Bodenhaftung.
Dazu immer wieder mal bewusst den Boden unter den Füssen spüren und die Haltung überprüfen: stehe ich sicher auf beiden Beinen und im Gleichgewicht?
Das hilft mir ein bisschen, v. A. bei sozialen Ängsten und Unsicherheit.
Ich bin, wer ich bin, und das alles bin ich. Punkt.
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

Und noch ein Nachtrag zum Lesen:

“Gewaltige Metamorphose“:Friederike K. Moorin, Christian Knieps (Hrsg.), Marta Press Verlag. 62 Autorinnen und Autoren schreiben über Gewalt und Verwandlung. Kurzgeschichten, Gedichte, Prosa. Kann triggern, aber wer bereits den Mut gefunden hat, sich seiner Geschichte zu stellen, und sich fragt, wie um Himmels willen man da je wieder heraus kommen soll, findet hier Beispiele, Denkanstöße, Ideen und Hinweise in kreativem Gewand. Auch gut, wenn man nach konstruktiven Stimmen von Überlebenden in der literarischen Welt sucht, die zugegebenermaßen rar gesät sind.
Mittelstufe-Profis.


“Yoga in der Traumatherapie“
Verbindet Grundwissen über Traumata mit Yogaübungen, zieht Querverbindungen und überbrückt beide Themenbereiche. Mit zahlreichen Übungen. Wenn ihr euch mit eurem Körper vertrauter machen möchtet, ein guter Anfang. Nur drei Erlebnisberichte, die man leicht überblättern kann, und leicht zu lesen.
Mittelstufe-Profis.
starofhope

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von starofhope »

noch mal bodenkontakt

ich mache gute erfahrungen bei wartezeiten ein wenig gewichtsverlagerung zu betreiben. abwechslelnd verschiedene Bereiche der füße belasten. leicht nach vorne, hinten und zur seite neigen. stärkt für mich den kontakt zu mir und zur umwelt. gibt meistens auch ein gefühl der sicherheit.
wenn ich irgendwo sitzen muss, wo ich mich nicht wohl fühle, stelle ich ganz bewußt beide füße auf den boden (keine übergeschlagenen beine etc.) und verändere die stellung so lange minimalst, bis sie guten kontakt zum boden haben. auch das hilft nach einigem training jetzt, mehr bei mir zu bleiben und nicht sofort "wegzuspacen". das ganze wird weniger anstrengend und besser erträglich.
Lorelei

Re: Stabilisierungstechniken

Beitrag von Lorelei »

Aufräumen und neu gestalten (Anfänger-Profis)

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Noch viel zu wenig beleuchtet habe ich die Rolle einer schönen Umgebung fürs Stabilisieren. Wenn ihr euch an dem Platz, an dem ihr jetzt seid, umschaut, dann kann es sein, dass ihr am liebsten wieder im Online-Leben verschwinden möchtet. Keine Bange. Aufräumen tut nicht weh - solange euch keine Kiste auf den Kopf fällt. Es ist nur mit ein wenig Arbeit verbunden. Aber diese Arbeit hat ihren Wert - sie bringt euch ins Hier und Jetzt zurück, verbrennt Kalorien, schenkt euch eine schöne, saubere und gesunde Umgebung daheim und kann damit Krankheiten vorbeugen. Dumm ist oft, dass wir Aufräumen als etwas betrachten, das einen niederen Wert hat, was am besten von dienstbaren Geistern erledigt werden müsste oder einfach zu aufwendig ist. Wie wäre es aber, wenn wir Aufräumen als weitere Stabilisierungsmöglichkeit sehen? Als Möglichkeit, ganz praktisch zu sehen, dass wir einen Einfluss auf unsere Umgebung haben? Dass wir etwas tun können? Hier, jetzt, heute?

Eine saubere Umgebung hat auf mich immer das Gefühl eines Neuanfangs. Und warum auch nicht? Wie soll euer Zimmer, eure Wohnung, der Bereich, in dem ihr täglich seid, gestaltet sein, so dass ihr euch darin wohl fühlt? Vielleicht möchtet ihr euren "sicheren Ort" gerne auch einmal in die Realität holen und euer Zuhause zu einem Raum machen, wo ihr euch wohl und geschützt fühlen könnt? Der EUER Bereich ist? Ja? Auf geht's.

Anfänger

Die Chancen stehen gut, dass hier einige anonyme Messies unterwegs sind. Die gute Nachricht: Ihr seid damit nicht allein. Viele Messies haben eigentlich mit ganz anderen Problemen zu tun, von denen die zugestapelte oder vernachlässigte Wohnung nur ein Symptom ist. Noch eine gute Nachricht: Wenn ihr den Müllberg in Angriff nehmt, macht das auch etwas mit eurem Problem. Ohne, dass ihr noch weiter darüber nachdenken müsstet. Lasst euch bei eurem Vorhaben gerne helfen, aber: Ihr müsst es wirklich selbst wollen! Von außen aufgezwungene Hilfe bringt euch nicht so weit wie die Erfahrung, dass ihr etwas selbst anstoßen und durchführen könnt, was ihr euch vorher vielleicht nicht zugetraut habt.
Symptomatik

Hinsichtlich des Schweregrades gibt es eine weite Bandbreite an Symptomen, die von einer Selbstregulationsschwäche bis hin zu Desorganisation, irrationaler Sammelneigung, Unordentlichkeit, „Chaotik“ und einem Vermüllungssyndrom reicht.
[...]
Bei dem "unordentlich" Herumliegenden handelt es sich um Denkmäler für Aktivitäten und Vorhaben. Es einfach "wegzuräumen" würde entweder das starke Pflichtbewusstsein des Messie zutiefst verletzen, oder ihn seiner Hobby-Aktivitäten und "letzten Freiheiten" berauben. In jedem Fall ist es ein enormer Eingriff in seine Privatsphäre.
Demzufolge halten Experten Coaching für ein geeignetes Mittel, Messies zu unterstützen. Ein Coach greift nicht persönlich ein, sondern berät lediglich. Die Erstellung von Arbeitsplänen und die Unterstützung bei deren Einhaltung helfen den Betroffenen oft, ihre täglichen Aufgaben besser zu strukturieren.
Hilfreich kann auch ein so genannter Peer sein, der dem Messie beim Aufräumen Gesellschaft leistet, ihn ermutigt, und ihn beim Aussortieren, Verstauen und Ablegen unterstützt, ihm nützliche Hinweise gibt oder ihn einfach bei Laune hält.
Da Messies ohnehin unter Scham- und Schuldgefühlen leiden, sind Ermahnungen in aller Regel nicht hilfreich. Stattdessen sollten bereits kleine Fortschritte gewürdigt werden.

Grundvoraussetzungen für Hilfe sind:

• Betroffene müssen sich selbst als Messie erkennen
• die innere Bereitschaft der Messies, ihr unter harten Bedingungen erlerntes
Verhalten zu ändern und Hilfe anzunehmen
• vor allem Verständnis und Akzeptanz durch die Gesellschaft
• Kontakt mit anderen Menschen mit gleichen Problemen (Selbsthilfegruppe)
• ein liebevoller Freund, der gut zuhört und nicht bewertet, der Lösungen
aufzeigt und realisieren hilft, der keine überhöhten Anforderungen stellt, keinen Lehrmeister spielt oder Erfolgszensuren vergibt
-> Messies sind sehr sensible Menschen, denken viel nach und spüren genau, wenn man sie nicht ernst nimmt
• eine begleitende Behandlung in Form einer speziellen Psychotherapie, in der an den irrationalen – nicht hilfreichen – selbstschädigenden Gedanken gearbeitet wird
• ein Therapeut, der in seiner Arbeit die Bindungstheorie berücksichtigt
• Wiedergewinnen des Selbstvertrauens
• Reparatur des beschädigten Ichs

http://www.vincent-regensburg.de/Inform ... yndrom.pdf
Das Messiedasein kann also auch in eurer Therapie ein Punkt sein, an dem ihr ansetzen könnt. Ein seriöser Messie-Coach wird auch immer auf euren biografischen Hintergrund eingehen und auf die Bedeutung, die eure gesammelten Gegenstände für euch haben. Wer gut mit Büchern arbeiten kann, der ist mit den Werken von Sandra Felton gut beraten.
Antworten