tabuthema suizid

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Die.Wolfsfrauen.
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von Die.Wolfsfrauen. »

"Heute kam ein Anruf meine Freundin ist tot
verloren gegangen im Alptraum ihrer Kindheit
ertrunken im Schmerzenmeer(...)"

(Carola Moosbach; Für meine Freundin/ Überlebensgedichte)
Xenija

Re: tabuthema suizid

Beitrag von Xenija »

Die.Wolfsfrauen. hat geschrieben: Mo Jul 11, 2022 9:11 pm "Heute kam ein Anruf meine Freundin ist tot
verloren gegangen im Alptraum ihrer Kindheit
ertrunken im Schmerzenmeer(...)"

(Carola Moosbach; Für meine Freundin/ Überlebensgedichte)
Hallo Wolfsfrauen,

danke für das Zitat. Es ist sehr traurig und aber auch sehr, sehr berührend. Ich hatte mal Himmelsspuren oder Gottflamme du Schöne von ihr hier, weiß nicht mehr genau. In den Roman zu J. S. Bachs Töchtern habe ich hinein gelesen. Mag aber keine historischen Romane und mit den Gebeten bin ich auch nicht so warm geworden, beten bedeutet für mich etwas anderes. Du bringst mich auf den Gedanken, mit Gedichten von ihr nochmal zu schauen. Gedichte mag ich.

Lieben Gruß, Xenija
Zuletzt geändert von Xenija am Di Jul 12, 2022 5:13 am, insgesamt 1-mal geändert.
Xenija

Re: tabuthema suizid

Beitrag von Xenija »

Zu eigenen Suizidgedanken ist bei mir auch eher Gleichgültigkeit. Ich komme da nicht an Gefühle. Gab vor 15 Jahren 2 entglittene Versuche. Das erste Mal ohne vorher jemals Suizidgedanken gehabt zu haben, war sehr weit abgespalten. Das zweite Mal als Folge von einem Medikament mit antidepressiver Wirkung. Zu schnell zu viel verordnet. Ich glaube, das ist eigentlich auch bekannt, dass die antriebssteigernde Wirkung dann erst Umsetzung von Suizidgedanken ermöglicht, wo man vorher zu kraftlos, zu "platt" ist.

Ich habe mich danach in jeder suizidalen Krise neu damit auseinander setzen müssen und heute habe ich kaum noch suizidale Krisen. Aus der Psychiatrie überhaupt nochmal rauszukommen, ging nur dadurch, dass ich eine Entscheidung treffen musste. Die fiel fürs Leben aus. Egal wie heftig das wird.
Da war eine Grenze, an der ich gespürt habe, dass ich nicht in der Lage bin, mich final umzubringen. Im Affekt und ohne Planung ist das eine. Aber bewusst geplant - nein - das kann ich nicht. Das war wie was "Größeres". Bis heute ist das auch unverrückbar und etwas, dass durch die Krisen dann grundsätzlich auch getragen hat.
Das ist das eine und trotzdem sind die Gefühle von damals noch wie betäubt.

Die Erfahrungen in der Notaufnahme, nach den entglittenen Versuchen waren auch eher heftig. Zum einen hatte das den Effekt alles zu tun, um bloß nie wieder nach einem Suizidversuch dort zu landen. Bin mir nur nicht sicher, ob man mich dafür wie den letzten Dreck hätte behandeln müssen.
Vor allem mir auch zu unterstellen, ich hätte das bewusst entschieden und wollte die vielleicht irgendwie ärgern oder halt mal 'ne Menge Arbeit machen. Nee, hatte ich ja eben nicht. Aber ich fühle mich bis heute noch schuldig und denke mir: vielleicht will ich ja nur nicht einsehen, wie schlimm ich bin und die wissen mehr als ich.
Da beide Male völlig überraschend waren, weiß ich bis heute auch nicht, was ich hätte tun können.
Als ich wusste, dass das auch "in mir ist" und passieren kann, habe ich mich ja anders verhalten.
Morgens beim Waschen dann grad noch einen sexuellen Übergriff obendrauf, hätte ich jetzt echt auch nicht gebraucht. Aber auch das ist noch ganz schön weit weg.
herzkrank
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von herzkrank »

wie krass, ich hatte ähnliche erfahrungen in der notaufnahme oder psychiatrie. wieso gibt es da kein einfühlsameres personal?

naja, vermutlich wie überall solche und solche.

bei mir hat sich vor kurzem zu dem thema etwas geändert. ich habe im letzten krankenhaus jemand kennengelernt, mit der ich mir eine beziehung vorstellen konnte. ich hatte aber eine liste von dingen, die ich ihr vorher erzählen wollte, quasi als warnung, warum es für sie besser wär, nicht mit mir zusammenzusein. punkt eins war, dass ich mich in trennungssituationen immer umbringen will bisher. sie kann wunderbar zuhören und ihre art, gelassen mit dem thema umzugehen, hilft mir immer zu tiefem hinschauen brachte mich in dem fall zu der erkenntnis, ich habe es nicht erzählt, um sie vor mir zu beschützen, sondern mich vor einer beziehung. weil ein teil sich noch umbringen will und das würde nicht gehen, wenn ich mit ihr zusammen bin. ich muss mich erst für das leben entscheiden, bevor ich mich für sie entscheiden kann. und da ich letzteres wollte, ist ersteres wohl im unbewussten passiert.
und neulich gab es eine situation, die ich als trennung (miss)verstanden hatte und zum ersten mal seit vielen jahren hatte ich keine selbstmordgedanken trotz großem schock. und ich mache demnächst ein rebirthing seminar, das wurde mir jetzt schon oft empfohlen als jemand, die sich immer wieder umbringen wollte.
Eli

Re: tabuthema suizid

Beitrag von Eli »

Immer noch einen Arsch tritt mehr.
So viel Pech kann es gar nicht geben...

Kann einfach nicht mehr.
Sch.. sch... Sch...

Ich will nur noch das all diese verfickte sch.. aufhört
Aufhören!!!

Für immer!!!

:evil: :cry: :cry: :cry: :evil:
A.Rhiannon
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von A.Rhiannon »

Liebe Eli,

ich kann es gerade sehr gut nachempfinden. Es tut mir leid für dich.

Was hält gerade im Leben?

Alles Liebe und viel Kraft für dich/euch,
A.Rhiannon
"Wenn man ins Universum starrt, ist sein Mittelpunkt nur Kälte. Und Leere. Letztendlich sind wir dem Universum egal. Dem Universum und der Zeit. Deswegen dürfen wir einander nicht egal sein."

aus: Letztendlich sind wir dem Universum egal
Aufatmende
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von Aufatmende »

@Eli
Ich wollte mal fragen, wie es dir geht? Bist du in der Klinik und bringt dich das weiter?
Viel Kraft und Geduld!
Rückfälle sind Vorfälle!
Aufatmende
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von Aufatmende »

Kann man einen lange zurück liegenden Suizidversuch verdrängen oder nur noch von dem Versuch wissen ohne den geringsten Zusammenhang?
Rückfälle sind Vorfälle!
Eli

Re: tabuthema suizid

Beitrag von Eli »

Danke aufatmende und a.rhiannon für eure Worte.
Ich bin in der Klinik und es geht mir gerade okay. Sehr sehr anstrengend, aber hilfreich-zielführend und sehr gut mich mal nicht mit allem verstecken zu müssen. Und es tut gut schneller voran zu kommen als in der ambulanten Therapie und während des Urlaubs der Therapeutin einen guten Ort zu haben. Das wäre sonst auch möglich zu überstehen, aber eben auch belastend.

Und ich glaube schon, dass meinen Versuch verdrängen kann, wenn man das als traumatisch erlebt hat bzw. es danach zb noch schlimmer würde, niemand verstanden und/oder reagiert hat. Ich bin mir diesbezüglich manchmal auch unsicher.

Eli
Aufatmende
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von Aufatmende »

Wie gut, dass die Klinik hilfreich ist.
Magst du etwas inhaltlich schreiben, evtl. Als PN?
Rückfälle sind Vorfälle!
Die.Wolfsfrauen.
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von Die.Wolfsfrauen. »

Die.Wolfsfrauen. hat geschrieben: Mo Jul 11, 2022 7:17 pm Dies ist für Kay (Gwendolin)....

Vielleicht weil wir dem Uns-Sterben auch immer wieder so nah sind....

Und auch weil ein Wunsch von Dir war:

"Wenn mir freiwillig oder unfreiwillig etwas zustoßen sollte, möchte ich, Gwendolin, genannt als Kay, dass etwas mit den Sachen passiert, die ich erzählt und aufgeschrieben habe. Ich möchte, dass wenn ich zu Tode kommen sollte, dass etwas unternommen wird. Ich möchte, dass alle Menschen, die mir mein Leben von klein auf an zerstört haben, dass die ihre gerechte Strafe bekommen. Wenn ich tot bin, möchte ich verbrannt werden und aufs Meer verstreut werden. Das Meer ist mein Rettungsort gewesen.
Kay, Gwendolin."

Film von Beate Middeke: Zuletzt befreit mich doch der Tod

Kann bei der Filmemacherin als DVD erworben werden...
oder auch auf Vimeo gesehen werden.

*** Kann aber sehr triggern! ***
Wenn uns *etwas zustößt*...
oder/ und wir von *eigener Hand* sterben sollten....

dann wollen wir auch... dass "etwas passiert"...

Wir wollen.. dass aufgezeigt wird... wie allein wir gelassen wurden....
Immer...
In all der Zeit...

# als Kind..
# als Jugendliche...
und erst Recht.. als sogenannte...
# Erwachsene...
peshewa
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von peshewa »

allein oder gar ... gegen. immer.
-
Phileas
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von Phileas »

alleine sterben möchte ich eines Tages, wie im Leben, irgendwo in Stille, wie im Leben, ohne Gewalt ,wie im Leben, unsichtbar wie im Leben, sanft und behütet-wie in keinem Leben.
Füge dich der Zeit, erfülle deinen Platz und räum ihn auch getrost: Es fehlt nicht an Ersatz!
-Friedrich Rückert-
Eli

Re: tabuthema suizid

Beitrag von Eli »

Es ist schwer gerade.
Kam mit Kollegen auf Suizid. Er hat jemanden verloren und war sehr berührt, schien mir.
Was soll ich dazu sagen?
Schwer.
Vieles, vielleicht fast alles, ist nun grob auf dem Tisch nach zwei Jahren mit der Diagnose und den ersten Erinnerungen Verarbeitet eben nichts.
Das führt zwangsläufig zu sehr viel Sehnsucht danach.
Die.Wolfsfrauen.
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Re: tabuthema suizid

Beitrag von Die.Wolfsfrauen. »

Auch das ist "natürlich" wieder sehr da...
Wir fragen uns oft auch... puh... also weil es ja schon so alt ist bei uns.... und weil es eben definitiv auch so ist, dass mehrere auch grundsätzlich nicht mehr leben wollen.... (einige auch sagen, dass sie schon längst tot sind :roll: ).... also wir fragen uns halt... ob dann die ganze auch "lebbensbedrohliche" Körperbeschädigung... :oops: die eben "bald" durchaus auch zum Tod führen wird... *da sind wir sicher*... :oops:
Also ob das dann halt auch gar nicht besser werden kann mit der "Körperzerstörung".... wenn einige ja sowieso sterben wollen....
Worte finden dafür ist schwer.... vor allem, weil wir (auch um uns zu schützen) nicht sagen können... um was es genau geht.... :roll:
Puh... kommen uns gerade wieder sehr blöd vor... :oops: Lassen es jtzt aber trotzdem mal stehen.... :roll:
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